schriften des Sittengesetzes, und während sie in der Schule Fortschritte machten, im sitt- lichen Leben rückwärts kamen.
Ferner tadelt es Augustin, daß die Schü- ler in der Schule schlüpferige Dichter in die Hände bekamen, und auch außer der Schule mit Vorliebe solche lasen. Augustin vergleicht die schönen Verse der Dichter mit einem kunstreichen Becher, in welchem ihnen ein berauschender Trank gereicht wurde. "Ich habe mit Lust getrunken," sagt Augustin, "und deswegen wurde ich ein hoffnungsvoller Schüler genannt. Aber so entzündete sich das Feuer der Leidenschaft in mir, so daß meine Jugend, wie zwischen Felsen und Ab- gründen fortgerissen, in die Tiefe schändlicher Laster versank." Augustin schildert in sei- nem Schicksale auch das manches hoffnungs- vollen Jünglings unserer Tage. Es ist über- aus gefährlich, wenn Schüler dieses Alters in Bezug auf die Lektüre mißleitet werden, oder auch nur ohne Aufsicht sich selbst über- lassen sind.
Es kann Anstalten geben, deren Leitern und Lehrern man durchaus nichts Ungehö- riges vorzuwerfen im Falle ist, und wo die Schüler doch verdorben werden. Wo die
schriften des Sittengesetzes, und während sie in der Schule Fortschritte machten, im sitt- lichen Leben rückwärts kamen.
Ferner tadelt es Augustin, daß die Schü- ler in der Schule schlüpferige Dichter in die Hände bekamen, und auch außer der Schule mit Vorliebe solche lasen. Augustin vergleicht die schönen Verse der Dichter mit einem kunstreichen Becher, in welchem ihnen ein berauschender Trank gereicht wurde. „Ich habe mit Lust getrunken,“ sagt Augustin, „und deswegen wurde ich ein hoffnungsvoller Schüler genannt. Aber so entzündete sich das Feuer der Leidenschaft in mir, so daß meine Jugend, wie zwischen Felsen und Ab- gründen fortgerissen, in die Tiefe schändlicher Laster versank.“ Augustin schildert in sei- nem Schicksale auch das manches hoffnungs- vollen Jünglings unserer Tage. Es ist über- aus gefährlich, wenn Schüler dieses Alters in Bezug auf die Lektüre mißleitet werden, oder auch nur ohne Aufsicht sich selbst über- lassen sind.
Es kann Anstalten geben, deren Leitern und Lehrern man durchaus nichts Ungehö- riges vorzuwerfen im Falle ist, und wo die Schüler doch verdorben werden. Wo die
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schriften des Sittengesetzes, und während sie
in der Schule Fortschritte machten, im sitt-
lichen Leben rückwärts kamen.
Ferner tadelt es Augustin, daß die Schü-
ler in der Schule schlüpferige Dichter in die
Hände bekamen, und auch außer der Schule
mit Vorliebe solche lasen. Augustin vergleicht
die schönen Verse der Dichter mit einem
kunstreichen Becher, in welchem ihnen ein
berauschender Trank gereicht wurde. „Ich
habe mit Lust getrunken,“ sagt Augustin,
„und deswegen wurde ich ein hoffnungsvoller
Schüler genannt. Aber so entzündete sich
das Feuer der Leidenschaft in mir, so daß
meine Jugend, wie zwischen Felsen und Ab-
gründen fortgerissen, in die Tiefe schändlicher
Laster versank.“ Augustin schildert in sei-
nem Schicksale auch das manches hoffnungs-
vollen Jünglings unserer Tage. Es ist über-
aus gefährlich, wenn Schüler dieses Alters
in Bezug auf die Lektüre mißleitet werden,
oder auch nur ohne Aufsicht sich selbst über-
lassen sind.
Es kann Anstalten geben, deren Leitern
und Lehrern man durchaus nichts Ungehö-
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/266>, abgerufen am 22.11.2024.
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