Wie's da unten nebelhaft sich durcheinanderschlingt -- sagte er, in die Thäler schauend -- man hört schon Stimmen da und dort verworren aus dem Grund, Kommandoruf und Trompetenklänge durch die stille Luft und Morgenglocken dazwischen und den Gesang verirrter Wanderer. Und wo die Nebel auf einen Augenblick sich theilen, sieht man Engel ernst mit blan¬ ken Schwertern auf den Bergen stehen, und unten weite Geschwader still kampfbereit aufblitzend, und der Teufel in funkelndem Ritterschmuck reitet die Reihen entlang und zeigt den Völkern durch den Wolkenriß die Herrlichkeit der Länder und ruft ihnen zu: seyd frei, und alles ist euer! -- O Freunde, das ist eine Zeit! glückselig wer drin geboren ward, sie auszufech¬ ten! -- Hier reichte er ihnen noch einmal die Hand und wandte sich schnell zum Walde.
Ade, du geistliches Soldatenherz! rief Fortunat erschüttert aus. Sie sahen ihm alle noch lange schwei¬ gend nach, dann schieden auch sie von einander. Man¬ fred wollte dem Ruf zu einem bedeutenden Staats¬ dienste folgen, da hoffte er, wenn auch auf anderer Bahn, auf den frischen Gipfeln des Lebens mit Vic¬ tor'n wieder zusammenzutreffen. Walter aber begleitete das junge Ehepaar zunächst noch nach Hohenstein; ihm war's, als sey seit seiner Jugendzeit die Welt zu groß und weit geworden für ihn, er sehnte sich recht aus Herzensgrunde nach seinem stillen, schattigen, Gärt¬
Wie's da unten nebelhaft ſich durcheinanderſchlingt — ſagte er, in die Thaͤler ſchauend — man hoͤrt ſchon Stimmen da und dort verworren aus dem Grund, Kommandoruf und Trompetenklaͤnge durch die ſtille Luft und Morgenglocken dazwiſchen und den Geſang verirrter Wanderer. Und wo die Nebel auf einen Augenblick ſich theilen, ſieht man Engel ernſt mit blan¬ ken Schwertern auf den Bergen ſtehen, und unten weite Geſchwader ſtill kampfbereit aufblitzend, und der Teufel in funkelndem Ritterſchmuck reitet die Reihen entlang und zeigt den Voͤlkern durch den Wolkenriß die Herrlichkeit der Laͤnder und ruft ihnen zu: ſeyd frei, und alles iſt euer! — O Freunde, das iſt eine Zeit! gluͤckſelig wer drin geboren ward, ſie auszufech¬ ten! — Hier reichte er ihnen noch einmal die Hand und wandte ſich ſchnell zum Walde.
Ade, du geiſtliches Soldatenherz! rief Fortunat erſchuͤttert aus. Sie ſahen ihm alle noch lange ſchwei¬ gend nach, dann ſchieden auch ſie von einander. Man¬ fred wollte dem Ruf zu einem bedeutenden Staats¬ dienſte folgen, da hoffte er, wenn auch auf anderer Bahn, auf den friſchen Gipfeln des Lebens mit Vic¬ tor'n wieder zuſammenzutreffen. Walter aber begleitete das junge Ehepaar zunaͤchſt noch nach Hohenſtein; ihm war's, als ſey ſeit ſeiner Jugendzeit die Welt zu groß und weit geworden fuͤr ihn, er ſehnte ſich recht aus Herzensgrunde nach ſeinem ſtillen, ſchattigen, Gaͤrt¬
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Wie's da unten nebelhaft ſich durcheinanderſchlingt —
ſagte er, in die Thaͤler ſchauend — man hoͤrt ſchon
Stimmen da und dort verworren aus dem Grund,
Kommandoruf und Trompetenklaͤnge durch die ſtille
Luft und Morgenglocken dazwiſchen und den Geſang
verirrter Wanderer. Und wo die Nebel auf einen
Augenblick ſich theilen, ſieht man Engel ernſt mit blan¬
ken Schwertern auf den Bergen ſtehen, und unten
weite Geſchwader ſtill kampfbereit aufblitzend, und der
Teufel in funkelndem Ritterſchmuck reitet die Reihen
entlang und zeigt den Voͤlkern durch den Wolkenriß
die Herrlichkeit der Laͤnder und ruft ihnen zu: ſeyd
frei, und alles iſt euer! — O Freunde, das iſt eine
Zeit! gluͤckſelig wer drin geboren ward, ſie auszufech¬
ten! — Hier reichte er ihnen noch einmal die Hand
und wandte ſich ſchnell zum Walde.
Ade, du geiſtliches Soldatenherz! rief Fortunat
erſchuͤttert aus. Sie ſahen ihm alle noch lange ſchwei¬
gend nach, dann ſchieden auch ſie von einander. Man¬
fred wollte dem Ruf zu einem bedeutenden Staats¬
dienſte folgen, da hoffte er, wenn auch auf anderer
Bahn, auf den friſchen Gipfeln des Lebens mit Vic¬
tor'n wieder zuſammenzutreffen. Walter aber begleitete
das junge Ehepaar zunaͤchſt noch nach Hohenſtein;
ihm war's, als ſey ſeit ſeiner Jugendzeit die Welt zu
groß und weit geworden fuͤr ihn, er ſehnte ſich recht
aus Herzensgrunde nach ſeinem ſtillen, ſchattigen, Gaͤrt¬
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/385>, abgerufen am 23.11.2024.
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