nicht lange geruht, als er Stimmen neben sich ver¬ nahm, an denen er die Amtmannin und Waltern er¬ kannte, die ohne ihn zu bemerken in dem Gange auf und nieder wandelnd, in lebhaftem Gespräch begriffen schienen. -- Das kommt bei dem Ueberstudiren her¬ aus, sagte so eben die Amtmannin, nichts als Verse im Kopf, Reisen und dergleichen unkluges und kostspie¬ liges Zeug. -- Ich glaube gar, rief Fortunat, die spricht von mir! -- Beruhigen Sie sich, hörte er nun Waltern entgegnen, ich werde versuchen, die eigent¬ lichen Absichten dieses verschlossenen, räthselhaften Ge¬ müths zu erforschen. -- Bei Nacht möchte er spazieren gehen, fing die Amtmannin wieder an, den Tag ver¬ träumt er! Und warum verbirgt er sich vor uns? -- Hier verlor sich der Discours in der Ferne. Fortunat sprang hastig auf. Sie reden von meinem unbekann¬ ten Führer im Garten an jenem ersten Morgen, dachte er, und es fiel ihm auf's Herz, daß er ihn in der Zerstreuung so ganz vergessen hatte.
Als am Abend alle unter den Linden vor der Hausthüre sich wieder versammelten, beschloß er, der Sache näher auf den Grund zu kommen. Der Amt¬ mann war der erste auf dem Platz, er erzählte ihm sogleich das ganze Begegniß, wie er damals den Un¬ bekannten schlafend am Springbrunnen getroffen, und was sie mit einander gesprochen hatten. Dieser hörte sehr aufmerksam zu, er mußte ihm Größe, Kleidung,
nicht lange geruht, als er Stimmen neben ſich ver¬ nahm, an denen er die Amtmannin und Waltern er¬ kannte, die ohne ihn zu bemerken in dem Gange auf und nieder wandelnd, in lebhaftem Geſpraͤch begriffen ſchienen. — Das kommt bei dem Ueberſtudiren her¬ aus, ſagte ſo eben die Amtmannin, nichts als Verſe im Kopf, Reiſen und dergleichen unkluges und koſtſpie¬ liges Zeug. — Ich glaube gar, rief Fortunat, die ſpricht von mir! — Beruhigen Sie ſich, hoͤrte er nun Waltern entgegnen, ich werde verſuchen, die eigent¬ lichen Abſichten dieſes verſchloſſenen, raͤthſelhaften Ge¬ muͤths zu erforſchen. — Bei Nacht moͤchte er ſpazieren gehen, fing die Amtmannin wieder an, den Tag ver¬ traͤumt er! Und warum verbirgt er ſich vor uns? — Hier verlor ſich der Discours in der Ferne. Fortunat ſprang haſtig auf. Sie reden von meinem unbekann¬ ten Fuͤhrer im Garten an jenem erſten Morgen, dachte er, und es fiel ihm auf's Herz, daß er ihn in der Zerſtreuung ſo ganz vergeſſen hatte.
Als am Abend alle unter den Linden vor der Hausthuͤre ſich wieder verſammelten, beſchloß er, der Sache naͤher auf den Grund zu kommen. Der Amt¬ mann war der erſte auf dem Platz, er erzaͤhlte ihm ſogleich das ganze Begegniß, wie er damals den Un¬ bekannten ſchlafend am Springbrunnen getroffen, und was ſie mit einander geſprochen hatten. Dieſer hoͤrte ſehr aufmerkſam zu, er mußte ihm Groͤße, Kleidung,
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nicht lange geruht, als er Stimmen neben ſich ver¬
nahm, an denen er die Amtmannin und Waltern er¬
kannte, die ohne ihn zu bemerken in dem Gange auf
und nieder wandelnd, in lebhaftem Geſpraͤch begriffen
ſchienen. — Das kommt bei dem Ueberſtudiren her¬
aus, ſagte ſo eben die Amtmannin, nichts als Verſe
im Kopf, Reiſen und dergleichen unkluges und koſtſpie¬
liges Zeug. — Ich glaube gar, rief Fortunat, die
ſpricht von mir! — Beruhigen Sie ſich, hoͤrte er nun
Waltern entgegnen, ich werde verſuchen, die eigent¬
lichen Abſichten dieſes verſchloſſenen, raͤthſelhaften Ge¬
muͤths zu erforſchen. — Bei Nacht moͤchte er ſpazieren
gehen, fing die Amtmannin wieder an, den Tag ver¬
traͤumt er! Und warum verbirgt er ſich vor uns? —
Hier verlor ſich der Discours in der Ferne. Fortunat
ſprang haſtig auf. Sie reden von meinem unbekann¬
ten Fuͤhrer im Garten an jenem erſten Morgen, dachte
er, und es fiel ihm auf's Herz, daß er ihn in der
Zerſtreuung ſo ganz vergeſſen hatte.
Als am Abend alle unter den Linden vor der
Hausthuͤre ſich wieder verſammelten, beſchloß er, der
Sache naͤher auf den Grund zu kommen. Der Amt¬
mann war der erſte auf dem Platz, er erzaͤhlte ihm
ſogleich das ganze Begegniß, wie er damals den Un¬
bekannten ſchlafend am Springbrunnen getroffen, und
was ſie mit einander geſprochen hatten. Dieſer hoͤrte
ſehr aufmerkſam zu, er mußte ihm Groͤße, Kleidung,
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/48>, abgerufen am 25.11.2024.
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