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[Eckstein, Ernst:] Dudler und Dulder. Studien über die Anmaßungen der Tonkunst. Leipzig, 1893.

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Form der Bewunderung kleidet, und sich diejenigen Individuen ausliest, welche den Typus der Gattung am reinsten und vollendetsten repräsentiren.

Die Schönheit fällt hier durchaus mit der Zweckmäßigkeit zusammen; sie ist eigentlich identisch mit der Gesundheit im prägnanten Sinne des Wortes, insofern nämlich jede störende Abweichung von der typischen Form auf einer Hemmung, d. h. auf einer Krankheit beruht.

Gesunde Zähne sind schön, weil sie zweckmäßig sind; denn sie gewährleisten durch eine vollständige Zerkleinerung der Speisen eine zweckmäßige Ernährung. Eine hohe, ebenmäßige Stirne ist schön, weil sie zweckmäßig ist, denn sie verbürgt eine Reihe psychischer Eigenschaften, die im Kampf ums Dasein günstig und fördernd sind. Eine breite, vollentwickelte Brust ist schön, weil sie zweckmäßig ist; denn sie bedeutet die Tauglichkeit der Atmungsorgane.

Umgekehrt berühren uns nicht nur die sogenannten Gebrechen, sondern alle irgend auffällig hervortretenden Abweichungen vom Zweckmäßigkeits-Typus unsympathisch.

Eine schmalhüftige Frauengestalt ist häßlich, weil die dürftige Entwickelung des Beckens das Schicksal der künftigen Generation compromitiirt. Ein im Punkte der Plastik stiefmütterlich behandelter Busen ist häßlich, weil er dem neugeborenen Kinde keine zweckentsprechende Nahrung gewährleistet.

Wo sich dagegen keinerlei Hemmung vorfindet, wo alle diejenigen Eigenschaften, die sich im Lauf der Jahrtausende als zweckmäßig für den Kampf ums Dasein bewährt haben, in möglichster Vollkommenheit ausgeprägt sind, da sprechen wir von vollendeter Schönheit, und je mehr sich ein Individuum diesem Typus nähert, um so entschiedener wird

Form der Bewunderung kleidet, und sich diejenigen Individuen ausliest, welche den Typus der Gattung am reinsten und vollendetsten repräsentiren.

Die Schönheit fällt hier durchaus mit der Zweckmäßigkeit zusammen; sie ist eigentlich identisch mit der Gesundheit im prägnanten Sinne des Wortes, insofern nämlich jede störende Abweichung von der typischen Form auf einer Hemmung, d. h. auf einer Krankheit beruht.

Gesunde Zähne sind schön, weil sie zweckmäßig sind; denn sie gewährleisten durch eine vollständige Zerkleinerung der Speisen eine zweckmäßige Ernährung. Eine hohe, ebenmäßige Stirne ist schön, weil sie zweckmäßig ist, denn sie verbürgt eine Reihe psychischer Eigenschaften, die im Kampf ums Dasein günstig und fördernd sind. Eine breite, vollentwickelte Brust ist schön, weil sie zweckmäßig ist; denn sie bedeutet die Tauglichkeit der Atmungsorgane.

Umgekehrt berühren uns nicht nur die sogenannten Gebrechen, sondern alle irgend auffällig hervortretenden Abweichungen vom Zweckmäßigkeits-Typus unsympathisch.

Eine schmalhüftige Frauengestalt ist häßlich, weil die dürftige Entwickelung des Beckens das Schicksal der künftigen Generation compromitiirt. Ein im Punkte der Plastik stiefmütterlich behandelter Busen ist häßlich, weil er dem neugeborenen Kinde keine zweckentsprechende Nahrung gewährleistet.

Wo sich dagegen keinerlei Hemmung vorfindet, wo alle diejenigen Eigenschaften, die sich im Lauf der Jahrtausende als zweckmäßig für den Kampf ums Dasein bewährt haben, in möglichster Vollkommenheit ausgeprägt sind, da sprechen wir von vollendeter Schönheit, und je mehr sich ein Individuum diesem Typus nähert, um so entschiedener wird

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        <p>Umgekehrt berühren uns nicht nur die sogenannten Gebrechen, sondern alle irgend auffällig hervortretenden Abweichungen vom Zweckmäßigkeits-Typus unsympathisch.</p>
        <p>Eine schmalhüftige Frauengestalt ist häßlich, weil die dürftige Entwickelung des Beckens das Schicksal der künftigen Generation compromitiirt. Ein im Punkte der Plastik stiefmütterlich behandelter Busen ist häßlich, weil er dem neugeborenen Kinde keine zweckentsprechende Nahrung gewährleistet.</p>
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[38/0040] Form der Bewunderung kleidet, und sich diejenigen Individuen ausliest, welche den Typus der Gattung am reinsten und vollendetsten repräsentiren. Die Schönheit fällt hier durchaus mit der Zweckmäßigkeit zusammen; sie ist eigentlich identisch mit der Gesundheit im prägnanten Sinne des Wortes, insofern nämlich jede störende Abweichung von der typischen Form auf einer Hemmung, d. h. auf einer Krankheit beruht. Gesunde Zähne sind schön, weil sie zweckmäßig sind; denn sie gewährleisten durch eine vollständige Zerkleinerung der Speisen eine zweckmäßige Ernährung. Eine hohe, ebenmäßige Stirne ist schön, weil sie zweckmäßig ist, denn sie verbürgt eine Reihe psychischer Eigenschaften, die im Kampf ums Dasein günstig und fördernd sind. Eine breite, vollentwickelte Brust ist schön, weil sie zweckmäßig ist; denn sie bedeutet die Tauglichkeit der Atmungsorgane. Umgekehrt berühren uns nicht nur die sogenannten Gebrechen, sondern alle irgend auffällig hervortretenden Abweichungen vom Zweckmäßigkeits-Typus unsympathisch. Eine schmalhüftige Frauengestalt ist häßlich, weil die dürftige Entwickelung des Beckens das Schicksal der künftigen Generation compromitiirt. Ein im Punkte der Plastik stiefmütterlich behandelter Busen ist häßlich, weil er dem neugeborenen Kinde keine zweckentsprechende Nahrung gewährleistet. Wo sich dagegen keinerlei Hemmung vorfindet, wo alle diejenigen Eigenschaften, die sich im Lauf der Jahrtausende als zweckmäßig für den Kampf ums Dasein bewährt haben, in möglichster Vollkommenheit ausgeprägt sind, da sprechen wir von vollendeter Schönheit, und je mehr sich ein Individuum diesem Typus nähert, um so entschiedener wird

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Zitationshilfe: [Eckstein, Ernst:] Dudler und Dulder. Studien über die Anmaßungen der Tonkunst. Leipzig, 1893, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckstein_dudler_1893/40>, abgerufen am 18.12.2024.