und schon die folgende Nacht segelt' er selber hinüber. Und so geschah es, daß aus demselben Morgenroth, in welchem Rom hinter Otto versank, die Gärten, Trüm¬ mer und Kuppeln vor dem glückseligen Fortunat duftig wieder emporstiegen.
Sein erster Gang war zu dem Palast des Mar¬ chese, mit klopfendem Herzen betrat er den stillen Hof. Er horchte, ob sich nicht irgendwo Fiametta's heitere Stimme vernehmen ließe, doch alles blieb lautlos, wie ausgestorben. So ging er durch die offene, luftige Säulenhalle in den Garten. Da sangen die Vögel und rauschten die Brunnen noch immer wie damals. Aber an der Hauptallee sah er Wäsche zum Trocknen aufgehängt, einzelne Ziegen weideten ungestört zwischen den verwilderten Blumenbeeten. Endlich glaubte er in einiger Entfernung Deutsch reden zu hören. Er ging dem Klange nach, und begegnete einem alten, unbe¬ kannten, etwas schäbigen Diener. Hastig fragte er nach dem Marchese A. und seiner Tochter. Der Alte sah ihn von oben bis unten an, und sagte dann ver¬ drießlich: dieser Palast sey von einem deutschen Kava¬ lier bewohnt. Fortunat war wie im Traum. -- Er verlangte nun, den Herrn zu sprechen. Der Bediente wies schweigend nach einer Laube, und ging fort, ohne sich weiter um den Gast zu bekümmern.
Hellen Halses aber mußte nun Fortunat aufla¬ chen, als er in die bezeichnete Laube trat und in dem
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und ſchon die folgende Nacht ſegelt' er ſelber hinuͤber. Und ſo geſchah es, daß aus demſelben Morgenroth, in welchem Rom hinter Otto verſank, die Gaͤrten, Truͤm¬ mer und Kuppeln vor dem gluͤckſeligen Fortunat duftig wieder emporſtiegen.
Sein erſter Gang war zu dem Palaſt des Mar¬ cheſe, mit klopfendem Herzen betrat er den ſtillen Hof. Er horchte, ob ſich nicht irgendwo Fiametta's heitere Stimme vernehmen ließe, doch alles blieb lautlos, wie ausgeſtorben. So ging er durch die offene, luftige Saͤulenhalle in den Garten. Da ſangen die Voͤgel und rauſchten die Brunnen noch immer wie damals. Aber an der Hauptallee ſah er Waͤſche zum Trocknen aufgehaͤngt, einzelne Ziegen weideten ungeſtoͤrt zwiſchen den verwilderten Blumenbeeten. Endlich glaubte er in einiger Entfernung Deutſch reden zu hoͤren. Er ging dem Klange nach, und begegnete einem alten, unbe¬ kannten, etwas ſchaͤbigen Diener. Haſtig fragte er nach dem Marcheſe A. und ſeiner Tochter. Der Alte ſah ihn von oben bis unten an, und ſagte dann ver¬ drießlich: dieſer Palaſt ſey von einem deutſchen Kava¬ lier bewohnt. Fortunat war wie im Traum. — Er verlangte nun, den Herrn zu ſprechen. Der Bediente wies ſchweigend nach einer Laube, und ging fort, ohne ſich weiter um den Gaſt zu bekuͤmmern.
Hellen Halſes aber mußte nun Fortunat aufla¬ chen, als er in die bezeichnete Laube trat und in dem
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und ſchon die folgende Nacht ſegelt' er ſelber hinuͤber.
Und ſo geſchah es, daß aus demſelben Morgenroth, in
welchem Rom hinter Otto verſank, die Gaͤrten, Truͤm¬
mer und Kuppeln vor dem gluͤckſeligen Fortunat duftig
wieder emporſtiegen.
Sein erſter Gang war zu dem Palaſt des Mar¬
cheſe, mit klopfendem Herzen betrat er den ſtillen Hof.
Er horchte, ob ſich nicht irgendwo Fiametta's heitere
Stimme vernehmen ließe, doch alles blieb lautlos, wie
ausgeſtorben. So ging er durch die offene, luftige
Saͤulenhalle in den Garten. Da ſangen die Voͤgel
und rauſchten die Brunnen noch immer wie damals.
Aber an der Hauptallee ſah er Waͤſche zum Trocknen
aufgehaͤngt, einzelne Ziegen weideten ungeſtoͤrt zwiſchen
den verwilderten Blumenbeeten. Endlich glaubte er in
einiger Entfernung Deutſch reden zu hoͤren. Er ging
dem Klange nach, und begegnete einem alten, unbe¬
kannten, etwas ſchaͤbigen Diener. Haſtig fragte er
nach dem Marcheſe A. und ſeiner Tochter. Der Alte
ſah ihn von oben bis unten an, und ſagte dann ver¬
drießlich: dieſer Palaſt ſey von einem deutſchen Kava¬
lier bewohnt. Fortunat war wie im Traum. — Er
verlangte nun, den Herrn zu ſprechen. Der Bediente
wies ſchweigend nach einer Laube, und ging fort, ohne
ſich weiter um den Gaſt zu bekuͤmmern.
Hellen Halſes aber mußte nun Fortunat aufla¬
chen, als er in die bezeichnete Laube trat und in dem
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/248>, abgerufen am 25.11.2024.
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