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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

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Newton, sondern auch mit seinen in der ganzen Welt
verbreiteten Schülern zu thun haben, die ihrem Meister
anhängen und deren Zahl Legion ist. Gesetzt auch,
daß Sie am Ende recht behalten, so werden Sie gewiß
noch eine geraume Zeit mit Ihrer neuen Lehre allein stehen.

"Ich bin es gewohnt und bin darauf gefaßt, er¬
wiederte Goethe. Aber sagen Sie selbst, fuhr er fort,
konnte ich nicht stolz seyn, wenn ich mir seit zwanzig
Jahren gestehen mußte, daß der große Newton und
alle Mathematiker und erhabenen Rechner mit ihm in
Bezug auf die Farbenlehre sich in einem entschiedenen
Irrthum befänden und daß ich unter Millionen der
Einzige sey, der in diesem großen Natur-Gegenstande
allein das Rechte wisse? Mit diesem Gefühl der Supe¬
riorität war es mir denn möglich, die stupide Anma߬
lichkeit meiner Gegner zu ertragen. Man suchte mich
und meine Lehre auf alle Weise anzufeinden und meine
Ideen lächerlich zu machen; aber ich hatte nichtsdesto¬
weniger über mein vollendetes Werk eine große Freude.
Alle Angriffe meiner Gegner dienten mir nur, um die
Menschen in ihrer Schwäche zu sehen."

Während Goethe so mit einer Kraft und einem
Reichthum des Ausdruckes sprach, wie ich in ganzer
Wahrheit wiederzugeben nicht im Stande bin, glänzten
seine Augen von einem außerordentlichen Feuer. Man
sah darin den Ausdruck des Triumphs, während ein

Newton, ſondern auch mit ſeinen in der ganzen Welt
verbreiteten Schülern zu thun haben, die ihrem Meiſter
anhängen und deren Zahl Legion iſt. Geſetzt auch,
daß Sie am Ende recht behalten, ſo werden Sie gewiß
noch eine geraume Zeit mit Ihrer neuen Lehre allein ſtehen.

„Ich bin es gewohnt und bin darauf gefaßt, er¬
wiederte Goethe. Aber ſagen Sie ſelbſt, fuhr er fort,
konnte ich nicht ſtolz ſeyn, wenn ich mir ſeit zwanzig
Jahren geſtehen mußte, daß der große Newton und
alle Mathematiker und erhabenen Rechner mit ihm in
Bezug auf die Farbenlehre ſich in einem entſchiedenen
Irrthum befänden und daß ich unter Millionen der
Einzige ſey, der in dieſem großen Natur-Gegenſtande
allein das Rechte wiſſe? Mit dieſem Gefühl der Supe¬
riorität war es mir denn möglich, die ſtupide Anma߬
lichkeit meiner Gegner zu ertragen. Man ſuchte mich
und meine Lehre auf alle Weiſe anzufeinden und meine
Ideen lächerlich zu machen; aber ich hatte nichtsdeſto¬
weniger über mein vollendetes Werk eine große Freude.
Alle Angriffe meiner Gegner dienten mir nur, um die
Menſchen in ihrer Schwäche zu ſehen.“

Während Goethe ſo mit einer Kraft und einem
Reichthum des Ausdruckes ſprach, wie ich in ganzer
Wahrheit wiederzugeben nicht im Stande bin, glänzten
ſeine Augen von einem außerordentlichen Feuer. Man
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[29/0051] Newton, ſondern auch mit ſeinen in der ganzen Welt verbreiteten Schülern zu thun haben, die ihrem Meiſter anhängen und deren Zahl Legion iſt. Geſetzt auch, daß Sie am Ende recht behalten, ſo werden Sie gewiß noch eine geraume Zeit mit Ihrer neuen Lehre allein ſtehen. „Ich bin es gewohnt und bin darauf gefaßt, er¬ wiederte Goethe. Aber ſagen Sie ſelbſt, fuhr er fort, konnte ich nicht ſtolz ſeyn, wenn ich mir ſeit zwanzig Jahren geſtehen mußte, daß der große Newton und alle Mathematiker und erhabenen Rechner mit ihm in Bezug auf die Farbenlehre ſich in einem entſchiedenen Irrthum befänden und daß ich unter Millionen der Einzige ſey, der in dieſem großen Natur-Gegenſtande allein das Rechte wiſſe? Mit dieſem Gefühl der Supe¬ riorität war es mir denn möglich, die ſtupide Anma߬ lichkeit meiner Gegner zu ertragen. Man ſuchte mich und meine Lehre auf alle Weiſe anzufeinden und meine Ideen lächerlich zu machen; aber ich hatte nichtsdeſto¬ weniger über mein vollendetes Werk eine große Freude. Alle Angriffe meiner Gegner dienten mir nur, um die Menſchen in ihrer Schwäche zu ſehen.“ Während Goethe ſo mit einer Kraft und einem Reichthum des Ausdruckes ſprach, wie ich in ganzer Wahrheit wiederzugeben nicht im Stande bin, glänzten ſeine Augen von einem außerordentlichen Feuer. Man ſah darin den Ausdruck des Triumphs, während ein

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/51>, abgerufen am 23.11.2024.