Ein Stern still nach dem andern fällt Tief in des Himmels Kluft, Schon zucken Strahlen durch die Welt, Ich wittre Morgenluft.
In Qualmen steigt und sinkt das Thal; Verödet noch vom Fest Liegt still der weite Freudensaal, Und todt noch alle Gäst'.
Da hebt die Sonne aus dem Meer Erathmend ihren Lauf: Zur Erde geht, was feucht und schwer, Was klar, zu ihr hinauf.
Hebt grüner Wälder Trieb und Macht Neurauschend in die Luft, Zieht hinten Städte, eitel Pracht, Blau' Berge durch den Duft.
Spannt aus die grünen Tepp'che weich, Von Strömen hell durchrankt, Und schallend glänzt das frische Reich, So weit das Auge langt.
Der Mensch nun aus der tiefen Welt Der Träume tritt heraus, Freut sich, daß alles noch so hält, Daß noch das Spiel nicht aus.
Morgenlied.
Ein Stern ſtill nach dem andern faͤllt Tief in des Himmels Kluft, Schon zucken Strahlen durch die Welt, Ich wittre Morgenluft.
In Qualmen ſteigt und ſinkt das Thal; Veroͤdet noch vom Feſt Liegt ſtill der weite Freudenſaal, Und todt noch alle Gaͤſt'.
Da hebt die Sonne aus dem Meer Erathmend ihren Lauf: Zur Erde geht, was feucht und ſchwer, Was klar, zu ihr hinauf.
Hebt gruͤner Waͤlder Trieb und Macht Neurauſchend in die Luft, Zieht hinten Staͤdte, eitel Pracht, Blau' Berge durch den Duft.
Spannt aus die gruͤnen Tepp'che weich, Von Stroͤmen hell durchrankt, Und ſchallend glaͤnzt das friſche Reich, So weit das Auge langt.
Der Menſch nun aus der tiefen Welt Der Traͤume tritt heraus, Freut ſich, daß alles noch ſo haͤlt, Daß noch das Spiel nicht aus.
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Morgenlied.
Ein Stern ſtill nach dem andern faͤllt
Tief in des Himmels Kluft,
Schon zucken Strahlen durch die Welt,
Ich wittre Morgenluft.
In Qualmen ſteigt und ſinkt das Thal;
Veroͤdet noch vom Feſt
Liegt ſtill der weite Freudenſaal,
Und todt noch alle Gaͤſt'.
Da hebt die Sonne aus dem Meer
Erathmend ihren Lauf:
Zur Erde geht, was feucht und ſchwer,
Was klar, zu ihr hinauf.
Hebt gruͤner Waͤlder Trieb und Macht
Neurauſchend in die Luft,
Zieht hinten Staͤdte, eitel Pracht,
Blau' Berge durch den Duft.
Spannt aus die gruͤnen Tepp'che weich,
Von Stroͤmen hell durchrankt,
Und ſchallend glaͤnzt das friſche Reich,
So weit das Auge langt.
Der Menſch nun aus der tiefen Welt
Der Traͤume tritt heraus,
Freut ſich, daß alles noch ſo haͤlt,
Daß noch das Spiel nicht aus.
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Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/116>, abgerufen am 16.02.2025.
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