sind die andern Künstler besser dran, zumal der Dich¬ ter. Die ganze schöne Welt ist sein Revier, und wo er singt, ist der Himmel. -- Aber da sind wir schon! unterbrach er sich hier. Sehn Sie dort. Es ist eigentlich ein altes Gartenpalais, das lange wüst und verlassen stand. Ich wohne auch drin, seit ich hier male, nun hat der Fürst auch die Gesellschaft mit hineinquartirt. Hören Sie doch, was für ein Rumor darin! Das ist ja wahrhaftig wie eine Menagerie, wo unzählige Lori's und Papageien durch einander kreischen und manchmal eine alte Hyäne dazwischen gähnt.
Fortunat erblickte nun am Ende des Baumgan¬ ges einen weiten grünen Platz, wo mehrere Figuren von Buxbaum, halbzertrümmerte Statüen und ver¬ trocknete Wasserkünste einen ehemaligen französischen Garten andeuteten, der jetzt nur noch durch einzelne Kaiserkronen und dunkelglühende Päonien seltsam an die alte Herrlichkeit erinnerte. Im Hintergrunde stand ein alter, schwerfälliger, von der Zeit gebräunter Pa¬ last, dessen vornehme Gesimse mit Verachtung auf die aus den Fenstern flatternde Wäsche und auf Kamilla's Regenschirm herabzublicken schienen, den sie vor ihrem Schlafzimmer als Markise ausgespannt hatte.
Fortunat trat mit dem Maler hinein, und be¬ grüßte seine lustigen Reisegefährten, die vor Freuden auch nicht mehr schlafen konnten und sich hier nach
ſind die andern Kuͤnſtler beſſer dran, zumal der Dich¬ ter. Die ganze ſchoͤne Welt iſt ſein Revier, und wo er ſingt, iſt der Himmel. — Aber da ſind wir ſchon! unterbrach er ſich hier. Sehn Sie dort. Es iſt eigentlich ein altes Gartenpalais, das lange wuͤſt und verlaſſen ſtand. Ich wohne auch drin, ſeit ich hier male, nun hat der Fuͤrſt auch die Geſellſchaft mit hineinquartirt. Hoͤren Sie doch, was fuͤr ein Rumor darin! Das iſt ja wahrhaftig wie eine Menagerie, wo unzaͤhlige Lori's und Papageien durch einander kreiſchen und manchmal eine alte Hyaͤne dazwiſchen gaͤhnt.
Fortunat erblickte nun am Ende des Baumgan¬ ges einen weiten gruͤnen Platz, wo mehrere Figuren von Buxbaum, halbzertruͤmmerte Statuͤen und ver¬ trocknete Waſſerkuͤnſte einen ehemaligen franzoͤſiſchen Garten andeuteten, der jetzt nur noch durch einzelne Kaiſerkronen und dunkelgluͤhende Paͤonien ſeltſam an die alte Herrlichkeit erinnerte. Im Hintergrunde ſtand ein alter, ſchwerfaͤlliger, von der Zeit gebraͤunter Pa¬ laſt, deſſen vornehme Geſimſe mit Verachtung auf die aus den Fenſtern flatternde Waͤſche und auf Kamilla's Regenſchirm herabzublicken ſchienen, den ſie vor ihrem Schlafzimmer als Markiſe ausgeſpannt hatte.
Fortunat trat mit dem Maler hinein, und be¬ gruͤßte ſeine luſtigen Reiſegefaͤhrten, die vor Freuden auch nicht mehr ſchlafen konnten und ſich hier nach
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ſind die andern Kuͤnſtler beſſer dran, zumal der Dich¬
ter. Die ganze ſchoͤne Welt iſt ſein Revier, und wo
er ſingt, iſt der Himmel. — Aber da ſind wir ſchon!
unterbrach er ſich hier. Sehn Sie dort. Es iſt
eigentlich ein altes Gartenpalais, das lange wuͤſt und
verlaſſen ſtand. Ich wohne auch drin, ſeit ich hier
male, nun hat der Fuͤrſt auch die Geſellſchaft mit
hineinquartirt. Hoͤren Sie doch, was fuͤr ein Rumor
darin! Das iſt ja wahrhaftig wie eine Menagerie,
wo unzaͤhlige Lori's und Papageien durch einander
kreiſchen und manchmal eine alte Hyaͤne dazwiſchen
gaͤhnt.
Fortunat erblickte nun am Ende des Baumgan¬
ges einen weiten gruͤnen Platz, wo mehrere Figuren
von Buxbaum, halbzertruͤmmerte Statuͤen und ver¬
trocknete Waſſerkuͤnſte einen ehemaligen franzoͤſiſchen
Garten andeuteten, der jetzt nur noch durch einzelne
Kaiſerkronen und dunkelgluͤhende Paͤonien ſeltſam an die
alte Herrlichkeit erinnerte. Im Hintergrunde ſtand
ein alter, ſchwerfaͤlliger, von der Zeit gebraͤunter Pa¬
laſt, deſſen vornehme Geſimſe mit Verachtung auf die
aus den Fenſtern flatternde Waͤſche und auf Kamilla's
Regenſchirm herabzublicken ſchienen, den ſie vor ihrem
Schlafzimmer als Markiſe ausgeſpannt hatte.
Fortunat trat mit dem Maler hinein, und be¬
gruͤßte ſeine luſtigen Reiſegefaͤhrten, die vor Freuden
auch nicht mehr ſchlafen konnten und ſich hier nach
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/98>, abgerufen am 22.11.2024.
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