den Klüften Antwort. Da faßt' er sich ein Herz, band sein Pferd vor der Hütte an und trat hinein.
Er fand sie wohnlicher, als er erwartet hatte. Ein großes Buch lag auf dem Tisch, er schlug es auf, es war ein altes Brevier, zu seiner Verwunderung fand er eine kurze ungrische Tabackspfeife drin als Zeichen eingelegt. Nun, die Todten schmauchen doch nicht, dachte er, und spähte eifriger umher. Da ent¬ deckte er in einer Ecke einen Vorrath köstlichen Heues, weiterhin auch einen vollen Weinkrug und Gläser da¬ neben. Erfreut über den unverhofften Fund zäumte er vor allem sein müdes Pferd ab und versah es reichlich mit Futter. Das ungewohnte Handthieren in dieser Abgeschiedenheit, das Brausen der Wipfel, die ganze unerhörte Lage, in der er sich hier befand, versetzte ihn in eine seltsame Heiterkeit. Gute Nacht! rief er fröhlich vom Berge hinab, wie hat der Herr nun alles untergetaucht in den wunderbaren Strom der Träume! Was ist das für ein Traumlied in den Wäldern, gleichwie die Saiten einer Harfe, die der Finger Got¬ tes gestreift. Wahrlich, wen Gott lieb hat, den stellt er einmal über allen Plunder auf die einsame Zinne der Nacht, daß er nichts als die Glocken von der Erde und vom Jenseits zusammenschlagen hört und schauernd nicht weiß, ob es Abend bedeute oder schon Morgen. --
Darauf setzte sich Fortunat zufrieden vor die
den Kluͤften Antwort. Da faßt' er ſich ein Herz, band ſein Pferd vor der Huͤtte an und trat hinein.
Er fand ſie wohnlicher, als er erwartet hatte. Ein großes Buch lag auf dem Tiſch, er ſchlug es auf, es war ein altes Brevier, zu ſeiner Verwunderung fand er eine kurze ungriſche Tabackspfeife drin als Zeichen eingelegt. Nun, die Todten ſchmauchen doch nicht, dachte er, und ſpaͤhte eifriger umher. Da ent¬ deckte er in einer Ecke einen Vorrath koͤſtlichen Heues, weiterhin auch einen vollen Weinkrug und Glaͤſer da¬ neben. Erfreut uͤber den unverhofften Fund zaͤumte er vor allem ſein muͤdes Pferd ab und verſah es reichlich mit Futter. Das ungewohnte Handthieren in dieſer Abgeſchiedenheit, das Brauſen der Wipfel, die ganze unerhoͤrte Lage, in der er ſich hier befand, verſetzte ihn in eine ſeltſame Heiterkeit. Gute Nacht! rief er froͤhlich vom Berge hinab, wie hat der Herr nun alles untergetaucht in den wunderbaren Strom der Traͤume! Was iſt das fuͤr ein Traumlied in den Waͤldern, gleichwie die Saiten einer Harfe, die der Finger Got¬ tes geſtreift. Wahrlich, wen Gott lieb hat, den ſtellt er einmal uͤber allen Plunder auf die einſame Zinne der Nacht, daß er nichts als die Glocken von der Erde und vom Jenſeits zuſammenſchlagen hoͤrt und ſchauernd nicht weiß, ob es Abend bedeute oder ſchon Morgen. —
Darauf ſetzte ſich Fortunat zufrieden vor die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0365"n="358"/>
den Kluͤften Antwort. Da faßt' er ſich ein Herz,<lb/>
band ſein Pferd vor der Huͤtte an und trat hinein.</p><lb/><p>Er fand ſie wohnlicher, als er erwartet hatte.<lb/>
Ein großes Buch lag auf dem Tiſch, er ſchlug es auf,<lb/>
es war ein altes Brevier, zu ſeiner Verwunderung<lb/>
fand er eine kurze ungriſche Tabackspfeife drin als<lb/>
Zeichen eingelegt. Nun, die Todten ſchmauchen doch<lb/>
nicht, dachte er, und ſpaͤhte eifriger umher. Da ent¬<lb/>
deckte er in einer Ecke einen Vorrath koͤſtlichen Heues,<lb/>
weiterhin auch einen vollen Weinkrug und Glaͤſer da¬<lb/>
neben. Erfreut uͤber den unverhofften Fund zaͤumte er<lb/>
vor allem ſein muͤdes Pferd ab und verſah es reichlich<lb/>
mit Futter. Das ungewohnte Handthieren in dieſer<lb/>
Abgeſchiedenheit, das Brauſen der Wipfel, die ganze<lb/>
unerhoͤrte Lage, in der er ſich hier befand, verſetzte<lb/>
ihn in eine ſeltſame Heiterkeit. Gute Nacht! rief er<lb/>
froͤhlich vom Berge hinab, wie hat der Herr nun alles<lb/>
untergetaucht in den wunderbaren Strom der Traͤume!<lb/>
Was iſt das fuͤr ein Traumlied in den Waͤldern,<lb/>
gleichwie die Saiten einer Harfe, die der Finger Got¬<lb/>
tes geſtreift. Wahrlich, wen Gott lieb hat, den ſtellt<lb/>
er einmal uͤber allen Plunder auf die einſame Zinne<lb/>
der Nacht, daß er nichts als die Glocken von der<lb/>
Erde und vom Jenſeits zuſammenſchlagen hoͤrt und<lb/>ſchauernd nicht weiß, ob es Abend bedeute oder ſchon<lb/>
Morgen. —</p><lb/><p>Darauf ſetzte ſich Fortunat zufrieden vor die<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[358/0365]
den Kluͤften Antwort. Da faßt' er ſich ein Herz,
band ſein Pferd vor der Huͤtte an und trat hinein.
Er fand ſie wohnlicher, als er erwartet hatte.
Ein großes Buch lag auf dem Tiſch, er ſchlug es auf,
es war ein altes Brevier, zu ſeiner Verwunderung
fand er eine kurze ungriſche Tabackspfeife drin als
Zeichen eingelegt. Nun, die Todten ſchmauchen doch
nicht, dachte er, und ſpaͤhte eifriger umher. Da ent¬
deckte er in einer Ecke einen Vorrath koͤſtlichen Heues,
weiterhin auch einen vollen Weinkrug und Glaͤſer da¬
neben. Erfreut uͤber den unverhofften Fund zaͤumte er
vor allem ſein muͤdes Pferd ab und verſah es reichlich
mit Futter. Das ungewohnte Handthieren in dieſer
Abgeſchiedenheit, das Brauſen der Wipfel, die ganze
unerhoͤrte Lage, in der er ſich hier befand, verſetzte
ihn in eine ſeltſame Heiterkeit. Gute Nacht! rief er
froͤhlich vom Berge hinab, wie hat der Herr nun alles
untergetaucht in den wunderbaren Strom der Traͤume!
Was iſt das fuͤr ein Traumlied in den Waͤldern,
gleichwie die Saiten einer Harfe, die der Finger Got¬
tes geſtreift. Wahrlich, wen Gott lieb hat, den ſtellt
er einmal uͤber allen Plunder auf die einſame Zinne
der Nacht, daß er nichts als die Glocken von der
Erde und vom Jenſeits zuſammenſchlagen hoͤrt und
ſchauernd nicht weiß, ob es Abend bedeute oder ſchon
Morgen. —
Darauf ſetzte ſich Fortunat zufrieden vor die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/365>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.