Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895].

Bild:
<< vorherige Seite

Tagesordnung ihre gebührende Stelle. Er
begann den Tag, indem er eine Stunde lang
betete und in der heiligen Schrift las. Und
er beschloß ihn mit der Gewissenserforschung
und dem Lesen zweier Kapitel aus dem Evan-
gelium. Paqueron bemerkt: "Wissenschaft,
ja; Kunst, ja; Handel, auch wohl; ich will
ja das alles auch, aber mit all dem und vor
allem dem will ich Brot, ich habe Hunger
nach dem Brote des Lebens."
- "Wo unser
Heiland nicht ist, da ersticke ich; und mit
einer Sache, für die man Gott nicht interes-
sieren kann, mag ich meine Zeit nicht ver-
lieren."
Den Trost seines Lebens fand er
in der heiligen Kommunion. Wie streng
er sich selber beurteilte, ergiebt sich daraus,
daß er sich Vorwürfe machte, weil er zu
hastig die Gelegenheit ergriff, einen zeitlichen
Gewinn zu machen. Ein anderes Mal ta-
delt er sich, daß er bei Erfüllung seiner
Amtspflichten zu sehr auf den materiellen
Vorteil sieht, den er für seine Kinder daraus
zu ziehen gedenkt. Man wird es nicht auf-
fallend finden, daß ein solcher Mann mit
Hintansetzung aller Menschenfurcht und mit
kühner Verachtung aller Spötter überall als
Christ und Katholik auftrat, und als solcher

Tagesordnung ihre gebührende Stelle. Er
begann den Tag, indem er eine Stunde lang
betete und in der heiligen Schrift las. Und
er beschloß ihn mit der Gewissenserforschung
und dem Lesen zweier Kapitel aus dem Evan-
gelium. Paqueron bemerkt: „Wissenschaft,
ja; Kunst, ja; Handel, auch wohl; ich will
ja das alles auch, aber mit all dem und vor
allem dem will ich Brot, ich habe Hunger
nach dem Brote des Lebens.“
„Wo unser
Heiland nicht ist, da ersticke ich; und mit
einer Sache, für die man Gott nicht interes-
sieren kann, mag ich meine Zeit nicht ver-
lieren.“
Den Trost seines Lebens fand er
in der heiligen Kommunion. Wie streng
er sich selber beurteilte, ergiebt sich daraus,
daß er sich Vorwürfe machte, weil er zu
hastig die Gelegenheit ergriff, einen zeitlichen
Gewinn zu machen. Ein anderes Mal ta-
delt er sich, daß er bei Erfüllung seiner
Amtspflichten zu sehr auf den materiellen
Vorteil sieht, den er für seine Kinder daraus
zu ziehen gedenkt. Man wird es nicht auf-
fallend finden, daß ein solcher Mann mit
Hintansetzung aller Menschenfurcht und mit
kühner Verachtung aller Spötter überall als
Christ und Katholik auftrat, und als solcher

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="24">
          <p><pb facs="#f0189" xml:id="E29V3_001_1895_pb0175_0001" n="175"/>
Tagesordnung ihre gebührende Stelle. Er<lb/>
begann den Tag, indem er eine Stunde lang<lb/>
betete und in der heiligen Schrift las. Und<lb/>
er beschloß ihn mit der Gewissenserforschung<lb/>
und dem Lesen zweier Kapitel aus dem Evan-<lb/>
gelium. Paqueron bemerkt: <q>&#x201E;Wissenschaft,<lb/>
ja; Kunst, ja; Handel, auch wohl; ich will<lb/>
ja das alles auch, aber mit all dem und vor<lb/>
allem dem will ich Brot, ich habe Hunger<lb/>
nach dem Brote des Lebens.&#x201C;</q> &#x2013; <q>&#x201E;Wo unser<lb/>
Heiland nicht ist, da ersticke ich; und mit<lb/>
einer Sache, für die man Gott nicht interes-<lb/>
sieren kann, mag ich meine Zeit nicht ver-<lb/>
lieren.&#x201C;</q> Den Trost seines Lebens fand er<lb/>
in der heiligen Kommunion. Wie streng<lb/>
er sich selber beurteilte, ergiebt sich daraus,<lb/>
daß er sich Vorwürfe machte, weil er zu<lb/>
hastig die Gelegenheit ergriff, einen zeitlichen<lb/>
Gewinn zu machen. Ein anderes Mal ta-<lb/>
delt er sich, daß er bei Erfüllung seiner<lb/>
Amtspflichten zu sehr auf den materiellen<lb/>
Vorteil sieht, den er für seine Kinder daraus<lb/>
zu ziehen gedenkt. Man wird es nicht auf-<lb/>
fallend finden, daß ein solcher Mann mit<lb/>
Hintansetzung aller Menschenfurcht und mit<lb/>
kühner Verachtung aller Spötter überall als<lb/>
Christ und Katholik auftrat, und als solcher<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0189] Tagesordnung ihre gebührende Stelle. Er begann den Tag, indem er eine Stunde lang betete und in der heiligen Schrift las. Und er beschloß ihn mit der Gewissenserforschung und dem Lesen zweier Kapitel aus dem Evan- gelium. Paqueron bemerkt: „Wissenschaft, ja; Kunst, ja; Handel, auch wohl; ich will ja das alles auch, aber mit all dem und vor allem dem will ich Brot, ich habe Hunger nach dem Brote des Lebens.“ – „Wo unser Heiland nicht ist, da ersticke ich; und mit einer Sache, für die man Gott nicht interes- sieren kann, mag ich meine Zeit nicht ver- lieren.“ Den Trost seines Lebens fand er in der heiligen Kommunion. Wie streng er sich selber beurteilte, ergiebt sich daraus, daß er sich Vorwürfe machte, weil er zu hastig die Gelegenheit ergriff, einen zeitlichen Gewinn zu machen. Ein anderes Mal ta- delt er sich, daß er bei Erfüllung seiner Amtspflichten zu sehr auf den materiellen Vorteil sieht, den er für seine Kinder daraus zu ziehen gedenkt. Man wird es nicht auf- fallend finden, daß ein solcher Mann mit Hintansetzung aller Menschenfurcht und mit kühner Verachtung aller Spötter überall als Christ und Katholik auftrat, und als solcher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/189
Zitationshilfe: Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/189>, abgerufen am 23.11.2024.