Frack und eine lange, weiße Busenkrause angelegt, und wandelte unter allerlei aus der Luft gegriffenen Vor¬ wänden um das Haus, den Hals nach den oberen Fenstern verdrehend. Ich glaube wahrhaftig, sagte die Amtmannin, der alte Narr ist in das gnädige Fräu¬ lein geschossen. Fiametta aber hatte geschwind die Kammerjungfer beredet, an's offene Fenster zu treten, warf ihr einen großen Shawl um, und fing hinter derselben an zu agiren, und den Förster anzureden, in¬ dem sie ihm gerührt für seine Mühwaltung dankte, wodurch er ein von der Tarantel der Liebe gebissenes Herz so frühzeitig von den Holzwegen des Leichtsinns zurückgeführt. -- Als er nun seinerseits sich anschickte, verbindlich zu antworten, konnte sie vor Lachen nicht weiter, winkte ihn geheimnißvoll fort, als ob sie be¬ lauscht würden, und schlug schnell das Fenster wieder zu. -- Florentine schüttelte bedenklich den Kopf und konnte sich durchaus in das buntfarbige Wesen nicht finden.
Fiametta aber, da die Männer ihr jetzt ihren Plan mittheilten, war von der Aussicht einer endli¬ chen, baldigen Entscheidung ihres verwickelten Liebes¬ handels wie berauscht. Und als nun Florentine noch in aller Eile anfing Kuchen zu backen, die sie morgen Fortunaten auf die Reise mitgeben wollten, half sie ihr mit großer Geschäftigkeit und naschte die schönsten Rosinen weg. Zuletzt aber, da sie selbst den Teig
Frack und eine lange, weiße Buſenkrauſe angelegt, und wandelte unter allerlei aus der Luft gegriffenen Vor¬ waͤnden um das Haus, den Hals nach den oberen Fenſtern verdrehend. Ich glaube wahrhaftig, ſagte die Amtmannin, der alte Narr iſt in das gnaͤdige Fraͤu¬ lein geſchoſſen. Fiametta aber hatte geſchwind die Kammerjungfer beredet, an's offene Fenſter zu treten, warf ihr einen großen Shawl um, und fing hinter derſelben an zu agiren, und den Foͤrſter anzureden, in¬ dem ſie ihm geruͤhrt fuͤr ſeine Muͤhwaltung dankte, wodurch er ein von der Tarantel der Liebe gebiſſenes Herz ſo fruͤhzeitig von den Holzwegen des Leichtſinns zuruͤckgefuͤhrt. — Als er nun ſeinerſeits ſich anſchickte, verbindlich zu antworten, konnte ſie vor Lachen nicht weiter, winkte ihn geheimnißvoll fort, als ob ſie be¬ lauſcht wuͤrden, und ſchlug ſchnell das Fenſter wieder zu. — Florentine ſchuͤttelte bedenklich den Kopf und konnte ſich durchaus in das buntfarbige Weſen nicht finden.
Fiametta aber, da die Maͤnner ihr jetzt ihren Plan mittheilten, war von der Ausſicht einer endli¬ chen, baldigen Entſcheidung ihres verwickelten Liebes¬ handels wie berauſcht. Und als nun Florentine noch in aller Eile anfing Kuchen zu backen, die ſie morgen Fortunaten auf die Reiſe mitgeben wollten, half ſie ihr mit großer Geſchaͤftigkeit und naſchte die ſchoͤnſten Roſinen weg. Zuletzt aber, da ſie ſelbſt den Teig
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0357"n="350"/>
Frack und eine lange, weiße Buſenkrauſe angelegt, und<lb/>
wandelte unter allerlei aus der Luft gegriffenen Vor¬<lb/>
waͤnden um das Haus, den Hals nach den oberen<lb/>
Fenſtern verdrehend. Ich glaube wahrhaftig, ſagte die<lb/>
Amtmannin, der alte Narr iſt in das gnaͤdige Fraͤu¬<lb/>
lein geſchoſſen. Fiametta aber hatte geſchwind die<lb/>
Kammerjungfer beredet, an's offene Fenſter zu treten,<lb/>
warf ihr einen großen Shawl um, und fing hinter<lb/>
derſelben an zu agiren, und den Foͤrſter anzureden, in¬<lb/>
dem ſie ihm geruͤhrt fuͤr ſeine Muͤhwaltung dankte,<lb/>
wodurch er ein von der Tarantel der Liebe gebiſſenes<lb/>
Herz ſo fruͤhzeitig von den Holzwegen des Leichtſinns<lb/>
zuruͤckgefuͤhrt. — Als er nun ſeinerſeits ſich anſchickte,<lb/>
verbindlich zu antworten, konnte ſie vor Lachen nicht<lb/>
weiter, winkte ihn geheimnißvoll fort, als ob ſie be¬<lb/>
lauſcht wuͤrden, und ſchlug ſchnell das Fenſter wieder<lb/>
zu. — Florentine ſchuͤttelte bedenklich den Kopf und<lb/>
konnte ſich durchaus in das buntfarbige Weſen nicht<lb/>
finden.</p><lb/><p>Fiametta aber, da die Maͤnner ihr jetzt ihren<lb/>
Plan mittheilten, war von der Ausſicht einer endli¬<lb/>
chen, baldigen Entſcheidung ihres verwickelten Liebes¬<lb/>
handels wie berauſcht. Und als nun Florentine noch<lb/>
in aller Eile anfing Kuchen zu backen, die ſie morgen<lb/>
Fortunaten auf die Reiſe mitgeben wollten, half ſie<lb/>
ihr mit großer Geſchaͤftigkeit und naſchte die ſchoͤnſten<lb/>
Roſinen weg. Zuletzt aber, da ſie ſelbſt den Teig<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[350/0357]
Frack und eine lange, weiße Buſenkrauſe angelegt, und
wandelte unter allerlei aus der Luft gegriffenen Vor¬
waͤnden um das Haus, den Hals nach den oberen
Fenſtern verdrehend. Ich glaube wahrhaftig, ſagte die
Amtmannin, der alte Narr iſt in das gnaͤdige Fraͤu¬
lein geſchoſſen. Fiametta aber hatte geſchwind die
Kammerjungfer beredet, an's offene Fenſter zu treten,
warf ihr einen großen Shawl um, und fing hinter
derſelben an zu agiren, und den Foͤrſter anzureden, in¬
dem ſie ihm geruͤhrt fuͤr ſeine Muͤhwaltung dankte,
wodurch er ein von der Tarantel der Liebe gebiſſenes
Herz ſo fruͤhzeitig von den Holzwegen des Leichtſinns
zuruͤckgefuͤhrt. — Als er nun ſeinerſeits ſich anſchickte,
verbindlich zu antworten, konnte ſie vor Lachen nicht
weiter, winkte ihn geheimnißvoll fort, als ob ſie be¬
lauſcht wuͤrden, und ſchlug ſchnell das Fenſter wieder
zu. — Florentine ſchuͤttelte bedenklich den Kopf und
konnte ſich durchaus in das buntfarbige Weſen nicht
finden.
Fiametta aber, da die Maͤnner ihr jetzt ihren
Plan mittheilten, war von der Ausſicht einer endli¬
chen, baldigen Entſcheidung ihres verwickelten Liebes¬
handels wie berauſcht. Und als nun Florentine noch
in aller Eile anfing Kuchen zu backen, die ſie morgen
Fortunaten auf die Reiſe mitgeben wollten, half ſie
ihr mit großer Geſchaͤftigkeit und naſchte die ſchoͤnſten
Roſinen weg. Zuletzt aber, da ſie ſelbſt den Teig
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/357>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.