3. Der selige Nikolaus sagt ferner: "Den gemeinen Nutzen sollt ihr bieder befördern helfen." Dem "gemeinen Nutzen" steht der Eigennutz, das eigene In- teresse feindselig gegenüber. In öffentlichen Angelegenheiten führen gar viele das große Wort, welche zu allerletzt an den "gemeinen Nutzen" denken. Was sie treibt, ist persön- licher Ehrgeiz, persönliches Interesse, per- sönliche Leidenschaft und Parteibefangenheit. Der Christ muß sich als Bürger von allen die- sen untergeordneten und unberechtigten Rück- sichten und Absichten loszumachen wissen, er muß mit Gott und seinem Gewissen aus- machen, was dem "gemeinen Nutzen" ent- spricht und ohne Eigennutz wie ohne Men- schenfurcht dafür einstehen. Ein paar verstän- dige Männer, welche ernstlich und aufrichtig nur den "gemeinen Nutzen" wollen und anstreben, und nicht ihr eigenes Interesse suchen, können ihren Gemeinden sehr viel nützen, und selbst, wenn diese verwahrlost sind, ihnen wieder aufhelfen. Wer auf den eigenen Nutzen verzichtet, der hat ein viel besseres Auge für den "gemeinen Nutzen". Mögen sie vielleicht momentan verkannt werden, so werden sie doch nach und nach Gehör und
3. Der selige Nikolaus sagt ferner: „Den gemeinen Nutzen sollt ihr bieder befördern helfen.“ Dem „gemeinen Nutzen“ steht der Eigennutz, das eigene In- teresse feindselig gegenüber. In öffentlichen Angelegenheiten führen gar viele das große Wort, welche zu allerletzt an den „gemeinen Nutzen“ denken. Was sie treibt, ist persön- licher Ehrgeiz, persönliches Interesse, per- sönliche Leidenschaft und Parteibefangenheit. Der Christ muß sich als Bürger von allen die- sen untergeordneten und unberechtigten Rück- sichten und Absichten loszumachen wissen, er muß mit Gott und seinem Gewissen aus- machen, was dem „gemeinen Nutzen“ ent- spricht und ohne Eigennutz wie ohne Men- schenfurcht dafür einstehen. Ein paar verstän- dige Männer, welche ernstlich und aufrichtig nur den „gemeinen Nutzen“ wollen und anstreben, und nicht ihr eigenes Interesse suchen, können ihren Gemeinden sehr viel nützen, und selbst, wenn diese verwahrlost sind, ihnen wieder aufhelfen. Wer auf den eigenen Nutzen verzichtet, der hat ein viel besseres Auge für den „gemeinen Nutzen“. Mögen sie vielleicht momentan verkannt werden, so werden sie doch nach und nach Gehör und
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3. Der selige Nikolaus sagt ferner: „Den
gemeinen Nutzen sollt ihr bieder
befördern helfen.“ Dem „gemeinen
Nutzen“ steht der Eigennutz, das eigene In-
teresse feindselig gegenüber. In öffentlichen
Angelegenheiten führen gar viele das große
Wort, welche zu allerletzt an den „gemeinen
Nutzen“ denken. Was sie treibt, ist persön-
licher Ehrgeiz, persönliches Interesse, per-
sönliche Leidenschaft und Parteibefangenheit.
Der Christ muß sich als Bürger von allen die-
sen untergeordneten und unberechtigten Rück-
sichten und Absichten loszumachen wissen,
er muß mit Gott und seinem Gewissen aus-
machen, was dem „gemeinen Nutzen“ ent-
spricht und ohne Eigennutz wie ohne Men-
schenfurcht dafür einstehen. Ein paar verstän-
dige Männer, welche ernstlich und aufrichtig
nur den „gemeinen Nutzen“ wollen und
anstreben, und nicht ihr eigenes Interesse
suchen, können ihren Gemeinden sehr viel
nützen, und selbst, wenn diese verwahrlost sind,
ihnen wieder aufhelfen. Wer auf den eigenen
Nutzen verzichtet, der hat ein viel besseres
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/275>, abgerufen am 22.11.2024.
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