unglücklich machen, als die innern Gesin- nungen. Schon wenn ich an die Ver- gänglichkeit alles Irdischen denke, so werde ich die Verschiedenheit der irdischen Le- bensstellung nicht zu hoch anschlagen. Sie dauert ja nur einen Augenblick und hat im Grunde nicht viel mehr Bedeutung als die Verschiedenheit der Theaterrollen. Wenn ich an die Vorsehung glaube, so weiß ich, daß nicht der Zufall den Nachbar an seine und mich an meine Stelle gesetzt hat, sondern der himmlische Vater, der mit mir die besten Absichten hat, und mit väterlicher Liebe für mich besorgt ist. Wenn ich auf den Himmel hoffe, so erhebt mich diese Hoff- nung über Freuden und Leiden dieses ver- gänglichen Lebens. Neid und Mißgunst er- scheinen mir als Thorheit, und ich bin mit meinem Lebenslauf zufrieden, wenn ich ihn nur als Weg zum ewigen Ziel betrach- ten kann.
Jeder gläubige Christ muß das Leben so anschauen, und wer diese Gesinnungen hat, wird mitten unter den schweren Sor- gen dieses Lebens zufriedener und getrösteter sein, als der Millionär mit den Anschauungen des modernen Heidentums.
unglücklich machen, als die innern Gesin- nungen. Schon wenn ich an die Ver- gänglichkeit alles Irdischen denke, so werde ich die Verschiedenheit der irdischen Le- bensstellung nicht zu hoch anschlagen. Sie dauert ja nur einen Augenblick und hat im Grunde nicht viel mehr Bedeutung als die Verschiedenheit der Theaterrollen. Wenn ich an die Vorsehung glaube, so weiß ich, daß nicht der Zufall den Nachbar an seine und mich an meine Stelle gesetzt hat, sondern der himmlische Vater, der mit mir die besten Absichten hat, und mit väterlicher Liebe für mich besorgt ist. Wenn ich auf den Himmel hoffe, so erhebt mich diese Hoff- nung über Freuden und Leiden dieses ver- gänglichen Lebens. Neid und Mißgunst er- scheinen mir als Thorheit, und ich bin mit meinem Lebenslauf zufrieden, wenn ich ihn nur als Weg zum ewigen Ziel betrach- ten kann.
Jeder gläubige Christ muß das Leben so anschauen, und wer diese Gesinnungen hat, wird mitten unter den schweren Sor- gen dieses Lebens zufriedener und getrösteter sein, als der Millionär mit den Anschauungen des modernen Heidentums.
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unglücklich machen, als die innern Gesin-
nungen. Schon wenn ich an die Ver-
gänglichkeit alles Irdischen denke, so werde
ich die Verschiedenheit der irdischen Le-
bensstellung nicht zu hoch anschlagen. Sie
dauert ja nur einen Augenblick und hat
im Grunde nicht viel mehr Bedeutung
als die Verschiedenheit der Theaterrollen.
Wenn ich an die Vorsehung glaube, so weiß
ich, daß nicht der Zufall den Nachbar an
seine und mich an meine Stelle gesetzt hat,
sondern der himmlische Vater, der mit mir
die besten Absichten hat, und mit väterlicher
Liebe für mich besorgt ist. Wenn ich auf
den Himmel hoffe, so erhebt mich diese Hoff-
nung über Freuden und Leiden dieses ver-
gänglichen Lebens. Neid und Mißgunst er-
scheinen mir als Thorheit, und ich bin
mit meinem Lebenslauf zufrieden, wenn ich
ihn nur als Weg zum ewigen Ziel betrach-
ten kann.
Jeder gläubige Christ muß das Leben
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hat, wird mitten unter den schweren Sor-
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/51>, abgerufen am 28.11.2024.
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