Eingange stehen, da er Fiametta, gleichfalls schlummernd, drin erblickte. Sie ruhte auf dem rechten Arme, das Gesicht von den losgelösten Locken halb verdeckt, heiter athmend, wie ein schönes Kind. Einige abgebrochene Worte hielten ihn fest. Sie sprach im Schlaf, immer deutlicher und zusammenhängender, aber zu seinem Erstaunen ganz in der ausländischen Weise, wie er selbst das Italienische zu sprechen pflegte. In wun¬ derlichem Dialog hörte er nun, wie er aus ihrem eigenen Munde ihr gestand, daß er sich nur so kalt stelle, daß er sie aber eigentlich herzlich liebe. -- Er erschrak, daß sie so aus seiner Seele redete. -- Nun lachte sie in sich, und entgegnete fröhlich: das wisse sie ja lange schon! -- Dann sprach sie leise, immer leiser, als spräch' sie ihm in's Ohr, er konnte nichts verstehen, bis sie zu¬ letzt, tief aufseufzend, sich zu regen begann.
Fortunat eilte ganz verwirrt nach dem Schlosse zurück, schon rührte sich's wieder in allen Straßen, der Postillon draußen mahnte zur Abreise, er warf sich schweigend in den Wagen, und das lieblichste Räthsel, das er nicht zu lösen wußte, erfüllte seine ganze Seele.
Eingange ſtehen, da er Fiametta, gleichfalls ſchlummernd, drin erblickte. Sie ruhte auf dem rechten Arme, das Geſicht von den losgeloͤſten Locken halb verdeckt, heiter athmend, wie ein ſchoͤnes Kind. Einige abgebrochene Worte hielten ihn feſt. Sie ſprach im Schlaf, immer deutlicher und zuſammenhaͤngender, aber zu ſeinem Erſtaunen ganz in der auslaͤndiſchen Weiſe, wie er ſelbſt das Italieniſche zu ſprechen pflegte. In wun¬ derlichem Dialog hoͤrte er nun, wie er aus ihrem eigenen Munde ihr geſtand, daß er ſich nur ſo kalt ſtelle, daß er ſie aber eigentlich herzlich liebe. — Er erſchrak, daß ſie ſo aus ſeiner Seele redete. — Nun lachte ſie in ſich, und entgegnete froͤhlich: das wiſſe ſie ja lange ſchon! — Dann ſprach ſie leiſe, immer leiſer, als ſpraͤch' ſie ihm in's Ohr, er konnte nichts verſtehen, bis ſie zu¬ letzt, tief aufſeufzend, ſich zu regen begann.
Fortunat eilte ganz verwirrt nach dem Schloſſe zuruͤck, ſchon ruͤhrte ſich's wieder in allen Straßen, der Poſtillon draußen mahnte zur Abreiſe, er warf ſich ſchweigend in den Wagen, und das lieblichſte Raͤthſel, das er nicht zu loͤſen wußte, erfuͤllte ſeine ganze Seele.
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Eingange ſtehen, da er Fiametta, gleichfalls ſchlummernd,
drin erblickte. Sie ruhte auf dem rechten Arme, das
Geſicht von den losgeloͤſten Locken halb verdeckt, heiter
athmend, wie ein ſchoͤnes Kind. Einige abgebrochene
Worte hielten ihn feſt. Sie ſprach im Schlaf, immer
deutlicher und zuſammenhaͤngender, aber zu ſeinem
Erſtaunen ganz in der auslaͤndiſchen Weiſe, wie er
ſelbſt das Italieniſche zu ſprechen pflegte. In wun¬
derlichem Dialog hoͤrte er nun, wie er aus ihrem eigenen
Munde ihr geſtand, daß er ſich nur ſo kalt ſtelle, daß er
ſie aber eigentlich herzlich liebe. — Er erſchrak, daß ſie
ſo aus ſeiner Seele redete. — Nun lachte ſie in ſich,
und entgegnete froͤhlich: das wiſſe ſie ja lange ſchon!
— Dann ſprach ſie leiſe, immer leiſer, als ſpraͤch' ſie
ihm in's Ohr, er konnte nichts verſtehen, bis ſie zu¬
letzt, tief aufſeufzend, ſich zu regen begann.
Fortunat eilte ganz verwirrt nach dem Schloſſe
zuruͤck, ſchon ruͤhrte ſich's wieder in allen Straßen,
der Poſtillon draußen mahnte zur Abreiſe, er warf
ſich ſchweigend in den Wagen, und das lieblichſte
Raͤthſel, das er nicht zu loͤſen wußte, erfuͤllte ſeine
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/233>, abgerufen am 21.11.2024.
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