Mehrere Monate sind seitdem verflossen, die Sonne glüht auf den Quadern der öden Paläste und die Reichen sind längst auf ihre Villen geflüchtet, denn auf den Trümmern der alten Stadt sitzt die Aera cat¬ tiva schon wie ein verhülltes Gespenst, Fieber und Wahnsinn brütend. Wie ist Otto's Einsiedelei seitdem so seltsam verwildert! Die Ranken an der Hausthür wuchern bis über das Dach hinaus, in dem Gärtchen hat üppiges Unkraut, in rothen und gelben Blüten brennend, Beete und Gänge verschlungen. -- Da kehrte Otto eines Tages ermüdet von einem weiten Spaziergang zurück, er fand im Hause alles aus¬ geflogen, nur die Bienen summten einförmig in dem stillen Garten, er fühlte sich unbeschreiblich verlassen, Hausflur, Stuben und Bäume kamen ihm in der ungewohnten Einsamkeit auf einmal so fremd vor, daß er erschrak. Er ging einigemal im Garten auf und nieder, dann setzte er sich zwischen den tief herabhän¬ genden Zweigen an den Tisch, und schrieb folgende Zeilen:
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Achtzehntes Kapitel.
Mehrere Monate ſind ſeitdem verfloſſen, die Sonne gluͤht auf den Quadern der oͤden Palaͤſte und die Reichen ſind laͤngſt auf ihre Villen gefluͤchtet, denn auf den Truͤmmern der alten Stadt ſitzt die Aëra cat¬ tiva ſchon wie ein verhuͤlltes Geſpenſt, Fieber und Wahnſinn bruͤtend. Wie iſt Otto's Einſiedelei ſeitdem ſo ſeltſam verwildert! Die Ranken an der Hausthuͤr wuchern bis uͤber das Dach hinaus, in dem Gaͤrtchen hat uͤppiges Unkraut, in rothen und gelben Bluͤten brennend, Beete und Gaͤnge verſchlungen. — Da kehrte Otto eines Tages ermuͤdet von einem weiten Spaziergang zuruͤck, er fand im Hauſe alles aus¬ geflogen, nur die Bienen ſummten einfoͤrmig in dem ſtillen Garten, er fuͤhlte ſich unbeſchreiblich verlaſſen, Hausflur, Stuben und Baͤume kamen ihm in der ungewohnten Einſamkeit auf einmal ſo fremd vor, daß er erſchrak. Er ging einigemal im Garten auf und nieder, dann ſetzte er ſich zwiſchen den tief herabhaͤn¬ genden Zweigen an den Tiſch, und ſchrieb folgende Zeilen:
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Achtzehntes Kapitel.
Mehrere Monate ſind ſeitdem verfloſſen, die
Sonne gluͤht auf den Quadern der oͤden Palaͤſte und
die Reichen ſind laͤngſt auf ihre Villen gefluͤchtet, denn
auf den Truͤmmern der alten Stadt ſitzt die Aëra cat¬
tiva ſchon wie ein verhuͤlltes Geſpenſt, Fieber und
Wahnſinn bruͤtend. Wie iſt Otto's Einſiedelei ſeitdem
ſo ſeltſam verwildert! Die Ranken an der Hausthuͤr
wuchern bis uͤber das Dach hinaus, in dem Gaͤrtchen
hat uͤppiges Unkraut, in rothen und gelben Bluͤten
brennend, Beete und Gaͤnge verſchlungen. — Da
kehrte Otto eines Tages ermuͤdet von einem weiten
Spaziergang zuruͤck, er fand im Hauſe alles aus¬
geflogen, nur die Bienen ſummten einfoͤrmig in dem
ſtillen Garten, er fuͤhlte ſich unbeſchreiblich verlaſſen,
Hausflur, Stuben und Baͤume kamen ihm in der
ungewohnten Einſamkeit auf einmal ſo fremd vor, daß
er erſchrak. Er ging einigemal im Garten auf und
nieder, dann ſetzte er ſich zwiſchen den tief herabhaͤn¬
genden Zweigen an den Tiſch, und ſchrieb folgende
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/234>, abgerufen am 22.12.2024.
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