Diesen Winter wird es hier besonders brillant werden. Wie schön wäre es, wenn wir ihn hier zusammen zubrächten! Komm, komm, gewiß!
Friedrich legte den Brief still wieder zusammen. Unwillkührlich summte ihm der Gassenhauer: "Freut euch des Lebens u. s. w.", den Leontin gewöhn¬ lich abzuleyern pflegte, wenn seine Schwester et¬ was nach ihrer Art Wichtiges vorbrachte, durch den Kopf. Der ganze Brief, wie von einem von Lust¬ barkeiten Athemlosen im Fluge abgeworfen, war wie eine Lücke in seinem Leben, durch die ihn ein fremdartiger, staubiger Wind anblies. Hab' ich's oben auf der Höhe nicht gesagt, daß Du in Dein Grab hinabsteigst? Wenn die Schönheit mit ihren frischen Augen, mit den jugendlichen Gedanken und Wünschen unter euch tritt, und, wie sie, die eigene, größere Lebenslust treibt, sorglos und lüstern in das liebewarme Leben hinauslangt und sproßt, sich an die feinen Spitzen, die zum Himmel streben, giftig anzusaugen und zur Erde hinabzuzerren, bis die ganze, prächtige Schönheit, fahl und ihres himmlischen Schmuckes beraubt, unter euch dasteht, wie eueres Gleichen -- die Hallunken!
Er öffnete das Fenster. Der herrliche Morgen lag draussen wie eine Verklärung über dem Lande, und wußte nichts von den menschlichen Wirrungen, nur von rüstigem Thun, Freudigkeit und Frieden. Friedrich spürte sich durch den Anblick innerlichst ge¬
Dieſen Winter wird es hier beſonders brillant werden. Wie ſchön wäre es, wenn wir ihn hier zuſammen zubrächten! Komm, komm, gewiß!
Friedrich legte den Brief ſtill wieder zuſammen. Unwillkührlich ſummte ihm der Gaſſenhauer: „Freut euch des Lebens u. ſ. w.“, den Leontin gewöhn¬ lich abzuleyern pflegte, wenn ſeine Schweſter et¬ was nach ihrer Art Wichtiges vorbrachte, durch den Kopf. Der ganze Brief, wie von einem von Luſt¬ barkeiten Athemloſen im Fluge abgeworfen, war wie eine Lücke in ſeinem Leben, durch die ihn ein fremdartiger, ſtaubiger Wind anblies. Hab' ich's oben auf der Höhe nicht geſagt, daß Du in Dein Grab hinabſteigſt? Wenn die Schönheit mit ihren friſchen Augen, mit den jugendlichen Gedanken und Wünſchen unter euch tritt, und, wie ſie, die eigene, größere Lebensluſt treibt, ſorglos und lüſtern in das liebewarme Leben hinauslangt und ſproßt, ſich an die feinen Spitzen, die zum Himmel ſtreben, giftig anzuſaugen und zur Erde hinabzuzerren, bis die ganze, prächtige Schönheit, fahl und ihres himmliſchen Schmuckes beraubt, unter euch daſteht, wie eueres Gleichen — die Hallunken!
Er öffnete das Fenſter. Der herrliche Morgen lag drauſſen wie eine Verklärung über dem Lande, und wußte nichts von den menſchlichen Wirrungen, nur von rüſtigem Thun, Freudigkeit und Frieden. Friedrich ſpürte ſich durch den Anblick innerlichſt ge¬
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Dieſen Winter wird es hier beſonders
brillant werden. Wie ſchön wäre es, wenn
wir ihn hier zuſammen zubrächten! Komm,
komm, gewiß!
Friedrich legte den Brief ſtill wieder zuſammen.
Unwillkührlich ſummte ihm der Gaſſenhauer: „Freut
euch des Lebens u. ſ. w.“, den Leontin gewöhn¬
lich abzuleyern pflegte, wenn ſeine Schweſter et¬
was nach ihrer Art Wichtiges vorbrachte, durch den
Kopf. Der ganze Brief, wie von einem von Luſt¬
barkeiten Athemloſen im Fluge abgeworfen, war
wie eine Lücke in ſeinem Leben, durch die ihn ein
fremdartiger, ſtaubiger Wind anblies. Hab' ich's
oben auf der Höhe nicht geſagt, daß Du in Dein
Grab hinabſteigſt? Wenn die Schönheit mit ihren
friſchen Augen, mit den jugendlichen Gedanken und
Wünſchen unter euch tritt, und, wie ſie, die eigene,
größere Lebensluſt treibt, ſorglos und lüſtern in
das liebewarme Leben hinauslangt und ſproßt, ſich
an die feinen Spitzen, die zum Himmel ſtreben,
giftig anzuſaugen und zur Erde hinabzuzerren, bis
die ganze, prächtige Schönheit, fahl und ihres
himmliſchen Schmuckes beraubt, unter euch daſteht,
wie eueres Gleichen — die Hallunken!
Er öffnete das Fenſter. Der herrliche Morgen
lag drauſſen wie eine Verklärung über dem Lande,
und wußte nichts von den menſchlichen Wirrungen,
nur von rüſtigem Thun, Freudigkeit und Frieden.
Friedrich ſpürte ſich durch den Anblick innerlichſt ge¬
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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/171>, abgerufen am 26.11.2024.
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