im Rade umherflogen, schleuderten einen von den Gar¬ tenstühlen so eben in die Hausthür, als die Frau Amtmannin feierlich heraustreten wollte. Nun Gott behüt' uns, Herr Nachbar, rief sie empfindlich, was ist das wieder für eine Aufführung! -- Einführung, Frau Muhme, entgegnete der Förster, hohe Reisende, bal a la fourchette, St. Veitstanz, Apfelsinen und Italien! da hat mich so eine verfluchte Tarantul in die Füße gebissen. -- Nun schwenkte auch der Amt¬ mann seine schneeweiße Schlafmütze, hinter der das hübsche Gesichtchen Florentinens hervorguckte, alle schrieen und fragten durcheinander, die Amtmannin knixte unter vielen Redensarten, die niemand hörte, ein aus dem Schlaf verstörter kalekutischer Hahn hatte sich schon während des Walzers in des Försters flie¬ gende Schöße verbissen -- man konnte gar nicht zu Worte und in's rechte Geschick kommen. -- Und der junge Herr? -- mit wem hab' ich die Ehre? -- sagte endlich die Frau Amtmannin, mit einem halben unge¬ wissen Knix gegen die hocherröthende Fiametta gewen¬ det. -- Himmeltausend! da hab' ich nun was Schö¬ nes angerichtet! dachte Fortunat. Er besann sich nicht lange. Ein junger Vetter von mir aus Italien, sagte er. -- Ah -- rief der Förster erstaunt, und entschul¬ digte nun mit abenteuerlicher Galanterie die ganz er¬ gebenste Erdreistung seiner nicht wissenden Keckheit. Er mühte sich sichtbar ab, in seinen überaus höflichen
im Rade umherflogen, ſchleuderten einen von den Gar¬ tenſtuͤhlen ſo eben in die Hausthuͤr, als die Frau Amtmannin feierlich heraustreten wollte. Nun Gott behuͤt' uns, Herr Nachbar, rief ſie empfindlich, was iſt das wieder fuͤr eine Auffuͤhrung! — Einfuͤhrung, Frau Muhme, entgegnete der Foͤrſter, hohe Reiſende, bal à la fourchette, St. Veitstanz, Apfelſinen und Italien! da hat mich ſo eine verfluchte Tarantul in die Fuͤße gebiſſen. — Nun ſchwenkte auch der Amt¬ mann ſeine ſchneeweiße Schlafmuͤtze, hinter der das huͤbſche Geſichtchen Florentinens hervorguckte, alle ſchrieen und fragten durcheinander, die Amtmannin knixte unter vielen Redensarten, die niemand hoͤrte, ein aus dem Schlaf verſtoͤrter kalekutiſcher Hahn hatte ſich ſchon waͤhrend des Walzers in des Foͤrſters flie¬ gende Schoͤße verbiſſen — man konnte gar nicht zu Worte und in's rechte Geſchick kommen. — Und der junge Herr? — mit wem hab' ich die Ehre? — ſagte endlich die Frau Amtmannin, mit einem halben unge¬ wiſſen Knix gegen die hocherroͤthende Fiametta gewen¬ det. — Himmeltauſend! da hab' ich nun was Schoͤ¬ nes angerichtet! dachte Fortunat. Er beſann ſich nicht lange. Ein junger Vetter von mir aus Italien, ſagte er. — Ah — rief der Foͤrſter erſtaunt, und entſchul¬ digte nun mit abenteuerlicher Galanterie die ganz er¬ gebenſte Erdreiſtung ſeiner nicht wiſſenden Keckheit. Er muͤhte ſich ſichtbar ab, in ſeinen uͤberaus hoͤflichen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0347"n="340"/>
im Rade umherflogen, ſchleuderten einen von den Gar¬<lb/>
tenſtuͤhlen ſo eben in die Hausthuͤr, als die Frau<lb/>
Amtmannin feierlich heraustreten wollte. Nun Gott<lb/>
behuͤt' uns, Herr Nachbar, rief ſie empfindlich, was<lb/>
iſt das wieder fuͤr eine Auffuͤhrung! — Einfuͤhrung,<lb/>
Frau Muhme, entgegnete der Foͤrſter, hohe Reiſende,<lb/><hirendition="#aq">bal à la fourchette</hi>, St. Veitstanz, Apfelſinen und<lb/>
Italien! da hat mich ſo eine verfluchte Tarantul in<lb/>
die Fuͤße gebiſſen. — Nun ſchwenkte auch der Amt¬<lb/>
mann ſeine ſchneeweiße Schlafmuͤtze, hinter der das<lb/>
huͤbſche Geſichtchen Florentinens hervorguckte, alle<lb/>ſchrieen und fragten durcheinander, die Amtmannin<lb/>
knixte unter vielen Redensarten, die niemand hoͤrte,<lb/>
ein aus dem Schlaf verſtoͤrter kalekutiſcher Hahn hatte<lb/>ſich ſchon waͤhrend des Walzers in des Foͤrſters flie¬<lb/>
gende Schoͤße verbiſſen — man konnte gar nicht zu<lb/>
Worte und in's rechte Geſchick kommen. — Und der<lb/>
junge Herr? — mit wem hab' ich die Ehre? —ſagte<lb/>
endlich die Frau Amtmannin, mit einem halben unge¬<lb/>
wiſſen Knix gegen die hocherroͤthende Fiametta gewen¬<lb/>
det. — Himmeltauſend! da hab' ich nun was Schoͤ¬<lb/>
nes angerichtet! dachte Fortunat. Er beſann ſich nicht<lb/>
lange. Ein junger Vetter von mir aus Italien, ſagte<lb/>
er. — Ah — rief der Foͤrſter erſtaunt, und entſchul¬<lb/>
digte nun mit abenteuerlicher Galanterie die ganz er¬<lb/>
gebenſte Erdreiſtung ſeiner nicht wiſſenden Keckheit. Er<lb/>
muͤhte ſich ſichtbar ab, in ſeinen uͤberaus hoͤflichen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[340/0347]
im Rade umherflogen, ſchleuderten einen von den Gar¬
tenſtuͤhlen ſo eben in die Hausthuͤr, als die Frau
Amtmannin feierlich heraustreten wollte. Nun Gott
behuͤt' uns, Herr Nachbar, rief ſie empfindlich, was
iſt das wieder fuͤr eine Auffuͤhrung! — Einfuͤhrung,
Frau Muhme, entgegnete der Foͤrſter, hohe Reiſende,
bal à la fourchette, St. Veitstanz, Apfelſinen und
Italien! da hat mich ſo eine verfluchte Tarantul in
die Fuͤße gebiſſen. — Nun ſchwenkte auch der Amt¬
mann ſeine ſchneeweiße Schlafmuͤtze, hinter der das
huͤbſche Geſichtchen Florentinens hervorguckte, alle
ſchrieen und fragten durcheinander, die Amtmannin
knixte unter vielen Redensarten, die niemand hoͤrte,
ein aus dem Schlaf verſtoͤrter kalekutiſcher Hahn hatte
ſich ſchon waͤhrend des Walzers in des Foͤrſters flie¬
gende Schoͤße verbiſſen — man konnte gar nicht zu
Worte und in's rechte Geſchick kommen. — Und der
junge Herr? — mit wem hab' ich die Ehre? — ſagte
endlich die Frau Amtmannin, mit einem halben unge¬
wiſſen Knix gegen die hocherroͤthende Fiametta gewen¬
det. — Himmeltauſend! da hab' ich nun was Schoͤ¬
nes angerichtet! dachte Fortunat. Er beſann ſich nicht
lange. Ein junger Vetter von mir aus Italien, ſagte
er. — Ah — rief der Foͤrſter erſtaunt, und entſchul¬
digte nun mit abenteuerlicher Galanterie die ganz er¬
gebenſte Erdreiſtung ſeiner nicht wiſſenden Keckheit. Er
muͤhte ſich ſichtbar ab, in ſeinen uͤberaus hoͤflichen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/347>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.