Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.ihrer ewigen Burg, die großen Augen gedankenvoll In stiller Bucht, bey finst'rer Nacht, Schläft tief die Welt im Grunde,Die Berge rings steh'n auf der Wacht, Der Himmel macht die Runde, Geht um und um Ums Land herum Mit seinen goldnen Schaaren Die Frommen zu bewahren. Kommt nur heran mit Eurer List, Mit Leitern, Strick und Banden,Der Herr doch noch viel stärker ist, Macht Euern Witz zu Schanden. Wie war't Ihr klug! -- Nun schwindelt Trug Hinab vom Felsenrande -- Wie seyd Ihr dumm! o Schande! Gleichwie die Stämme in dem Wald Woll'n wir zusammenhalten,Ein' feste Burg, Trutz der Gewalt, Verbleiben treu die alten. ihrer ewigen Burg, die großen Augen gedankenvoll In ſtiller Bucht, bey finſt'rer Nacht, Schläft tief die Welt im Grunde,Die Berge rings ſteh'n auf der Wacht, Der Himmel macht die Runde, Geht um und um Ums Land herum Mit ſeinen goldnen Schaaren Die Frommen zu bewahren. Kommt nur heran mit Eurer Liſt, Mit Leitern, Strick und Banden,Der Herr doch noch viel ſtärker iſt, Macht Euern Witz zu Schanden. Wie war't Ihr klug! — Nun ſchwindelt Trug Hinab vom Felſenrande — Wie ſeyd Ihr dumm! o Schande! Gleichwie die Stämme in dem Wald Woll'n wir zuſammenhalten,Ein' feſte Burg, Trutz der Gewalt, Verbleiben treu die alten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0341" n="335"/> ihrer ewigen Burg, die großen Augen gedankenvoll<lb/> nach <hi rendition="#g">der</hi> Seite hingerichtet, wo die Sonne auf¬<lb/> geh'n ſollte. Friedrich lagerte ſich vorn auf einem<lb/> Felſen, der in das Thal hinausragte. Unten rings<lb/> um den Horizont war bereits ein heller Morgen¬<lb/> ſtreifen ſichtbar, kühle Winde kamen als Vorbothen<lb/> des Morgens angeflogen. Eine feyerliche, erwar¬<lb/> tungsvolle Stille war über die Schaar verbreitet,<lb/> einzelne Wachen nur hörte man von Zeit zu Zeit<lb/> weit über das Gebirge rufen. Ein Jäger vorn auf<lb/> dem Felſen begann folgendes Lied, in das immer<lb/> zuletzt alle die anderen mit einfielen:</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l rendition="#et">In ſtiller Bucht, bey finſt'rer Nacht,</l><lb/> <l>Schläft tief die Welt im Grunde,</l><lb/> <l>Die Berge rings ſteh'n auf der Wacht,</l><lb/> <l>Der Himmel macht die Runde,</l><lb/> <l>Geht um und um</l><lb/> <l>Ums Land herum</l><lb/> <l>Mit ſeinen goldnen Schaaren</l><lb/> <l>Die Frommen zu bewahren.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l rendition="#et">Kommt nur heran mit Eurer Liſt,</l><lb/> <l>Mit Leitern, Strick und Banden,</l><lb/> <l>Der Herr doch noch viel ſtärker iſt,</l><lb/> <l>Macht Euern Witz zu Schanden.</l><lb/> <l>Wie war't Ihr klug! —</l><lb/> <l>Nun ſchwindelt Trug</l><lb/> <l>Hinab vom Felſenrande —</l><lb/> <l>Wie ſeyd Ihr dumm! o Schande!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l rendition="#et">Gleichwie die Stämme in dem Wald</l><lb/> <l>Woll'n wir zuſammenhalten,</l><lb/> <l>Ein' feſte Burg, Trutz der Gewalt,</l><lb/> <l>Verbleiben treu die alten.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [335/0341]
ihrer ewigen Burg, die großen Augen gedankenvoll
nach der Seite hingerichtet, wo die Sonne auf¬
geh'n ſollte. Friedrich lagerte ſich vorn auf einem
Felſen, der in das Thal hinausragte. Unten rings
um den Horizont war bereits ein heller Morgen¬
ſtreifen ſichtbar, kühle Winde kamen als Vorbothen
des Morgens angeflogen. Eine feyerliche, erwar¬
tungsvolle Stille war über die Schaar verbreitet,
einzelne Wachen nur hörte man von Zeit zu Zeit
weit über das Gebirge rufen. Ein Jäger vorn auf
dem Felſen begann folgendes Lied, in das immer
zuletzt alle die anderen mit einfielen:
In ſtiller Bucht, bey finſt'rer Nacht,
Schläft tief die Welt im Grunde,
Die Berge rings ſteh'n auf der Wacht,
Der Himmel macht die Runde,
Geht um und um
Ums Land herum
Mit ſeinen goldnen Schaaren
Die Frommen zu bewahren.
Kommt nur heran mit Eurer Liſt,
Mit Leitern, Strick und Banden,
Der Herr doch noch viel ſtärker iſt,
Macht Euern Witz zu Schanden.
Wie war't Ihr klug! —
Nun ſchwindelt Trug
Hinab vom Felſenrande —
Wie ſeyd Ihr dumm! o Schande!
Gleichwie die Stämme in dem Wald
Woll'n wir zuſammenhalten,
Ein' feſte Burg, Trutz der Gewalt,
Verbleiben treu die alten.
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