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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

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"Ferner bekam es mir schlecht, daß ich einsah, die
Newton'sche Lehre vom Licht und der Farbe sey ein
Irrthum, und daß ich den Muth hatte, dem allgemeinen
Credo zu widersprechen. Ich erkannte das Licht in
seiner Reinheit und Wahrheit und ich hielt es meines
Amtes, dafür zu streiten. Jene Partei aber trachtete
in allem Ernst, das Licht zu verfinstern, denn sie be¬
hauptete: das Schattige sey ein Theil des
Lichtes
. Es klingt absurd, wenn ich es so ausspreche,
aber doch ist es so. Denn man sagte: die Farben,
welche doch ein Schattiges und Durchschattetes sind,
seyen das Licht selber, oder, was auf eins hinaus¬
kommt, sie seyen des Lichtes bald so und bald
so gebrochene Strahlen
."

Goethe schwieg, während auf seinem bedeutenden
Gesicht ein ironisches Lächeln verbreitet war. Er fuhr
fort:

"Und nun gar in politischen Dingen! -- Was ich
da für Noth und was ich da zu leiden gehabt, mag
ich gar nicht sagen. Kennen sie meine Aufgeregten?"

Erst gestern, erwiederte ich, habe ich wegen der
neuen Ausgabe Ihrer Werke das Stück gelesen, und
von Herzen bedauert, daß es unvollendet geblieben.
Aber wie es auch ist, so wird sich jeder Wohldenkende
zu Ihrer Gesinnung bekennen.

"Ich schrieb es zur Zeit der französischen Revolution,
fuhr Goethe fort, und man kann es gewissermaßen als

„Ferner bekam es mir ſchlecht, daß ich einſah, die
Newton'ſche Lehre vom Licht und der Farbe ſey ein
Irrthum, und daß ich den Muth hatte, dem allgemeinen
Credo zu widerſprechen. Ich erkannte das Licht in
ſeiner Reinheit und Wahrheit und ich hielt es meines
Amtes, dafür zu ſtreiten. Jene Partei aber trachtete
in allem Ernſt, das Licht zu verfinſtern, denn ſie be¬
hauptete: das Schattige ſey ein Theil des
Lichtes
. Es klingt abſurd, wenn ich es ſo ausſpreche,
aber doch iſt es ſo. Denn man ſagte: die Farben,
welche doch ein Schattiges und Durchſchattetes ſind,
ſeyen das Licht ſelber, oder, was auf eins hinaus¬
kommt, ſie ſeyen des Lichtes bald ſo und bald
ſo gebrochene Strahlen
.“

Goethe ſchwieg, während auf ſeinem bedeutenden
Geſicht ein ironiſches Lächeln verbreitet war. Er fuhr
fort:

„Und nun gar in politiſchen Dingen! — Was ich
da für Noth und was ich da zu leiden gehabt, mag
ich gar nicht ſagen. Kennen ſie meine Aufgeregten?“

Erſt geſtern, erwiederte ich, habe ich wegen der
neuen Ausgabe Ihrer Werke das Stück geleſen, und
von Herzen bedauert, daß es unvollendet geblieben.
Aber wie es auch iſt, ſo wird ſich jeder Wohldenkende
zu Ihrer Geſinnung bekennen.

„Ich ſchrieb es zur Zeit der franzöſiſchen Revolution,
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[42/0064] „Ferner bekam es mir ſchlecht, daß ich einſah, die Newton'ſche Lehre vom Licht und der Farbe ſey ein Irrthum, und daß ich den Muth hatte, dem allgemeinen Credo zu widerſprechen. Ich erkannte das Licht in ſeiner Reinheit und Wahrheit und ich hielt es meines Amtes, dafür zu ſtreiten. Jene Partei aber trachtete in allem Ernſt, das Licht zu verfinſtern, denn ſie be¬ hauptete: das Schattige ſey ein Theil des Lichtes. Es klingt abſurd, wenn ich es ſo ausſpreche, aber doch iſt es ſo. Denn man ſagte: die Farben, welche doch ein Schattiges und Durchſchattetes ſind, ſeyen das Licht ſelber, oder, was auf eins hinaus¬ kommt, ſie ſeyen des Lichtes bald ſo und bald ſo gebrochene Strahlen.“ Goethe ſchwieg, während auf ſeinem bedeutenden Geſicht ein ironiſches Lächeln verbreitet war. Er fuhr fort: „Und nun gar in politiſchen Dingen! — Was ich da für Noth und was ich da zu leiden gehabt, mag ich gar nicht ſagen. Kennen ſie meine Aufgeregten?“ Erſt geſtern, erwiederte ich, habe ich wegen der neuen Ausgabe Ihrer Werke das Stück geleſen, und von Herzen bedauert, daß es unvollendet geblieben. Aber wie es auch iſt, ſo wird ſich jeder Wohldenkende zu Ihrer Geſinnung bekennen. „Ich ſchrieb es zur Zeit der franzöſiſchen Revolution, fuhr Goethe fort, und man kann es gewiſſermaßen als

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/64>, abgerufen am 23.11.2024.