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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

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Folge politischer Ereignisse zu jener Zeit gewissermaßen
als ein neues zu betrachten war, nämlich in Genf,
wo denn auch Alles vollkommen gelang und der glück¬
liche Erfolg den Werth des Prinzips an den Tag legte.

"Dumont, erwiederte Goethe, ist eben ein gemäßig¬
ter Liberaler, wie es alle vernünftigen Leute sind und
seyn sollen, und wie ich selber es bin und in welchem
Sinne zu wirken ich während eines langen Lebens mich
bemüht habe."

"Der wahre Liberale, fuhr er fort, sucht mit den
Mitteln, die ihm zu Gebote stehen, so viel Gutes zu
bewirken, als er nur immer kann; aber er hütet sich,
die oft unvermeidlichen Mängel sogleich mit Feuer und
Schwert vertilgen zu wollen. Er ist bemüht, durch ein
kluges Vorschreiten die öffentlichen Gebrechen nach und
nach zu verdrängen, ohne durch gewaltsame Maßregeln
zugleich oft eben so viel Gutes mit zu verderben. Er
begnügt sich in dieser stets unvollkommenen Welt so
lange mit dem Guten, bis ihn, das Bessere zu errei¬
chen, Zeit und Umstände begünstigen."


Bei Frau v. Goethe zu Tische. Der junge Goethe
erzählte einiges Artige von seiner Großmutter, der Frau
Rath Goethe zu Frankfurt
, die er vor zwanzig
Jahren als Student besucht habe, und mit der er eines
Mittags beim Fürsten Primas zur Tafel geladen worden.

III. 19

Folge politiſcher Ereigniſſe zu jener Zeit gewiſſermaßen
als ein neues zu betrachten war, nämlich in Genf,
wo denn auch Alles vollkommen gelang und der glück¬
liche Erfolg den Werth des Prinzips an den Tag legte.

„Dumont, erwiederte Goethe, iſt eben ein gemäßig¬
ter Liberaler, wie es alle vernünftigen Leute ſind und
ſeyn ſollen, und wie ich ſelber es bin und in welchem
Sinne zu wirken ich während eines langen Lebens mich
bemüht habe.“

„Der wahre Liberale, fuhr er fort, ſucht mit den
Mitteln, die ihm zu Gebote ſtehen, ſo viel Gutes zu
bewirken, als er nur immer kann; aber er hütet ſich,
die oft unvermeidlichen Mängel ſogleich mit Feuer und
Schwert vertilgen zu wollen. Er iſt bemüht, durch ein
kluges Vorſchreiten die öffentlichen Gebrechen nach und
nach zu verdrängen, ohne durch gewaltſame Maßregeln
zugleich oft eben ſo viel Gutes mit zu verderben. Er
begnügt ſich in dieſer ſtets unvollkommenen Welt ſo
lange mit dem Guten, bis ihn, das Beſſere zu errei¬
chen, Zeit und Umſtände begünſtigen.“


Bei Frau v. Goethe zu Tiſche. Der junge Goethe
erzählte einiges Artige von ſeiner Großmutter, der Frau
Rath Goethe zu Frankfurt
, die er vor zwanzig
Jahren als Student beſucht habe, und mit der er eines
Mittags beim Fürſten Primas zur Tafel geladen worden.

III. 19
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[289/0311] Folge politiſcher Ereigniſſe zu jener Zeit gewiſſermaßen als ein neues zu betrachten war, nämlich in Genf, wo denn auch Alles vollkommen gelang und der glück¬ liche Erfolg den Werth des Prinzips an den Tag legte. „Dumont, erwiederte Goethe, iſt eben ein gemäßig¬ ter Liberaler, wie es alle vernünftigen Leute ſind und ſeyn ſollen, und wie ich ſelber es bin und in welchem Sinne zu wirken ich während eines langen Lebens mich bemüht habe.“ „Der wahre Liberale, fuhr er fort, ſucht mit den Mitteln, die ihm zu Gebote ſtehen, ſo viel Gutes zu bewirken, als er nur immer kann; aber er hütet ſich, die oft unvermeidlichen Mängel ſogleich mit Feuer und Schwert vertilgen zu wollen. Er iſt bemüht, durch ein kluges Vorſchreiten die öffentlichen Gebrechen nach und nach zu verdrängen, ohne durch gewaltſame Maßregeln zugleich oft eben ſo viel Gutes mit zu verderben. Er begnügt ſich in dieſer ſtets unvollkommenen Welt ſo lange mit dem Guten, bis ihn, das Beſſere zu errei¬ chen, Zeit und Umſtände begünſtigen.“ Sonnabend, den 6. Februar 1830. Bei Frau v. Goethe zu Tiſche. Der junge Goethe erzählte einiges Artige von ſeiner Großmutter, der Frau Rath Goethe zu Frankfurt, die er vor zwanzig Jahren als Student beſucht habe, und mit der er eines Mittags beim Fürſten Primas zur Tafel geladen worden. III. 19

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/311>, abgerufen am 21.11.2024.