die auf dem Tisch liegende Guitarre, stellte sich vor das bezeichnete Fenster und sang:
Zwei Musikanten ziehn daher Vom Wald aus weiter Ferne, Der eine ist verliebt gar sehr, Der andere wär' es gerne.
Ich bitte dich, unterbrach ihn Walter, was singst du da für dummes Zeug! -- Wart' nur, 's kommt gleich klüger, erwiederte Fortunat und sang weiter:
Die stehn allhier im kalten Wind Und singen schön und geigen: Ob nicht ein süßverträumtes Kind Am Fenster sich wollt' zeigen?
Sein Wunsch ging wirklich in Erfüllung. Ein schönes Mädchen, noch ganz verschlafen, wie es schien, fuhr oben an's Fenster, schüttelte die Locken aus dem Gesichtchen und sah neugierig mit großen, frischen Augen durch die Scheiben. Als sie aber unten einen unbekannten, wohlgekleideten Mann erblickte, war sie eben so schnell wieder verschwunden. -- Walter wurde nun in der That unwillig, Fortunat aber griff immer lustiger in die Saiten, und sang wieder:
Mein Herz ist recht von Diamant, Eine Blum' von Edelsteinen, Die funkelt fröhlich über's Land, In tausend bunten Scheinen!
Und durch das Fenster, steigen ein Waldsrauschen und Gesänge, Da bricht der Sänger mit herein Im seligen Gedränge.
die auf dem Tiſch liegende Guitarre, ſtellte ſich vor das bezeichnete Fenſter und ſang:
Zwei Muſikanten ziehn daher Vom Wald aus weiter Ferne, Der eine iſt verliebt gar ſehr, Der andere waͤr' es gerne.
Ich bitte dich, unterbrach ihn Walter, was ſingſt du da fuͤr dummes Zeug! — Wart' nur, 's kommt gleich kluͤger, erwiederte Fortunat und ſang weiter:
Die ſtehn allhier im kalten Wind Und ſingen ſchoͤn und geigen: Ob nicht ein ſuͤßvertraͤumtes Kind Am Fenſter ſich wollt' zeigen?
Sein Wunſch ging wirklich in Erfuͤllung. Ein ſchoͤnes Maͤdchen, noch ganz verſchlafen, wie es ſchien, fuhr oben an's Fenſter, ſchuͤttelte die Locken aus dem Geſichtchen und ſah neugierig mit großen, friſchen Augen durch die Scheiben. Als ſie aber unten einen unbekannten, wohlgekleideten Mann erblickte, war ſie eben ſo ſchnell wieder verſchwunden. — Walter wurde nun in der That unwillig, Fortunat aber griff immer luſtiger in die Saiten, und ſang wieder:
Mein Herz iſt recht von Diamant, Eine Blum' von Edelſteinen, Die funkelt froͤhlich uͤber's Land, In tauſend bunten Scheinen!
Und durch das Fenſter, ſteigen ein Waldsrauſchen und Geſaͤnge, Da bricht der Saͤnger mit herein Im ſeligen Gedraͤnge.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0027"n="20"/>
die auf dem Tiſch liegende Guitarre, ſtellte ſich vor<lb/>
das bezeichnete Fenſter und ſang:</p><lb/><lgtype="poem"><l>Zwei Muſikanten ziehn daher</l><lb/><l>Vom Wald aus weiter Ferne,</l><lb/><l>Der eine iſt verliebt gar ſehr,</l><lb/><l>Der andere waͤr' es gerne.</l><lb/></lg><p>Ich bitte dich, unterbrach ihn Walter, was ſingſt<lb/>
du da fuͤr dummes Zeug! — Wart' nur, 's kommt<lb/>
gleich kluͤger, erwiederte Fortunat und ſang weiter:</p><lb/><lgtype="poem"><l>Die ſtehn allhier im kalten Wind</l><lb/><l>Und ſingen ſchoͤn und geigen:</l><lb/><l>Ob nicht ein ſuͤßvertraͤumtes Kind</l><lb/><l>Am Fenſter ſich wollt' zeigen?</l><lb/></lg><p>Sein Wunſch ging wirklich in Erfuͤllung. Ein<lb/>ſchoͤnes Maͤdchen, noch ganz verſchlafen, wie es ſchien,<lb/>
fuhr oben an's Fenſter, ſchuͤttelte die Locken aus dem<lb/>
Geſichtchen und ſah neugierig mit großen, friſchen<lb/>
Augen durch die Scheiben. Als ſie aber unten einen<lb/>
unbekannten, wohlgekleideten Mann erblickte, war ſie<lb/>
eben ſo ſchnell wieder verſchwunden. — Walter wurde<lb/>
nun in der That unwillig, Fortunat aber griff immer<lb/>
luſtiger in die Saiten, und ſang wieder:</p><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l>Mein Herz iſt recht von Diamant,</l><lb/><l>Eine Blum' von Edelſteinen,</l><lb/><l>Die funkelt froͤhlich uͤber's Land,</l><lb/><l>In tauſend bunten Scheinen!</l><lb/></lg><lgn="2"><l>Und durch das Fenſter, ſteigen ein</l><lb/><l>Waldsrauſchen und Geſaͤnge,</l><lb/><l>Da bricht der Saͤnger mit herein</l><lb/><l>Im ſeligen Gedraͤnge.</l><lb/></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[20/0027]
die auf dem Tiſch liegende Guitarre, ſtellte ſich vor
das bezeichnete Fenſter und ſang:
Zwei Muſikanten ziehn daher
Vom Wald aus weiter Ferne,
Der eine iſt verliebt gar ſehr,
Der andere waͤr' es gerne.
Ich bitte dich, unterbrach ihn Walter, was ſingſt
du da fuͤr dummes Zeug! — Wart' nur, 's kommt
gleich kluͤger, erwiederte Fortunat und ſang weiter:
Die ſtehn allhier im kalten Wind
Und ſingen ſchoͤn und geigen:
Ob nicht ein ſuͤßvertraͤumtes Kind
Am Fenſter ſich wollt' zeigen?
Sein Wunſch ging wirklich in Erfuͤllung. Ein
ſchoͤnes Maͤdchen, noch ganz verſchlafen, wie es ſchien,
fuhr oben an's Fenſter, ſchuͤttelte die Locken aus dem
Geſichtchen und ſah neugierig mit großen, friſchen
Augen durch die Scheiben. Als ſie aber unten einen
unbekannten, wohlgekleideten Mann erblickte, war ſie
eben ſo ſchnell wieder verſchwunden. — Walter wurde
nun in der That unwillig, Fortunat aber griff immer
luſtiger in die Saiten, und ſang wieder:
Mein Herz iſt recht von Diamant,
Eine Blum' von Edelſteinen,
Die funkelt froͤhlich uͤber's Land,
In tauſend bunten Scheinen!
Und durch das Fenſter, ſteigen ein
Waldsrauſchen und Geſaͤnge,
Da bricht der Saͤnger mit herein
Im ſeligen Gedraͤnge.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/27>, abgerufen am 28.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.