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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

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daß diese halb starken, halb schwachen Seelen in einem
Labyrinth sich verlieren, aus dem für sie kein Ausweg
ist, als der Tod! -- Was sagt Ihr da zu Euch selber,
und welche Strafrede haltet Ihr Euch da? -- Und
nun wollt Ihr einen Schriftsteller zur Rechenschaft zie¬
hen und ein Werk verdammen, das, durch einige be¬
schränkte Geister falsch aufgefaßt, die Welt höchstens
von einem Dutzend Dummköpfen und Taugenichtsen
befreit hat, die gar nichts Besseres thun konnten, als
den schwachen Rest ihres Bißchen Lichtes vollends aus¬
zublasen. -- Ich dachte, ich hätte der Menschheit einen
wirklichen Dienst geleistet und ihren Dank verdient,
und nun kommt Ihr und wollt mir diese gute kleine
Waffenthat zum Verbrechen machen, während Ihr An¬
deren, Ihr Priester und Fürsten, Euch so Großes und
Starkes erlaubt!"

"Dieser Ausfall that auf meinen Bischof eine herr¬
liche Wirkung. Er ward so sanft, wie ein Lamm, und
benahm sich von nun an gegen mich in unserer weite¬
ren Unterhaltung mit der größten Höflichkeit und dem
feinsten Tact. Ich verlebte darauf mit ihm einen sehr
guten Abend. Denn Lord Bristol, so grob er seyn
konnte, war ein Mann von Geist und Welt, und durch¬
aus fähig, in die verschiedenartigsten Gegenstände ein¬
zugehen. Bei meinem Abschied gab er mir das Geleit
und ließ darauf durch seinen Abbe die Honneurs fort¬
setzen. Als ich mit diesem auf die Straße gelangt war,

daß dieſe halb ſtarken, halb ſchwachen Seelen in einem
Labyrinth ſich verlieren, aus dem für ſie kein Ausweg
iſt, als der Tod! — Was ſagt Ihr da zu Euch ſelber,
und welche Strafrede haltet Ihr Euch da? — Und
nun wollt Ihr einen Schriftſteller zur Rechenſchaft zie¬
hen und ein Werk verdammen, das, durch einige be¬
ſchränkte Geiſter falſch aufgefaßt, die Welt höchſtens
von einem Dutzend Dummköpfen und Taugenichtſen
befreit hat, die gar nichts Beſſeres thun konnten, als
den ſchwachen Reſt ihres Bißchen Lichtes vollends aus¬
zublaſen. — Ich dachte, ich hätte der Menſchheit einen
wirklichen Dienſt geleiſtet und ihren Dank verdient,
und nun kommt Ihr und wollt mir dieſe gute kleine
Waffenthat zum Verbrechen machen, während Ihr An¬
deren, Ihr Prieſter und Fürſten, Euch ſo Großes und
Starkes erlaubt!“

„Dieſer Ausfall that auf meinen Biſchof eine herr¬
liche Wirkung. Er ward ſo ſanft, wie ein Lamm, und
benahm ſich von nun an gegen mich in unſerer weite¬
ren Unterhaltung mit der größten Höflichkeit und dem
feinſten Tact. Ich verlebte darauf mit ihm einen ſehr
guten Abend. Denn Lord Briſtol, ſo grob er ſeyn
konnte, war ein Mann von Geiſt und Welt, und durch¬
aus fähig, in die verſchiedenartigſten Gegenſtände ein¬
zugehen. Bei meinem Abſchied gab er mir das Geleit
und ließ darauf durch ſeinen Abbé die Honneurs fort¬
ſetzen. Als ich mit dieſem auf die Straße gelangt war,

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[328/0350] daß dieſe halb ſtarken, halb ſchwachen Seelen in einem Labyrinth ſich verlieren, aus dem für ſie kein Ausweg iſt, als der Tod! — Was ſagt Ihr da zu Euch ſelber, und welche Strafrede haltet Ihr Euch da? — Und nun wollt Ihr einen Schriftſteller zur Rechenſchaft zie¬ hen und ein Werk verdammen, das, durch einige be¬ ſchränkte Geiſter falſch aufgefaßt, die Welt höchſtens von einem Dutzend Dummköpfen und Taugenichtſen befreit hat, die gar nichts Beſſeres thun konnten, als den ſchwachen Reſt ihres Bißchen Lichtes vollends aus¬ zublaſen. — Ich dachte, ich hätte der Menſchheit einen wirklichen Dienſt geleiſtet und ihren Dank verdient, und nun kommt Ihr und wollt mir dieſe gute kleine Waffenthat zum Verbrechen machen, während Ihr An¬ deren, Ihr Prieſter und Fürſten, Euch ſo Großes und Starkes erlaubt!“ „Dieſer Ausfall that auf meinen Biſchof eine herr¬ liche Wirkung. Er ward ſo ſanft, wie ein Lamm, und benahm ſich von nun an gegen mich in unſerer weite¬ ren Unterhaltung mit der größten Höflichkeit und dem feinſten Tact. Ich verlebte darauf mit ihm einen ſehr guten Abend. Denn Lord Briſtol, ſo grob er ſeyn konnte, war ein Mann von Geiſt und Welt, und durch¬ aus fähig, in die verſchiedenartigſten Gegenſtände ein¬ zugehen. Bei meinem Abſchied gab er mir das Geleit und ließ darauf durch ſeinen Abbé die Honneurs fort¬ ſetzen. Als ich mit dieſem auf die Straße gelangt war,

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/350>, abgerufen am 27.11.2024.