Es ließ mir da oben nicht länger Ruh; ich eilte den Berg hinunter, ich wollte Julien, ihren Vater, den Viktor wiedersehen, die ganze Vergan¬ genheit noch einmal in Einem schnellen Zuge durch¬ leben und genießen. Tiefer unten am Abhange er¬ blickte ich den Reiter plötzlich wieder. Es war eine junge, hagere, verlebte Figur, durchaus modern, einer von den gang und gäben alten Jungen mit der Brille auf der Nase. Mich überlief ein Aerger, daß dieses modische, mir nur zu sehr bekannte Ge¬ zücht auch schon bis in diese glücklichverborgenen Thäler gedrungen war. Er aber sah mich flüchtig vornehm an, lenkte auf einen bequemeren, aber weiteren Umweg nach dem Schloß, und verschwand bald wieder.
Ein Bauer aus dem Dorfe des Herrn v. A., der auch von der Arbeit nach Hause gieng, hatte sich indeß neben mir eingefunden. Ich erinnerte mich seines Gesichts sogleich wieder, er aber kannte mich nicht mehr. Von diesem erfuhr ich nach einem schnell angeknüpften Gespräche, daß die Tante schon seit längerer Zeit todt sey. -- Ich fragte ihn darauf, wer der fremde Herr sey, der eben vorbey geritten. Er antwortete mir mit heimlicher Miene: Fräulein Juliens Bräutigam. --
Hier schüttelte Julie lächelnd den Kopf und wollte Leontins Erzählung unterbrechen. Leontin fuhr aber sogleich wieder fort:
Es ließ mir da oben nicht länger Ruh; ich eilte den Berg hinunter, ich wollte Julien, ihren Vater, den Viktor wiederſehen, die ganze Vergan¬ genheit noch einmal in Einem ſchnellen Zuge durch¬ leben und genießen. Tiefer unten am Abhange er¬ blickte ich den Reiter plötzlich wieder. Es war eine junge, hagere, verlebte Figur, durchaus modern, einer von den gang und gäben alten Jungen mit der Brille auf der Naſe. Mich überlief ein Aerger, daß dieſes modiſche, mir nur zu ſehr bekannte Ge¬ zücht auch ſchon bis in dieſe glücklichverborgenen Thäler gedrungen war. Er aber ſah mich flüchtig vornehm an, lenkte auf einen bequemeren, aber weiteren Umweg nach dem Schloß, und verſchwand bald wieder.
Ein Bauer aus dem Dorfe des Herrn v. A., der auch von der Arbeit nach Hauſe gieng, hatte ſich indeß neben mir eingefunden. Ich erinnerte mich ſeines Geſichts ſogleich wieder, er aber kannte mich nicht mehr. Von dieſem erfuhr ich nach einem ſchnell angeknüpften Geſpräche, daß die Tante ſchon ſeit längerer Zeit todt ſey. — Ich fragte ihn darauf, wer der fremde Herr ſey, der eben vorbey geritten. Er antwortete mir mit heimlicher Miene: Fräulein Juliens Bräutigam. —
Hier ſchüttelte Julie lächelnd den Kopf und wollte Leontins Erzählung unterbrechen. Leontin fuhr aber ſogleich wieder fort:
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Es ließ mir da oben nicht länger Ruh; ich
eilte den Berg hinunter, ich wollte Julien, ihren
Vater, den Viktor wiederſehen, die ganze Vergan¬
genheit noch einmal in Einem ſchnellen Zuge durch¬
leben und genießen. Tiefer unten am Abhange er¬
blickte ich den Reiter plötzlich wieder. Es war eine
junge, hagere, verlebte Figur, durchaus modern,
einer von den gang und gäben alten Jungen mit der
Brille auf der Naſe. Mich überlief ein Aerger,
daß dieſes modiſche, mir nur zu ſehr bekannte Ge¬
zücht auch ſchon bis in dieſe glücklichverborgenen
Thäler gedrungen war. Er aber ſah mich flüchtig
vornehm an, lenkte auf einen bequemeren, aber
weiteren Umweg nach dem Schloß, und verſchwand
bald wieder.
Ein Bauer aus dem Dorfe des Herrn v. A.,
der auch von der Arbeit nach Hauſe gieng, hatte
ſich indeß neben mir eingefunden. Ich erinnerte
mich ſeines Geſichts ſogleich wieder, er aber kannte
mich nicht mehr. Von dieſem erfuhr ich nach einem
ſchnell angeknüpften Geſpräche, daß die Tante
ſchon ſeit längerer Zeit todt ſey. — Ich fragte ihn
darauf, wer der fremde Herr ſey, der eben vorbey
geritten. Er antwortete mir mit heimlicher Miene:
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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/369>, abgerufen am 27.11.2024.
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