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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.

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und ging durch die Saiten, daß es von Zeit zu Zeit
zwischen dem Plaudern und Lachen einen fröhlichen
Klang gab. -- Weiter zurück aber standen die zur
Musterung heraufbeschiedenen Schauspieler in ihren
besten Feierkleidern, ganz verwirrt unter den Fürsten
und Grafen, die sie doch so oft auf ihren Brettern
gespielt hatten. Vergebens suchten sie unter den frem¬
den Gesichtern den geraden Kriegshelden, den schlauen
Beichtvater, den falschen Minister, Herr Sorti vergaß
darüber ganz seine wohlersonnene, altmodische Anrede,
sie fanden alles anders, als sie sich's unten eingebildet
hatten. Mit ehrerbietiger Neugier blickten sie zuwei¬
len seitwärts durch die offene Thür in die prächtigen
Gemächer hinein, aus denen der glatte Fußboden, hohe
Spiegel und Statüen zwischen bronzenen Kandelabern
geheimnißvoll glänzten. Manches junge Herz aber
wünschte sich hundert Meilen von hier, denn unter der
Terrasse pfiffen die Vögel lustig in der alten Freiheit
und zwischen den Wipfeln blickte die Landschaft so hei¬
ter herauf, als rief es: kommt nur wieder hinunter,
da draußen ist's doch viel schöner!

Der Fürst, ein junger, schöner Mann in beque¬
mer Jagdkleidung, war unterdeß zu ihnen getreten,
und entschuldigte seine gestrige Vergeßlichkeit so leicht
und vornehm, daß sie ihm für ihren schlechten Em¬
pfang noch danken mußten. Er belobte Herrn Sorti
über die Eile, mit der er seiner Einladung gefolgt,

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und ging durch die Saiten, daß es von Zeit zu Zeit
zwiſchen dem Plaudern und Lachen einen froͤhlichen
Klang gab. — Weiter zuruͤck aber ſtanden die zur
Muſterung heraufbeſchiedenen Schauſpieler in ihren
beſten Feierkleidern, ganz verwirrt unter den Fuͤrſten
und Grafen, die ſie doch ſo oft auf ihren Brettern
geſpielt hatten. Vergebens ſuchten ſie unter den frem¬
den Geſichtern den geraden Kriegshelden, den ſchlauen
Beichtvater, den falſchen Miniſter, Herr Sorti vergaß
daruͤber ganz ſeine wohlerſonnene, altmodiſche Anrede,
ſie fanden alles anders, als ſie ſich's unten eingebildet
hatten. Mit ehrerbietiger Neugier blickten ſie zuwei¬
len ſeitwaͤrts durch die offene Thuͤr in die praͤchtigen
Gemaͤcher hinein, aus denen der glatte Fußboden, hohe
Spiegel und Statuͤen zwiſchen bronzenen Kandelabern
geheimnißvoll glaͤnzten. Manches junge Herz aber
wuͤnſchte ſich hundert Meilen von hier, denn unter der
Terraſſe pfiffen die Voͤgel luſtig in der alten Freiheit
und zwiſchen den Wipfeln blickte die Landſchaft ſo hei¬
ter herauf, als rief es: kommt nur wieder hinunter,
da draußen iſt's doch viel ſchoͤner!

Der Fuͤrſt, ein junger, ſchoͤner Mann in beque¬
mer Jagdkleidung, war unterdeß zu ihnen getreten,
und entſchuldigte ſeine geſtrige Vergeßlichkeit ſo leicht
und vornehm, daß ſie ihm fuͤr ihren ſchlechten Em¬
pfang noch danken mußten. Er belobte Herrn Sorti
uͤber die Eile, mit der er ſeiner Einladung gefolgt,

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[99/0106] und ging durch die Saiten, daß es von Zeit zu Zeit zwiſchen dem Plaudern und Lachen einen froͤhlichen Klang gab. — Weiter zuruͤck aber ſtanden die zur Muſterung heraufbeſchiedenen Schauſpieler in ihren beſten Feierkleidern, ganz verwirrt unter den Fuͤrſten und Grafen, die ſie doch ſo oft auf ihren Brettern geſpielt hatten. Vergebens ſuchten ſie unter den frem¬ den Geſichtern den geraden Kriegshelden, den ſchlauen Beichtvater, den falſchen Miniſter, Herr Sorti vergaß daruͤber ganz ſeine wohlerſonnene, altmodiſche Anrede, ſie fanden alles anders, als ſie ſich's unten eingebildet hatten. Mit ehrerbietiger Neugier blickten ſie zuwei¬ len ſeitwaͤrts durch die offene Thuͤr in die praͤchtigen Gemaͤcher hinein, aus denen der glatte Fußboden, hohe Spiegel und Statuͤen zwiſchen bronzenen Kandelabern geheimnißvoll glaͤnzten. Manches junge Herz aber wuͤnſchte ſich hundert Meilen von hier, denn unter der Terraſſe pfiffen die Voͤgel luſtig in der alten Freiheit und zwiſchen den Wipfeln blickte die Landſchaft ſo hei¬ ter herauf, als rief es: kommt nur wieder hinunter, da draußen iſt's doch viel ſchoͤner! Der Fuͤrſt, ein junger, ſchoͤner Mann in beque¬ mer Jagdkleidung, war unterdeß zu ihnen getreten, und entſchuldigte ſeine geſtrige Vergeßlichkeit ſo leicht und vornehm, daß ſie ihm fuͤr ihren ſchlechten Em¬ pfang noch danken mußten. Er belobte Herrn Sorti uͤber die Eile, mit der er ſeiner Einladung gefolgt, 7*

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/106>, abgerufen am 23.11.2024.