zubringen, das Wägelchen wieder herzustellen und das Pferd reichlich zu füttern, das heute mehr die Sonne als der Hafer gestochen habe. Das sieht hier gar nicht schlecht aus, sagte er dann, sich zufrieden nach allen Seiten umsehend, wem gehört das Schloß? -- Die Antwort des Jägers aber schien ihn auf's höchste zu überraschen. Was! dem Baron Manfred? rief er aus, und flog sogleich nach dem Schlosse, wo er den eben heraustretenden Baron beinah übergerannt hätte. -- Waren Sie, sagte er hastig und ohne alle Einlei¬ tung, waren Sie nicht vor einiger Zeit auf Reisen? So sind Sie ohne Zweifel der gewesene Bräutigam der ehemaligen Gräfin Juanna, der damals auf dem fürstlichen Schlosse erwartet wurde! -- Manfred be¬ jahte kurz und trocken. -- Aber heirathen! rief der Reisende aus, wer wird eine wildschöne Diana gleich heirathen wollen! -- Wer sind Sie? unterbrach ihn hier Manfred, den Aufdringlichen mit etwas ernsten Blicken messend. -- Ja so! -- erwiederte dieser -- haben Sie vielleicht schon einmal von einem gewissen Dryander gehört? -- Dem bekannten Dichter? -- Der bin ich, ich reise eben auf Volkslieder, und jenes Frauenzimmer dort ist meine Frau.
Nun stellte er die junge Dame mit dem Korn¬ blumenkranze vor, die so eben an einem Ecksteine noch ihre Schuhe festband, und ihnen, als sie sich nennen hörte, ein munteres, etwas trotziges Gesichtchen zu¬
zubringen, das Waͤgelchen wieder herzuſtellen und das Pferd reichlich zu fuͤttern, das heute mehr die Sonne als der Hafer geſtochen habe. Das ſieht hier gar nicht ſchlecht aus, ſagte er dann, ſich zufrieden nach allen Seiten umſehend, wem gehoͤrt das Schloß? — Die Antwort des Jaͤgers aber ſchien ihn auf's hoͤchſte zu uͤberraſchen. Was! dem Baron Manfred? rief er aus, und flog ſogleich nach dem Schloſſe, wo er den eben heraustretenden Baron beinah uͤbergerannt haͤtte. — Waren Sie, ſagte er haſtig und ohne alle Einlei¬ tung, waren Sie nicht vor einiger Zeit auf Reiſen? So ſind Sie ohne Zweifel der geweſene Braͤutigam der ehemaligen Graͤfin Juanna, der damals auf dem fuͤrſtlichen Schloſſe erwartet wurde! — Manfred be¬ jahte kurz und trocken. — Aber heirathen! rief der Reiſende aus, wer wird eine wildſchoͤne Diana gleich heirathen wollen! — Wer ſind Sie? unterbrach ihn hier Manfred, den Aufdringlichen mit etwas ernſten Blicken meſſend. — Ja ſo! — erwiederte dieſer — haben Sie vielleicht ſchon einmal von einem gewiſſen Dryander gehoͤrt? — Dem bekannten Dichter? — Der bin ich, ich reiſe eben auf Volkslieder, und jenes Frauenzimmer dort iſt meine Frau.
Nun ſtellte er die junge Dame mit dem Korn¬ blumenkranze vor, die ſo eben an einem Eckſteine noch ihre Schuhe feſtband, und ihnen, als ſie ſich nennen hoͤrte, ein munteres, etwas trotziges Geſichtchen zu¬
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zubringen, das Waͤgelchen wieder herzuſtellen und das
Pferd reichlich zu fuͤttern, das heute mehr die Sonne
als der Hafer geſtochen habe. Das ſieht hier gar
nicht ſchlecht aus, ſagte er dann, ſich zufrieden nach
allen Seiten umſehend, wem gehoͤrt das Schloß? —
Die Antwort des Jaͤgers aber ſchien ihn auf's hoͤchſte
zu uͤberraſchen. Was! dem Baron Manfred? rief er
aus, und flog ſogleich nach dem Schloſſe, wo er den
eben heraustretenden Baron beinah uͤbergerannt haͤtte.
— Waren Sie, ſagte er haſtig und ohne alle Einlei¬
tung, waren Sie nicht vor einiger Zeit auf Reiſen?
So ſind Sie ohne Zweifel der geweſene Braͤutigam
der ehemaligen Graͤfin Juanna, der damals auf dem
fuͤrſtlichen Schloſſe erwartet wurde! — Manfred be¬
jahte kurz und trocken. — Aber heirathen! rief der
Reiſende aus, wer wird eine wildſchoͤne Diana gleich
heirathen wollen! — Wer ſind Sie? unterbrach ihn
hier Manfred, den Aufdringlichen mit etwas ernſten
Blicken meſſend. — Ja ſo! — erwiederte dieſer —
haben Sie vielleicht ſchon einmal von einem gewiſſen
Dryander gehoͤrt? — Dem bekannten Dichter? — Der
bin ich, ich reiſe eben auf Volkslieder, und jenes
Frauenzimmer dort iſt meine Frau.
Nun ſtellte er die junge Dame mit dem Korn¬
blumenkranze vor, die ſo eben an einem Eckſteine noch
ihre Schuhe feſtband, und ihnen, als ſie ſich nennen
hoͤrte, ein munteres, etwas trotziges Geſichtchen zu¬
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/272>, abgerufen am 23.11.2024.
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