Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895].

Bild:
<< vorherige Seite

sind einst solche unschuldige Kinder gewesen.
Was wird aus diesem Kinde werden?
Noch ist alles zu hoffen, aber auch alles zu
fürchten. An dem Tage, wo Kaiser Karl V.
in Gent getauft wurde, machte der Hofnarr
dem kaiserlichen Prinzen einen Obstkern zum
Geschenke mit dem Spruche:

"Ein Samenkorn in der Erden Dir, Wiegenkind, ist es gleich, Aus beiden kann noch was werden, Die Keime ruhen in euch."

Aus dem Kinde wurde ein großer Herrscher
und aus dem Kern ein großer Baum, den
Karl besonders lieb hatte.

Noch ist die Saat in dem kleinen Kinde
nicht aufgegangen, und erst in der Folge
wird man sehen, was als Weizen und was
als Unkraut aufwächst. Ist diese Unge-
wißheit, diese Möglichkeit eines schlimmen
Ausganges nicht qualvoll für das Herz eines
christlichen Vaters, einer christlichen Mutter?
Wo kann es Hoffnung und Trost finden?
Nächst Gott am meisten bei sich selber. Gott
hat das zeitliche und ewige Los der Kinder zum
großen, zum größten Teil in die Hände der
Eltern gelegt. Durch eine gute christliche
Erziehung wird das Heil des Kindes in der

sind einst solche unschuldige Kinder gewesen.
Was wird aus diesem Kinde werden?
Noch ist alles zu hoffen, aber auch alles zu
fürchten. An dem Tage, wo Kaiser Karl V.
in Gent getauft wurde, machte der Hofnarr
dem kaiserlichen Prinzen einen Obstkern zum
Geschenke mit dem Spruche:

„Ein Samenkorn in der Erden Dir, Wiegenkind, ist es gleich, Aus beiden kann noch was werden, Die Keime ruhen in euch.“

Aus dem Kinde wurde ein großer Herrscher
und aus dem Kern ein großer Baum, den
Karl besonders lieb hatte.

Noch ist die Saat in dem kleinen Kinde
nicht aufgegangen, und erst in der Folge
wird man sehen, was als Weizen und was
als Unkraut aufwächst. Ist diese Unge-
wißheit, diese Möglichkeit eines schlimmen
Ausganges nicht qualvoll für das Herz eines
christlichen Vaters, einer christlichen Mutter?
Wo kann es Hoffnung und Trost finden?
Nächst Gott am meisten bei sich selber. Gott
hat das zeitliche und ewige Los der Kinder zum
großen, zum größten Teil in die Hände der
Eltern gelegt. Durch eine gute christliche
Erziehung wird das Heil des Kindes in der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="14">
          <p><pb facs="#f0121" xml:id="E29V3_001_1895_pb0107_0001" n="107"/>
sind einst solche unschuldige Kinder gewesen.<lb/>
Was wird aus <hi rendition="#g">diesem</hi> Kinde werden?<lb/>
Noch ist alles zu hoffen, aber auch alles zu<lb/>
fürchten. An dem Tage, wo Kaiser Karl V.<lb/>
in Gent getauft wurde, machte der Hofnarr<lb/>
dem kaiserlichen Prinzen einen Obstkern zum<lb/>
Geschenke mit dem Spruche:</p>
          <lg>
            <l rendition="#s">
              <q>&#x201E;Ein Samenkorn in der Erden</q>
            </l>
            <l rendition="#s">
              <q>Dir, Wiegenkind, ist es gleich,</q>
            </l>
            <l rendition="#s">
              <q>Aus beiden kann noch was werden,</q>
            </l>
            <l rendition="#s">
              <q>Die Keime ruhen in euch.&#x201C;</q>
            </l>
          </lg>
          <p>Aus dem Kinde wurde ein großer Herrscher<lb/>
und aus dem Kern ein großer Baum, den<lb/>
Karl besonders lieb hatte.</p>
          <p>Noch ist die Saat in dem kleinen Kinde<lb/>
nicht aufgegangen, und erst in der Folge<lb/>
wird man sehen, was als Weizen und was<lb/>
als Unkraut aufwächst. Ist diese Unge-<lb/>
wißheit, diese Möglichkeit eines schlimmen<lb/>
Ausganges nicht qualvoll für das Herz eines<lb/>
christlichen Vaters, einer christlichen Mutter?<lb/>
Wo kann es Hoffnung und Trost finden?<lb/>
Nächst Gott am meisten bei sich selber. Gott<lb/>
hat das zeitliche und ewige Los der Kinder zum<lb/>
großen, zum größten Teil in die Hände der<lb/>
Eltern gelegt. Durch eine gute christliche<lb/>
Erziehung wird das Heil des Kindes in der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0121] sind einst solche unschuldige Kinder gewesen. Was wird aus diesem Kinde werden? Noch ist alles zu hoffen, aber auch alles zu fürchten. An dem Tage, wo Kaiser Karl V. in Gent getauft wurde, machte der Hofnarr dem kaiserlichen Prinzen einen Obstkern zum Geschenke mit dem Spruche: „Ein Samenkorn in der Erden Dir, Wiegenkind, ist es gleich, Aus beiden kann noch was werden, Die Keime ruhen in euch.“ Aus dem Kinde wurde ein großer Herrscher und aus dem Kern ein großer Baum, den Karl besonders lieb hatte. Noch ist die Saat in dem kleinen Kinde nicht aufgegangen, und erst in der Folge wird man sehen, was als Weizen und was als Unkraut aufwächst. Ist diese Unge- wißheit, diese Möglichkeit eines schlimmen Ausganges nicht qualvoll für das Herz eines christlichen Vaters, einer christlichen Mutter? Wo kann es Hoffnung und Trost finden? Nächst Gott am meisten bei sich selber. Gott hat das zeitliche und ewige Los der Kinder zum großen, zum größten Teil in die Hände der Eltern gelegt. Durch eine gute christliche Erziehung wird das Heil des Kindes in der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/121
Zitationshilfe: Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/121>, abgerufen am 26.11.2024.