Der Träume tritt heraus, Freut sich, daß alles noch so hält, Daß noch das Spiel nicht aus.
Und nun geht's an ein Fleissigseyn!
Umsumsend Berg und Thal, Agiret lustig Groß und Klein, Den Plunder allzumal.
Die Sonne steiget einsam auf,
Ernst über Lust und Weh, Lenkt sie den ungestörten Lauf, In stiller Glorie. --
Und wie er dehnt die Flügel aus,
Und wie er auch sich stellt: Der Mensch kann nimmermehr hinaus, Aus dieser Narrenwelt.
Die beyden Freunde eilten sogleich auf das son¬ derbare Lied hinunter und aus dem Schlosse hin¬ aus. Die Wälder rauchten ringsum aus den Thä¬ lern, eine kühle Morgenluft griff stärkend an alle Glieder. Der Gesang hatte unterdeß aufgehört, doch erblickten sie in jener Gegend, wo er herge¬ kommen war, einen großen, schönen, ziemlich jun¬ gen Mann an dem Eingange des Waldes. Er stand auf und schien weggeh'n zu wollen, als er sie ge¬ wahr wurde; dann blieb er stehen und sah sie noch einmal an, kam darauf auf sie zu, faßte Frie¬ drich'n bey der Hand und sagte sehr gleichgültig: Willkommen Bruder! --
Der Menſch nun aus der tiefen Welt
Der Träume tritt heraus, Freut ſich, daß alles noch ſo hält, Daß noch das Spiel nicht aus.
Und nun geht's an ein Fleiſſigſeyn!
Umſumſend Berg und Thal, Agiret luſtig Groß und Klein, Den Plunder allzumal.
Die Sonne ſteiget einſam auf,
Ernſt über Luſt und Weh, Lenkt ſie den ungeſtörten Lauf, In ſtiller Glorie. —
Und wie er dehnt die Flügel aus,
Und wie er auch ſich ſtellt: Der Menſch kann nimmermehr hinaus, Aus dieſer Narrenwelt.
Die beyden Freunde eilten ſogleich auf das ſon¬ derbare Lied hinunter und aus dem Schloſſe hin¬ aus. Die Wälder rauchten ringsum aus den Thä¬ lern, eine kühle Morgenluft griff ſtärkend an alle Glieder. Der Geſang hatte unterdeß aufgehört, doch erblickten ſie in jener Gegend, wo er herge¬ kommen war, einen großen, ſchönen, ziemlich jun¬ gen Mann an dem Eingange des Waldes. Er ſtand auf und ſchien weggeh'n zu wollen, als er ſie ge¬ wahr wurde; dann blieb er ſtehen und ſah ſie noch einmal an, kam darauf auf ſie zu, faßte Frie¬ drich'n bey der Hand und ſagte ſehr gleichgültig: Willkommen Bruder! —
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Der Menſch nun aus der tiefen Welt
Der Träume tritt heraus,
Freut ſich, daß alles noch ſo hält,
Daß noch das Spiel nicht aus.
Und nun geht's an ein Fleiſſigſeyn!
Umſumſend Berg und Thal,
Agiret luſtig Groß und Klein,
Den Plunder allzumal.
Die Sonne ſteiget einſam auf,
Ernſt über Luſt und Weh,
Lenkt ſie den ungeſtörten Lauf,
In ſtiller Glorie. —
Und wie er dehnt die Flügel aus,
Und wie er auch ſich ſtellt:
Der Menſch kann nimmermehr hinaus,
Aus dieſer Narrenwelt.
Die beyden Freunde eilten ſogleich auf das ſon¬
derbare Lied hinunter und aus dem Schloſſe hin¬
aus. Die Wälder rauchten ringsum aus den Thä¬
lern, eine kühle Morgenluft griff ſtärkend an alle
Glieder. Der Geſang hatte unterdeß aufgehört,
doch erblickten ſie in jener Gegend, wo er herge¬
kommen war, einen großen, ſchönen, ziemlich jun¬
gen Mann an dem Eingange des Waldes. Er ſtand
auf und ſchien weggeh'n zu wollen, als er ſie ge¬
wahr wurde; dann blieb er ſtehen und ſah ſie noch
einmal an, kam darauf auf ſie zu, faßte Frie¬
drich'n bey der Hand und ſagte ſehr gleichgültig:
Willkommen Bruder! —
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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/414>, abgerufen am 23.11.2024.
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