Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

gränzenloser Unordnung entfloh endlich der Feind
nach allen Seiten weit in die Thäler hinaus.

Nur auf einem einzigen Fleck wurde noch im¬
mer fortgefochten. Friedrich eilte hinzu und erkann¬
te immitten jenen Offizier wieder, der in der Resi¬
denz zu seinen Genossen gehörte. Dieser hatte sich,
von den Seinigen getrennt, schon einmal gefangen
gegeben, als er zufällig um den Anführer sei¬
ner Sieger fragte. Mehrere nannten einstimmig
Friedrich'n. Bey diesem Nahmen hatte er plötzlich
einem seiner Führer den Säbel entrissen und ver¬
suchte wüthend noch einmal sich durchzuschlagen.
Als er nun Friedrich'n selber erblickte, verdoppelte
er seine fast schon erschöpften Kräfte von neuem,
und hieb in Wuth blind um sich, bis er endlich von
der Menge entwaffnet wurde. Stillschweigend folg¬
te er nun, wohin sie ihn führten und wollte durch¬
aus kein Wort sprechen. Friedrich mochte ihn in
diesem Augenblicke nicht anreden.

Das Verfolgen des flüchtigen Feindes dauerte
bis gegen Abend. Da langte Friedrich mit den
Seinigen ermüdet auf einem altfränkischen Schlosse
an, das am Abhange des Gebirges stand. Hof und
Schloß stand leer; alle Bewohner hatten es aus
Furcht vor Freund und Feind feigherzig verlassen.
Der Trupp lagerte sich sogleich auf dem geräumigen
Hofe, dessen Pflaster schon hin und wieder mit
Gras überwachsen war. Rings um das Schloß
wurden Wachen ausgestellt.

gränzenloſer Unordnung entfloh endlich der Feind
nach allen Seiten weit in die Thäler hinaus.

Nur auf einem einzigen Fleck wurde noch im¬
mer fortgefochten. Friedrich eilte hinzu und erkann¬
te immitten jenen Offizier wieder, der in der Reſi¬
denz zu ſeinen Genoſſen gehörte. Dieſer hatte ſich,
von den Seinigen getrennt, ſchon einmal gefangen
gegeben, als er zufällig um den Anführer ſei¬
ner Sieger fragte. Mehrere nannten einſtimmig
Friedrich’n. Bey dieſem Nahmen hatte er plötzlich
einem ſeiner Führer den Säbel entriſſen und ver¬
ſuchte wüthend noch einmal ſich durchzuſchlagen.
Als er nun Friedrich'n ſelber erblickte, verdoppelte
er ſeine faſt ſchon erſchöpften Kräfte von neuem,
und hieb in Wuth blind um ſich, bis er endlich von
der Menge entwaffnet wurde. Stillſchweigend folg¬
te er nun, wohin ſie ihn führten und wollte durch¬
aus kein Wort ſprechen. Friedrich mochte ihn in
dieſem Augenblicke nicht anreden.

Das Verfolgen des flüchtigen Feindes dauerte
bis gegen Abend. Da langte Friedrich mit den
Seinigen ermüdet auf einem altfränkiſchen Schloſſe
an, das am Abhange des Gebirges ſtand. Hof und
Schloß ſtand leer; alle Bewohner hatten es aus
Furcht vor Freund und Feind feigherzig verlaſſen.
Der Trupp lagerte ſich ſogleich auf dem geräumigen
Hofe, deſſen Pflaſter ſchon hin und wieder mit
Gras überwachſen war. Rings um das Schloß
wurden Wachen ausgeſtellt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0344" n="338"/>
gränzenlo&#x017F;er Unordnung entfloh endlich der Feind<lb/>
nach allen Seiten weit in die Thäler hinaus.</p><lb/>
          <p>Nur auf einem einzigen Fleck wurde noch im¬<lb/>
mer fortgefochten. Friedrich eilte hinzu und erkann¬<lb/>
te immitten jenen Offizier wieder, der in der Re&#x017F;<lb/>
denz zu &#x017F;einen Geno&#x017F;&#x017F;en gehörte. Die&#x017F;er hatte &#x017F;ich,<lb/>
von den Seinigen getrennt, &#x017F;chon einmal gefangen<lb/>
gegeben, als er zufällig um den Anführer &#x017F;ei¬<lb/>
ner Sieger fragte. Mehrere nannten ein&#x017F;timmig<lb/>
Friedrich&#x2019;n. Bey die&#x017F;em Nahmen hatte er plötzlich<lb/>
einem &#x017F;einer Führer den Säbel entri&#x017F;&#x017F;en und ver¬<lb/>
&#x017F;uchte wüthend noch einmal &#x017F;ich durchzu&#x017F;chlagen.<lb/>
Als er nun Friedrich'n &#x017F;elber erblickte, verdoppelte<lb/>
er &#x017F;eine fa&#x017F;t &#x017F;chon er&#x017F;chöpften Kräfte von neuem,<lb/>
und hieb in Wuth blind um &#x017F;ich, bis er endlich von<lb/>
der Menge entwaffnet wurde. Still&#x017F;chweigend folg¬<lb/>
te er nun, wohin &#x017F;ie ihn führten und wollte durch¬<lb/>
aus kein Wort &#x017F;prechen. Friedrich mochte ihn in<lb/>
die&#x017F;em Augenblicke nicht anreden.</p><lb/>
          <p>Das Verfolgen des flüchtigen Feindes dauerte<lb/>
bis gegen Abend. Da langte Friedrich mit den<lb/>
Seinigen ermüdet auf einem altfränki&#x017F;chen Schlo&#x017F;&#x017F;e<lb/>
an, das am Abhange des Gebirges &#x017F;tand. Hof und<lb/>
Schloß &#x017F;tand leer; alle Bewohner hatten es aus<lb/>
Furcht vor Freund und Feind feigherzig verla&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Der Trupp lagerte &#x017F;ich &#x017F;ogleich auf dem geräumigen<lb/>
Hofe, de&#x017F;&#x017F;en Pfla&#x017F;ter &#x017F;chon hin und wieder mit<lb/>
Gras überwach&#x017F;en war. Rings um das Schloß<lb/>
wurden Wachen ausge&#x017F;tellt.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[338/0344] gränzenloſer Unordnung entfloh endlich der Feind nach allen Seiten weit in die Thäler hinaus. Nur auf einem einzigen Fleck wurde noch im¬ mer fortgefochten. Friedrich eilte hinzu und erkann¬ te immitten jenen Offizier wieder, der in der Reſi¬ denz zu ſeinen Genoſſen gehörte. Dieſer hatte ſich, von den Seinigen getrennt, ſchon einmal gefangen gegeben, als er zufällig um den Anführer ſei¬ ner Sieger fragte. Mehrere nannten einſtimmig Friedrich’n. Bey dieſem Nahmen hatte er plötzlich einem ſeiner Führer den Säbel entriſſen und ver¬ ſuchte wüthend noch einmal ſich durchzuſchlagen. Als er nun Friedrich'n ſelber erblickte, verdoppelte er ſeine faſt ſchon erſchöpften Kräfte von neuem, und hieb in Wuth blind um ſich, bis er endlich von der Menge entwaffnet wurde. Stillſchweigend folg¬ te er nun, wohin ſie ihn führten und wollte durch¬ aus kein Wort ſprechen. Friedrich mochte ihn in dieſem Augenblicke nicht anreden. Das Verfolgen des flüchtigen Feindes dauerte bis gegen Abend. Da langte Friedrich mit den Seinigen ermüdet auf einem altfränkiſchen Schloſſe an, das am Abhange des Gebirges ſtand. Hof und Schloß ſtand leer; alle Bewohner hatten es aus Furcht vor Freund und Feind feigherzig verlaſſen. Der Trupp lagerte ſich ſogleich auf dem geräumigen Hofe, deſſen Pflaſter ſchon hin und wieder mit Gras überwachſen war. Rings um das Schloß wurden Wachen ausgeſtellt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/344
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/344>, abgerufen am 23.11.2024.