Sache zwei Seiten hat, und man darum überlegen muß, bevor man handelt. Ihn zur Besonnenheit und Vorsicht anzuleiten, ist Sache der Erziehung.
Damit hängt die weitere Forderung der Klugheit zusammen, daß man in jeder wich- tigen Sache Rat suche und Rat an- nehme. Die Bischöfe und Fürsten haben ihre Ratgeber, ohne deren Anhörung sie nichts von Bedeutung ausführen. Aber nicht bloß sie haben guten Rat notwendig. Der Jüngling ist des Rates um so bedürftiger, weil ihm die Erfahrung fehlt, weil die Wünsche seines Herzens ihn leicht befangen machen, und weil jeder in eigener Sache häufig sich selber ein unzuverlässiger Rat- geber ist. Die Empfänglichkeit für guten Rat ist aber eine Eigenschaft, die dem Jüng- ling durch eine verständige Erziehung bei- gebracht werden soll.
Die Klugheit verlangt ferner, daß man die Mittel anwende, welche der Zweck verlangt. Eine mangelhafte Erziehung ist schuld daran, wenn manche in zeitlichen und ewigen Angelegenheiten gleich lau und lang- sam und nachlässig sind. Das Hinausschie- ben von Dingen, die doch geschehen müssen,
Sache zwei Seiten hat, und man darum überlegen muß, bevor man handelt. Ihn zur Besonnenheit und Vorsicht anzuleiten, ist Sache der Erziehung.
Damit hängt die weitere Forderung der Klugheit zusammen, daß man in jeder wich- tigen Sache Rat suche und Rat an- nehme. Die Bischöfe und Fürsten haben ihre Ratgeber, ohne deren Anhörung sie nichts von Bedeutung ausführen. Aber nicht bloß sie haben guten Rat notwendig. Der Jüngling ist des Rates um so bedürftiger, weil ihm die Erfahrung fehlt, weil die Wünsche seines Herzens ihn leicht befangen machen, und weil jeder in eigener Sache häufig sich selber ein unzuverlässiger Rat- geber ist. Die Empfänglichkeit für guten Rat ist aber eine Eigenschaft, die dem Jüng- ling durch eine verständige Erziehung bei- gebracht werden soll.
Die Klugheit verlangt ferner, daß man die Mittel anwende, welche der Zweck verlangt. Eine mangelhafte Erziehung ist schuld daran, wenn manche in zeitlichen und ewigen Angelegenheiten gleich lau und lang- sam und nachlässig sind. Das Hinausschie- ben von Dingen, die doch geschehen müssen,
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[206/0220]
Sache zwei Seiten hat, und man darum
überlegen muß, bevor man handelt. Ihn
zur Besonnenheit und Vorsicht anzuleiten,
ist Sache der Erziehung.
Damit hängt die weitere Forderung der
Klugheit zusammen, daß man in jeder wich-
tigen Sache Rat suche und Rat an-
nehme. Die Bischöfe und Fürsten haben
ihre Ratgeber, ohne deren Anhörung sie
nichts von Bedeutung ausführen. Aber nicht
bloß sie haben guten Rat notwendig. Der
Jüngling ist des Rates um so bedürftiger,
weil ihm die Erfahrung fehlt, weil die
Wünsche seines Herzens ihn leicht befangen
machen, und weil jeder in eigener Sache
häufig sich selber ein unzuverlässiger Rat-
geber ist. Die Empfänglichkeit für guten
Rat ist aber eine Eigenschaft, die dem Jüng-
ling durch eine verständige Erziehung bei-
gebracht werden soll.
Die Klugheit verlangt ferner, daß man
die Mittel anwende, welche der Zweck
verlangt. Eine mangelhafte Erziehung ist
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/220>, abgerufen am 25.11.2024.
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