kenne sie nicht, antwortete der Wirth, aber eine vornehme Dame muß sie seyn, denn ein Wagen mit vier Pferden und Bedienten hat sie noch lange vor Tagesanbruch von hier abgeholt. -- Friedrich blickte bey diesen Worten durch s offene Fenster auf den Strom und die Berge drüben, welche heute Nacht stille Zeugen seiner Glückseligkeit gewesen waren. Jezt sah da draußen alles anders aus, und eine unbeschreibliche Bangigkeit flog durch sein Herz.
Die Pferde, welche die Studenten hierher be¬ stellt hatten, um darauf wieder zurückzureiten, harr¬ ten ihrer schon seit gestern unten. Auch Frie¬ drich hatte sich ein schönes, munteres Pferd ge¬ kauft, auf dem er nun ganz allein seine Reise fort¬ setzen wollte. Die Reisebundel daher nun schnell zusammengeschnürt, die langen Sporen umgeschnallt und alles schwang sich auf die rüstigen Klepper. Die Studenten beschloßen, den Grafen noch eine kleine Stre[c][k]e landeinwärts zu geleiten, und so ritt denn der ganze bunte Trupp in den heitern Morgen hinein. An einem Kreuzwege hielten sie endlich still und nahmen Abschied. Lebe wohl, sag¬ te einer von den Studenten zu Friedrich'n, du kommst nun in fremde Länder, unter fremde Men¬ schen, und wir sehen einander vielleicht nie mehr wieder. Vergiß uns nicht! Und wenn du einmal auf deinen Schlössern hausest, werde nicht wie alle andere, werde niemals ein trauriger, vornehmer, schmunzelnder, bequemer Philister! Denn, bey
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kenne ſie nicht, antwortete der Wirth, aber eine vornehme Dame muß ſie ſeyn, denn ein Wagen mit vier Pferden und Bedienten hat ſie noch lange vor Tagesanbruch von hier abgeholt. — Friedrich blickte bey dieſen Worten durch s offene Fenſter auf den Strom und die Berge drüben, welche heute Nacht ſtille Zeugen ſeiner Glückſeligkeit geweſen waren. Jezt ſah da draußen alles anders aus, und eine unbeſchreibliche Bangigkeit flog durch ſein Herz.
Die Pferde, welche die Studenten hierher be¬ ſtellt hatten, um darauf wieder zurückzureiten, harr¬ ten ihrer ſchon ſeit geſtern unten. Auch Frie¬ drich hatte ſich ein ſchönes, munteres Pferd ge¬ kauft, auf dem er nun ganz allein ſeine Reiſe fort¬ ſetzen wollte. Die Reiſebundel daher nun ſchnell zuſammengeſchnürt, die langen Sporen umgeſchnallt und alles ſchwang ſich auf die rüſtigen Klepper. Die Studenten beſchloßen, den Grafen noch eine kleine Stre[c][k]e landeinwärts zu geleiten, und ſo ritt denn der ganze bunte Trupp in den heitern Morgen hinein. An einem Kreuzwege hielten ſie endlich ſtill und nahmen Abſchied. Lebe wohl, ſag¬ te einer von den Studenten zu Friedrich'n, du kommſt nun in fremde Länder, unter fremde Men¬ ſchen, und wir ſehen einander vielleicht nie mehr wieder. Vergiß uns nicht! Und wenn du einmal auf deinen Schlöſſern hauſeſt, werde nicht wie alle andere, werde niemals ein trauriger, vornehmer, ſchmunzelnder, bequemer Philiſter! Denn, bey
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[17/0023]
kenne ſie nicht, antwortete der Wirth, aber eine
vornehme Dame muß ſie ſeyn, denn ein Wagen
mit vier Pferden und Bedienten hat ſie noch lange
vor Tagesanbruch von hier abgeholt. — Friedrich
blickte bey dieſen Worten durch s offene Fenſter auf
den Strom und die Berge drüben, welche heute
Nacht ſtille Zeugen ſeiner Glückſeligkeit geweſen
waren. Jezt ſah da draußen alles anders aus,
und eine unbeſchreibliche Bangigkeit flog durch ſein
Herz.
Die Pferde, welche die Studenten hierher be¬
ſtellt hatten, um darauf wieder zurückzureiten, harr¬
ten ihrer ſchon ſeit geſtern unten. Auch Frie¬
drich hatte ſich ein ſchönes, munteres Pferd ge¬
kauft, auf dem er nun ganz allein ſeine Reiſe fort¬
ſetzen wollte. Die Reiſebundel daher nun ſchnell
zuſammengeſchnürt, die langen Sporen umgeſchnallt
und alles ſchwang ſich auf die rüſtigen Klepper.
Die Studenten beſchloßen, den Grafen noch eine
kleine Strecke landeinwärts zu geleiten, und ſo
ritt denn der ganze bunte Trupp in den heitern
Morgen hinein. An einem Kreuzwege hielten ſie
endlich ſtill und nahmen Abſchied. Lebe wohl, ſag¬
te einer von den Studenten zu Friedrich'n, du
kommſt nun in fremde Länder, unter fremde Men¬
ſchen, und wir ſehen einander vielleicht nie mehr
wieder. Vergiß uns nicht! Und wenn du einmal
auf deinen Schlöſſern hauſeſt, werde nicht wie alle
andere, werde niemals ein trauriger, vornehmer,
ſchmunzelnder, bequemer Philiſter! Denn, bey
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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/23>, abgerufen am 27.11.2024.
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