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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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Er schlenderte einige Gassen in dem Schneegestöber
auf und ab. Da stieß der Marquis, den wir schon
aus Rosa's Briefe kennen, die hervorragenden Stei¬
ne mit den Zehen zierlich suchend, auf ihn. Er
hieng sich ihm sogleich, wie ein guter Bruder, in
den Arm, und erzählte ihm in Einem Redestrome
tausend Späße zum Todtlachen, wie er meynte, die
sich heut und gestern in der Stadt zugetragen, wel¬
che Damen heut vom Lande angekommen, wer ver¬
liebt sey und nicht wieder geliebt werde u. s. w.
Friedrich'n war die flache Lustigkeit des Wichtes heut
entsetzlich, und er ließ sich daher, da ihm dieser nur
die Wahl ließ, ihn entweder zu sich nach Hause,
oder in die Gesellschaft zum Minister zu begleiten,
gern zu dem letzteren mit fortschleppen. Denn bes¬
ser mit einem Haufen Narren, dachte er übellaunisch,
als mit einem allein.

Er fand einen zahlreichen und glänzenden Zir¬
kel. Die vielen Lichter, die prächtigen Kleider, der
glatte Fußboden, die zierlichen Reden, die hin und
wieder flogen, alles glänzte. Er wäre fast wieder
umgekehrt, so ganz ohne Schein kam er sich da auf
einmal vor. Vor allen erblickte er seine Rosa. Sie
hatte ein Rosa-sammtenes Kleid, ihre schwarzen
Locken ringelten sich in den weißen Busen hinab.
Der Erbprinz unterhielt sich lebhaft mit ihr. Sie
sah inzwischen mehreremal mit einer Art von trium¬
phirenden Blicken seitwärts auf Friedrich; sie wußte
wohl, wie schön sie war. Friedrich unterhielt sich
Gedankenvoll zerstreut rechts und links. Jene Frau

Er ſchlenderte einige Gaſſen in dem Schneegeſtöber
auf und ab. Da ſtieß der Marquis, den wir ſchon
aus Roſa's Briefe kennen, die hervorragenden Stei¬
ne mit den Zehen zierlich ſuchend, auf ihn. Er
hieng ſich ihm ſogleich, wie ein guter Bruder, in
den Arm, und erzählte ihm in Einem Redeſtrome
tauſend Späße zum Todtlachen, wie er meynte, die
ſich heut und geſtern in der Stadt zugetragen, wel¬
che Damen heut vom Lande angekommen, wer ver¬
liebt ſey und nicht wieder geliebt werde u. ſ. w.
Friedrich'n war die flache Luſtigkeit des Wichtes heut
entſetzlich, und er ließ ſich daher, da ihm dieſer nur
die Wahl ließ, ihn entweder zu ſich nach Hauſe,
oder in die Geſellſchaft zum Miniſter zu begleiten,
gern zu dem letzteren mit fortſchleppen. Denn beſ¬
ſer mit einem Haufen Narren, dachte er übellauniſch,
als mit einem allein.

Er fand einen zahlreichen und glänzenden Zir¬
kel. Die vielen Lichter, die prächtigen Kleider, der
glatte Fußboden, die zierlichen Reden, die hin und
wieder flogen, alles glänzte. Er wäre faſt wieder
umgekehrt, ſo ganz ohne Schein kam er ſich da auf
einmal vor. Vor allen erblickte er ſeine Roſa. Sie
hatte ein Roſa-ſammtenes Kleid, ihre ſchwarzen
Locken ringelten ſich in den weißen Buſen hinab.
Der Erbprinz unterhielt ſich lebhaft mit ihr. Sie
ſah inzwiſchen mehreremal mit einer Art von trium¬
phirenden Blicken ſeitwärts auf Friedrich; ſie wußte
wohl, wie ſchön ſie war. Friedrich unterhielt ſich
Gedankenvoll zerſtreut rechts und links. Jene Frau

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[250/0256] Er ſchlenderte einige Gaſſen in dem Schneegeſtöber auf und ab. Da ſtieß der Marquis, den wir ſchon aus Roſa's Briefe kennen, die hervorragenden Stei¬ ne mit den Zehen zierlich ſuchend, auf ihn. Er hieng ſich ihm ſogleich, wie ein guter Bruder, in den Arm, und erzählte ihm in Einem Redeſtrome tauſend Späße zum Todtlachen, wie er meynte, die ſich heut und geſtern in der Stadt zugetragen, wel¬ che Damen heut vom Lande angekommen, wer ver¬ liebt ſey und nicht wieder geliebt werde u. ſ. w. Friedrich'n war die flache Luſtigkeit des Wichtes heut entſetzlich, und er ließ ſich daher, da ihm dieſer nur die Wahl ließ, ihn entweder zu ſich nach Hauſe, oder in die Geſellſchaft zum Miniſter zu begleiten, gern zu dem letzteren mit fortſchleppen. Denn beſ¬ ſer mit einem Haufen Narren, dachte er übellauniſch, als mit einem allein. Er fand einen zahlreichen und glänzenden Zir¬ kel. Die vielen Lichter, die prächtigen Kleider, der glatte Fußboden, die zierlichen Reden, die hin und wieder flogen, alles glänzte. Er wäre faſt wieder umgekehrt, ſo ganz ohne Schein kam er ſich da auf einmal vor. Vor allen erblickte er ſeine Roſa. Sie hatte ein Roſa-ſammtenes Kleid, ihre ſchwarzen Locken ringelten ſich in den weißen Buſen hinab. Der Erbprinz unterhielt ſich lebhaft mit ihr. Sie ſah inzwiſchen mehreremal mit einer Art von trium¬ phirenden Blicken ſeitwärts auf Friedrich; ſie wußte wohl, wie ſchön ſie war. Friedrich unterhielt ſich Gedankenvoll zerſtreut rechts und links. Jene Frau

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/256>, abgerufen am 23.11.2024.