Goethe erwähnte sodann die übrigen Glieder des Großherzoglichen Hauses, und wie durch alle der Zug eines edlen Charakters gehe. Er sprach über die Her¬ zensgüte des jetzigen Regenten, über die großen Hoff¬ nungen, zu denen der junge Prinz berechtige, und ver¬ breitete sich mit sichtbarer Liebe über die seltenen Eigen¬ schaften der jetzt regierenden hohen Fürstin, welche im edelsten Sinne große Mittel verwende, um überall Leiden zu lindern und gute Keime zu wecken. "Sie ist von jeher für das Land ein guter Engel gewesen, sagte er, und wird es mehr und mehr, je länger sie ihm verbun¬ den ist. Ich kenne die Großherzogin seit dem Jahre 1805, und habe Gelegenheit in Menge gehabt, ihren Geist und Charakter zu bewundern. Sie ist eine der besten und bedeutendsten Frauen unserer Zeit, und würde es seyn, wenn sie auch keine Fürstin wäre. Und das ist's eben, worauf es ankommt, daß, wenn auch der Purpur abgelegt worden, noch sehr viel Großes, ja eigentlich noch das Beste, übrig bleibe."
Wir sprachen sodann über die Einheit Deutschlands, und in welchem Sinne sie möglich und wünschenswerth.
"Mir ist nicht bange, sagte Goethe, daß Deutsch¬ land nicht eins werde; unsere guten Chausseen und künftigen Eisenbahnen werden schon das Ihrige thun. Vor Allem aber sey es eins in Liebe untereinander! und immer sey es eins gegen den auswärtigen Feind. Es sey eins, daß der deutsche Thaler und Groschen im
Goethe erwähnte ſodann die übrigen Glieder des Großherzoglichen Hauſes, und wie durch alle der Zug eines edlen Charakters gehe. Er ſprach über die Her¬ zensgüte des jetzigen Regenten, über die großen Hoff¬ nungen, zu denen der junge Prinz berechtige, und ver¬ breitete ſich mit ſichtbarer Liebe über die ſeltenen Eigen¬ ſchaften der jetzt regierenden hohen Fürſtin, welche im edelſten Sinne große Mittel verwende, um überall Leiden zu lindern und gute Keime zu wecken. „Sie iſt von jeher für das Land ein guter Engel geweſen, ſagte er, und wird es mehr und mehr, je länger ſie ihm verbun¬ den iſt. Ich kenne die Großherzogin ſeit dem Jahre 1805, und habe Gelegenheit in Menge gehabt, ihren Geiſt und Charakter zu bewundern. Sie iſt eine der beſten und bedeutendſten Frauen unſerer Zeit, und würde es ſeyn, wenn ſie auch keine Fürſtin wäre. Und das iſt's eben, worauf es ankommt, daß, wenn auch der Purpur abgelegt worden, noch ſehr viel Großes, ja eigentlich noch das Beſte, übrig bleibe.“
Wir ſprachen ſodann über die Einheit Deutſchlands, und in welchem Sinne ſie möglich und wünſchenswerth.
„Mir iſt nicht bange, ſagte Goethe, daß Deutſch¬ land nicht eins werde; unſere guten Chauſſeen und künftigen Eiſenbahnen werden ſchon das Ihrige thun. Vor Allem aber ſey es eins in Liebe untereinander! und immer ſey es eins gegen den auswärtigen Feind. Es ſey eins, daß der deutſche Thaler und Groſchen im
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Goethe erwähnte ſodann die übrigen Glieder des
Großherzoglichen Hauſes, und wie durch alle der Zug
eines edlen Charakters gehe. Er ſprach über die Her¬
zensgüte des jetzigen Regenten, über die großen Hoff¬
nungen, zu denen der junge Prinz berechtige, und ver¬
breitete ſich mit ſichtbarer Liebe über die ſeltenen Eigen¬
ſchaften der jetzt regierenden hohen Fürſtin, welche im
edelſten Sinne große Mittel verwende, um überall Leiden
zu lindern und gute Keime zu wecken. „Sie iſt von
jeher für das Land ein guter Engel geweſen, ſagte er,
und wird es mehr und mehr, je länger ſie ihm verbun¬
den iſt. Ich kenne die Großherzogin ſeit dem Jahre 1805,
und habe Gelegenheit in Menge gehabt, ihren Geiſt
und Charakter zu bewundern. Sie iſt eine der beſten
und bedeutendſten Frauen unſerer Zeit, und würde es
ſeyn, wenn ſie auch keine Fürſtin wäre. Und das iſt's
eben, worauf es ankommt, daß, wenn auch der Purpur
abgelegt worden, noch ſehr viel Großes, ja eigentlich
noch das Beſte, übrig bleibe.“
Wir ſprachen ſodann über die Einheit Deutſchlands,
und in welchem Sinne ſie möglich und wünſchenswerth.
„Mir iſt nicht bange, ſagte Goethe, daß Deutſch¬
land nicht eins werde; unſere guten Chauſſeen und
künftigen Eiſenbahnen werden ſchon das Ihrige thun.
Vor Allem aber ſey es eins in Liebe untereinander!
und immer ſey es eins gegen den auswärtigen Feind.
Es ſey eins, daß der deutſche Thaler und Groſchen im
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/292>, abgerufen am 22.11.2024.
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