erkannte er sogleich die abenteuerlichen Gestalten der Schauspieler wieder, die an Victors Stammburg vor¬ übergezogen waren, von denen aber jetzt die Dunkel¬ heit nur die ungefähren Umrisse errathen ließ.
Fortunats Gruß fand nur eine halbe Erwiede¬ rung, die Gesellschaft schien in üblem Humor zu seyn, und langsam und schweigend, wie ein schwerer Traum, bewegte sich das Ganze weiter. Endlich unterbrach der Voranschreitende, welcher so eben gestolpert war, die Stille mit einem derben Fluche, prustete und glitt gleich wieder aus, und kam gar nicht aus der Wuth. -- Das haben wir davon, hub die eine Dame zu Pferde zu der anderen Reiterin an, das haben wir nun von eurer schönen Natur! Brächen die Herren nicht ihren Flaschen auf das Wohlseyn jeder alten Burg die Hälse, so wäre uns allen jetzt wohler und wir säßen im Trocknen, denn unser Wagen ist gewiß längst in der Stadt. -- Dabei breitete sie mühsam einen, wie es schien, nicht sonderlich konditionirten Re¬ genschirm über sich aus. Aber der Wind verarbeitete ihn sogleich mit solcher Fertigkeit, daß ihre berittene Nachbarin laut auflachte, und die Dame ihre Segel erbost wieder einziehen mußte. Fortunat, welcher hier heimlich auf ein ergötzliches Gezänk hoffte, ermahnte die Gesellschaft, den beiden Damen in diesem Kampfe mit den Elementen durch ein gemeinschaftliches, an¬ genehmes Gespräch galant unter die Arme zu greifen.
erkannte er ſogleich die abenteuerlichen Geſtalten der Schauſpieler wieder, die an Victors Stammburg vor¬ uͤbergezogen waren, von denen aber jetzt die Dunkel¬ heit nur die ungefaͤhren Umriſſe errathen ließ.
Fortunats Gruß fand nur eine halbe Erwiede¬ rung, die Geſellſchaft ſchien in uͤblem Humor zu ſeyn, und langſam und ſchweigend, wie ein ſchwerer Traum, bewegte ſich das Ganze weiter. Endlich unterbrach der Voranſchreitende, welcher ſo eben geſtolpert war, die Stille mit einem derben Fluche, pruſtete und glitt gleich wieder aus, und kam gar nicht aus der Wuth. — Das haben wir davon, hub die eine Dame zu Pferde zu der anderen Reiterin an, das haben wir nun von eurer ſchoͤnen Natur! Braͤchen die Herren nicht ihren Flaſchen auf das Wohlſeyn jeder alten Burg die Haͤlſe, ſo waͤre uns allen jetzt wohler und wir ſaͤßen im Trocknen, denn unſer Wagen iſt gewiß laͤngſt in der Stadt. — Dabei breitete ſie muͤhſam einen, wie es ſchien, nicht ſonderlich konditionirten Re¬ genſchirm uͤber ſich aus. Aber der Wind verarbeitete ihn ſogleich mit ſolcher Fertigkeit, daß ihre berittene Nachbarin laut auflachte, und die Dame ihre Segel erboſt wieder einziehen mußte. Fortunat, welcher hier heimlich auf ein ergoͤtzliches Gezaͤnk hoffte, ermahnte die Geſellſchaft, den beiden Damen in dieſem Kampfe mit den Elementen durch ein gemeinſchaftliches, an¬ genehmes Geſpraͤch galant unter die Arme zu greifen.
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erkannte er ſogleich die abenteuerlichen Geſtalten der
Schauſpieler wieder, die an Victors Stammburg vor¬
uͤbergezogen waren, von denen aber jetzt die Dunkel¬
heit nur die ungefaͤhren Umriſſe errathen ließ.
Fortunats Gruß fand nur eine halbe Erwiede¬
rung, die Geſellſchaft ſchien in uͤblem Humor zu ſeyn,
und langſam und ſchweigend, wie ein ſchwerer Traum,
bewegte ſich das Ganze weiter. Endlich unterbrach
der Voranſchreitende, welcher ſo eben geſtolpert war,
die Stille mit einem derben Fluche, pruſtete und glitt
gleich wieder aus, und kam gar nicht aus der Wuth.
— Das haben wir davon, hub die eine Dame zu
Pferde zu der anderen Reiterin an, das haben wir
nun von eurer ſchoͤnen Natur! Braͤchen die Herren
nicht ihren Flaſchen auf das Wohlſeyn jeder alten
Burg die Haͤlſe, ſo waͤre uns allen jetzt wohler und
wir ſaͤßen im Trocknen, denn unſer Wagen iſt gewiß
laͤngſt in der Stadt. — Dabei breitete ſie muͤhſam
einen, wie es ſchien, nicht ſonderlich konditionirten Re¬
genſchirm uͤber ſich aus. Aber der Wind verarbeitete
ihn ſogleich mit ſolcher Fertigkeit, daß ihre berittene
Nachbarin laut auflachte, und die Dame ihre Segel
erboſt wieder einziehen mußte. Fortunat, welcher hier
heimlich auf ein ergoͤtzliches Gezaͤnk hoffte, ermahnte
die Geſellſchaft, den beiden Damen in dieſem Kampfe
mit den Elementen durch ein gemeinſchaftliches, an¬
genehmes Geſpraͤch galant unter die Arme zu greifen.
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/68>, abgerufen am 25.11.2024.
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