lich und wies dann ganz erstaunt nach dem Thale hin¬ aus. Dort wurde fern am Saume des Waldes ein abenteuerlich bepackter, langsam einherziehender Wagen sichtbar, ihm folgte ein seltsam gekleidetes Mädchen zu Pferde in blauem Gewand, mit dunkelem, fliegenden Haar, mehrere Männer, grüne Zweige auf ihren Hü¬ ten, schritten rüstig nebenher; unter ihnen erkannte man sogleich die beiden Burgkobolde wieder, deren Pickel¬ hauben weit in der Sonne funkelten. Ein fröhlicher Chorgesang schallte von dem Zuge durch das Grün herauf. -- Reisende Komödianten! rief Fortunat lachend, nun bedarf es keiner Untersuchung weiter, das waren die Spukgeister, der Weg kommt gerade von der Burg.
So traten sie nun alle beruhigter den Rückweg nach Hohenstein an. Florentine, die sich völlig wieder erholt hatte, lachte jetzt selber mit; dann wandte sie sich noch einmal nach den Blütenthälern, in die sich die künstlerischen Wandervögel gesenkt. Es geht doch nichts über's Reisen, rief sie fröhlich aus, wenn ich so manchmal im Sommer recht früh erwache, und höre unten aus den Dörfern die Hähne krähen, oder ein Posthorn von fern über den Garten herüber, da wünsch' ich mir oft, ich wäre ein Mann und könnte auch so mit in die Welt hinaus. -- Ich meine, fiel hier Walter etwas grämlich ein, man müsse erst sich selbst und die kleine Welt um sich herum recht verste¬
lich und wies dann ganz erſtaunt nach dem Thale hin¬ aus. Dort wurde fern am Saume des Waldes ein abenteuerlich bepackter, langſam einherziehender Wagen ſichtbar, ihm folgte ein ſeltſam gekleidetes Maͤdchen zu Pferde in blauem Gewand, mit dunkelem, fliegenden Haar, mehrere Maͤnner, gruͤne Zweige auf ihren Huͤ¬ ten, ſchritten ruͤſtig nebenher; unter ihnen erkannte man ſogleich die beiden Burgkobolde wieder, deren Pickel¬ hauben weit in der Sonne funkelten. Ein froͤhlicher Chorgeſang ſchallte von dem Zuge durch das Gruͤn herauf. — Reiſende Komoͤdianten! rief Fortunat lachend, nun bedarf es keiner Unterſuchung weiter, das waren die Spukgeiſter, der Weg kommt gerade von der Burg.
So traten ſie nun alle beruhigter den Ruͤckweg nach Hohenſtein an. Florentine, die ſich voͤllig wieder erholt hatte, lachte jetzt ſelber mit; dann wandte ſie ſich noch einmal nach den Bluͤtenthaͤlern, in die ſich die kuͤnſtleriſchen Wandervoͤgel geſenkt. Es geht doch nichts uͤber's Reiſen, rief ſie froͤhlich aus, wenn ich ſo manchmal im Sommer recht fruͤh erwache, und hoͤre unten aus den Doͤrfern die Haͤhne kraͤhen, oder ein Poſthorn von fern uͤber den Garten heruͤber, da wuͤnſch' ich mir oft, ich waͤre ein Mann und koͤnnte auch ſo mit in die Welt hinaus. — Ich meine, fiel hier Walter etwas graͤmlich ein, man muͤſſe erſt ſich ſelbſt und die kleine Welt um ſich herum recht verſte¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0061"n="54"/>
lich und wies dann ganz erſtaunt nach dem Thale hin¬<lb/>
aus. Dort wurde fern am Saume des Waldes ein<lb/>
abenteuerlich bepackter, langſam einherziehender Wagen<lb/>ſichtbar, ihm folgte ein ſeltſam gekleidetes Maͤdchen zu<lb/>
Pferde in blauem Gewand, mit dunkelem, fliegenden<lb/>
Haar, mehrere Maͤnner, gruͤne Zweige auf ihren Huͤ¬<lb/>
ten, ſchritten ruͤſtig nebenher; unter ihnen erkannte man<lb/>ſogleich die beiden Burgkobolde wieder, deren Pickel¬<lb/>
hauben weit in der Sonne funkelten. Ein froͤhlicher<lb/>
Chorgeſang ſchallte von dem Zuge durch das Gruͤn<lb/>
herauf. — Reiſende Komoͤdianten! rief Fortunat lachend,<lb/>
nun bedarf es keiner Unterſuchung weiter, das waren<lb/>
die Spukgeiſter, der Weg kommt gerade von der<lb/>
Burg.</p><lb/><p>So traten ſie nun alle beruhigter den Ruͤckweg<lb/>
nach Hohenſtein an. Florentine, die ſich voͤllig wieder<lb/>
erholt hatte, lachte jetzt ſelber mit; dann wandte ſie<lb/>ſich noch einmal nach den Bluͤtenthaͤlern, in die ſich<lb/>
die kuͤnſtleriſchen Wandervoͤgel geſenkt. Es geht doch<lb/>
nichts uͤber's Reiſen, rief ſie froͤhlich aus, wenn ich<lb/>ſo manchmal im Sommer recht fruͤh erwache, und<lb/>
hoͤre unten aus den Doͤrfern die Haͤhne kraͤhen, oder<lb/>
ein Poſthorn von fern uͤber den Garten heruͤber, da<lb/>
wuͤnſch' ich mir oft, ich waͤre ein Mann und koͤnnte<lb/>
auch ſo mit in die Welt hinaus. — Ich meine, fiel<lb/>
hier Walter etwas graͤmlich ein, man muͤſſe erſt ſich<lb/>ſelbſt und die kleine Welt um ſich herum recht verſte¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[54/0061]
lich und wies dann ganz erſtaunt nach dem Thale hin¬
aus. Dort wurde fern am Saume des Waldes ein
abenteuerlich bepackter, langſam einherziehender Wagen
ſichtbar, ihm folgte ein ſeltſam gekleidetes Maͤdchen zu
Pferde in blauem Gewand, mit dunkelem, fliegenden
Haar, mehrere Maͤnner, gruͤne Zweige auf ihren Huͤ¬
ten, ſchritten ruͤſtig nebenher; unter ihnen erkannte man
ſogleich die beiden Burgkobolde wieder, deren Pickel¬
hauben weit in der Sonne funkelten. Ein froͤhlicher
Chorgeſang ſchallte von dem Zuge durch das Gruͤn
herauf. — Reiſende Komoͤdianten! rief Fortunat lachend,
nun bedarf es keiner Unterſuchung weiter, das waren
die Spukgeiſter, der Weg kommt gerade von der
Burg.
So traten ſie nun alle beruhigter den Ruͤckweg
nach Hohenſtein an. Florentine, die ſich voͤllig wieder
erholt hatte, lachte jetzt ſelber mit; dann wandte ſie
ſich noch einmal nach den Bluͤtenthaͤlern, in die ſich
die kuͤnſtleriſchen Wandervoͤgel geſenkt. Es geht doch
nichts uͤber's Reiſen, rief ſie froͤhlich aus, wenn ich
ſo manchmal im Sommer recht fruͤh erwache, und
hoͤre unten aus den Doͤrfern die Haͤhne kraͤhen, oder
ein Poſthorn von fern uͤber den Garten heruͤber, da
wuͤnſch' ich mir oft, ich waͤre ein Mann und koͤnnte
auch ſo mit in die Welt hinaus. — Ich meine, fiel
hier Walter etwas graͤmlich ein, man muͤſſe erſt ſich
ſelbſt und die kleine Welt um ſich herum recht verſte¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/61>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.