auf ihm einige merkwürdige Inschriften, wie z. B. die folgende: "Die Chinesen sind ein Volk, das sehr viele Aehnlichkeit mit den Deutschen hat." "In älteren Zeiten, fuhr Goethe fort, waren auf den Landcharten die afrikanischen Wüsten mit Abbildungen wilder Thiere bezeichnet. Heut zu Tage aber thut man dergleichen nicht; vielmehr ziehen die Geographen vor, uns carte blanche zu lassen."
Mittwoch, den 6. Mai 1823*.
Abends bei Goethe. Er suchte mir einen Begriff seiner Farbenlehre zu geben. "Das Licht, sagte er, sey keineswegs eine Zusammensetzung verschiedener Farben; auch könne das Licht allein keine Farben hervor¬ bringen, vielmehr gehöre immer dazu eine gewisse Modification und Mischung von Licht und Schatten.
Dienstag, den 13. Mai 1823*.
Ich fand Goethe beschäftigt, seine kleinen Gedichtchen und Blättchen an Personen zusammen zu suchen. "In früheren Zeiten, sagte er, wo ich leichtsinniger mit meinen Sachen umging und Abschriften zu nehmen unter¬ ließ, sind hunderte solcher Gedichte verloren gegangen."
Montag, den 2. Juni 1823*.
Der Canzler, Riemer und Meyer waren bei Goethe. Man sprach über die Gedichte von Beranger und
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auf ihm einige merkwürdige Inſchriften, wie z. B. die folgende: „Die Chineſen ſind ein Volk, das ſehr viele Aehnlichkeit mit den Deutſchen hat.“ „In älteren Zeiten, fuhr Goethe fort, waren auf den Landcharten die afrikaniſchen Wüſten mit Abbildungen wilder Thiere bezeichnet. Heut zu Tage aber thut man dergleichen nicht; vielmehr ziehen die Geographen vor, uns carte blanche zu laſſen.“
Mittwoch, den 6. Mai 1823*.
Abends bei Goethe. Er ſuchte mir einen Begriff ſeiner Farbenlehre zu geben. „Das Licht, ſagte er, ſey keineswegs eine Zuſammenſetzung verſchiedener Farben; auch könne das Licht allein keine Farben hervor¬ bringen, vielmehr gehöre immer dazu eine gewiſſe Modification und Miſchung von Licht und Schatten.
Dienstag, den 13. Mai 1823*.
Ich fand Goethe beſchäftigt, ſeine kleinen Gedichtchen und Blättchen an Perſonen zuſammen zu ſuchen. „In früheren Zeiten, ſagte er, wo ich leichtſinniger mit meinen Sachen umging und Abſchriften zu nehmen unter¬ ließ, ſind hunderte ſolcher Gedichte verloren gegangen.“
Montag, den 2. Juni 1823*.
Der Canzler, Riemer und Meyer waren bei Goethe. Man ſprach über die Gedichte von Béranger und
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[19/0041]
auf ihm einige merkwürdige Inſchriften, wie z. B. die
folgende: „Die Chineſen ſind ein Volk, das ſehr viele
Aehnlichkeit mit den Deutſchen hat.“ „In älteren Zeiten,
fuhr Goethe fort, waren auf den Landcharten die
afrikaniſchen Wüſten mit Abbildungen wilder Thiere
bezeichnet. Heut zu Tage aber thut man dergleichen
nicht; vielmehr ziehen die Geographen vor, uns carte
blanche zu laſſen.“
Mittwoch, den 6. Mai 1823*.
Abends bei Goethe. Er ſuchte mir einen Begriff
ſeiner Farbenlehre zu geben. „Das Licht, ſagte er, ſey
keineswegs eine Zuſammenſetzung verſchiedener Farben;
auch könne das Licht allein keine Farben hervor¬
bringen, vielmehr gehöre immer dazu eine gewiſſe
Modification und Miſchung von Licht und Schatten.
Dienstag, den 13. Mai 1823*.
Ich fand Goethe beſchäftigt, ſeine kleinen Gedichtchen
und Blättchen an Perſonen zuſammen zu ſuchen. „In
früheren Zeiten, ſagte er, wo ich leichtſinniger mit
meinen Sachen umging und Abſchriften zu nehmen unter¬
ließ, ſind hunderte ſolcher Gedichte verloren gegangen.“
Montag, den 2. Juni 1823*.
Der Canzler, Riemer und Meyer waren bei Goethe.
Man ſprach über die Gedichte von Béranger und
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/41>, abgerufen am 24.11.2024.
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