ritten beyde endlich Gedankenvoll auf das Schloß des Herrn v. A. zurück, wo sie spät in der Nacht anlangten.
Zehntes Kapitel.
Die alte, gleichförmige Ordnung der Lebens¬ weise kehrte nun wieder auf dem Schlosse zurück. Die beyden Gäste hatten auf vieles Bitten noch ei¬ nige Zeit zugeben müssen und lebten jeder auf sei¬ ne Weise fort. Friedrich dichtete wieder fleißig im Garten oder dem daran stossenden angenehmen Wäldchen. Meist war dabey irgend ein Buch aus der Bibliothek des Herrn v. A., wie es ihm grade in die Hände fiel, sein Begleiter. Seine Seele war dort so ungestört und heiter, daß er die ge¬ wöhnlichsten Romane mit jener Andacht und Frisch¬ heit der Phantasie ergriff, mit welcher wir in un¬ serer Kindheit solche Sachen lesen. Wer denkt nicht mit Vergnügen daran zurück, wie ihm zu Muthe war, als er den ersten Robinson oder Ritterroman las, aus dem ihm das frühste lüsterne Vorgefühl, die wunderbare Ahnung des ganzen, künftigen, reichen Lebens anwehte; wie zauberisch da alles aussah und jeder Buchstabe auf dem Papiere leben¬ dig wurde? Wenn ihm dann nach vielen Jahren ein solches Buch wieder in die Hand kommt, sucht
ritten beyde endlich Gedankenvoll auf das Schloß des Herrn v. A. zurück, wo ſie ſpät in der Nacht anlangten.
Zehntes Kapitel.
Die alte, gleichförmige Ordnung der Lebens¬ weiſe kehrte nun wieder auf dem Schloſſe zurück. Die beyden Gäſte hatten auf vieles Bitten noch ei¬ nige Zeit zugeben müſſen und lebten jeder auf ſei¬ ne Weiſe fort. Friedrich dichtete wieder fleißig im Garten oder dem daran ſtoſſenden angenehmen Wäldchen. Meiſt war dabey irgend ein Buch aus der Bibliothek des Herrn v. A., wie es ihm grade in die Hände fiel, ſein Begleiter. Seine Seele war dort ſo ungeſtört und heiter, daß er die ge¬ wöhnlichſten Romane mit jener Andacht und Friſch¬ heit der Phantaſie ergriff, mit welcher wir in un¬ ſerer Kindheit ſolche Sachen leſen. Wer denkt nicht mit Vergnügen daran zurück, wie ihm zu Muthe war, als er den erſten Robinſon oder Ritterroman las, aus dem ihm das frühſte lüſterne Vorgefühl, die wunderbare Ahnung des ganzen, künftigen, reichen Lebens anwehte; wie zauberiſch da alles ausſah und jeder Buchſtabe auf dem Papiere leben¬ dig wurde? Wenn ihm dann nach vielen Jahren ein ſolches Buch wieder in die Hand kommt, ſucht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0155"n="149"/>
ritten beyde endlich Gedankenvoll auf das Schloß<lb/>
des Herrn v. A. zurück, wo ſie ſpät in der Nacht<lb/>
anlangten.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div><divn="2"><head><hirendition="#g">Zehntes Kapitel</hi>.<lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Die alte, gleichförmige Ordnung der Lebens¬<lb/>
weiſe kehrte nun wieder auf dem Schloſſe zurück.<lb/>
Die beyden Gäſte hatten auf vieles Bitten noch ei¬<lb/>
nige Zeit zugeben müſſen und lebten jeder auf ſei¬<lb/>
ne Weiſe fort. Friedrich dichtete wieder fleißig im<lb/>
Garten oder dem daran ſtoſſenden angenehmen<lb/>
Wäldchen. Meiſt war dabey irgend ein Buch aus<lb/>
der Bibliothek des Herrn v. A., wie es ihm grade<lb/>
in die Hände fiel, ſein Begleiter. Seine Seele<lb/>
war dort ſo ungeſtört und heiter, daß er die ge¬<lb/>
wöhnlichſten Romane mit jener Andacht und Friſch¬<lb/>
heit der Phantaſie ergriff, mit welcher wir in un¬<lb/>ſerer Kindheit ſolche Sachen leſen. Wer denkt nicht<lb/>
mit Vergnügen daran zurück, wie ihm zu Muthe<lb/>
war, als er den erſten Robinſon oder Ritterroman<lb/>
las, aus dem ihm das frühſte lüſterne Vorgefühl,<lb/>
die wunderbare Ahnung des ganzen, künftigen,<lb/>
reichen Lebens anwehte; wie zauberiſch da alles<lb/>
ausſah und jeder Buchſtabe auf dem Papiere leben¬<lb/>
dig wurde? Wenn ihm dann nach vielen Jahren<lb/>
ein ſolches Buch wieder in die Hand kommt, ſucht<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[149/0155]
ritten beyde endlich Gedankenvoll auf das Schloß
des Herrn v. A. zurück, wo ſie ſpät in der Nacht
anlangten.
Zehntes Kapitel.
Die alte, gleichförmige Ordnung der Lebens¬
weiſe kehrte nun wieder auf dem Schloſſe zurück.
Die beyden Gäſte hatten auf vieles Bitten noch ei¬
nige Zeit zugeben müſſen und lebten jeder auf ſei¬
ne Weiſe fort. Friedrich dichtete wieder fleißig im
Garten oder dem daran ſtoſſenden angenehmen
Wäldchen. Meiſt war dabey irgend ein Buch aus
der Bibliothek des Herrn v. A., wie es ihm grade
in die Hände fiel, ſein Begleiter. Seine Seele
war dort ſo ungeſtört und heiter, daß er die ge¬
wöhnlichſten Romane mit jener Andacht und Friſch¬
heit der Phantaſie ergriff, mit welcher wir in un¬
ſerer Kindheit ſolche Sachen leſen. Wer denkt nicht
mit Vergnügen daran zurück, wie ihm zu Muthe
war, als er den erſten Robinſon oder Ritterroman
las, aus dem ihm das frühſte lüſterne Vorgefühl,
die wunderbare Ahnung des ganzen, künftigen,
reichen Lebens anwehte; wie zauberiſch da alles
ausſah und jeder Buchſtabe auf dem Papiere leben¬
dig wurde? Wenn ihm dann nach vielen Jahren
ein ſolches Buch wieder in die Hand kommt, ſucht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/155>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.