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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

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Wirklich, dachte ich, sieht er auch so recht stattlich aus,
und es könnte ihm im Grunde einerlei seyn; mir aber
ist es nicht einerlei, denn ich bin nicht sicher, ob ich in
jenem Leibe nicht wieder zusammengehe und nicht wie¬
der so klein werde, wie zuvor. -- Um über diese An¬
gelegenheit ins Gewisse zu kommen, nahm ich meinen
Freund auf die Seite und fragte ihn: wie er sich in
meinen Gliedern fühle? Vollkommen gut! sagte er,
ich habe dieselbe Empfindung meines Wesens und mei¬
ner Kraft, wie sonst; ich weiß nicht, was du gegen
deine Glieder hast! sie sind mir völlig recht, und du
siehst, man muß nur etwas aus sich machen. Bleibe
in meinem Körper, so lange du Lust hast, denn ich bin
vollkommen zufrieden, für alle Zukunft in dem deinigen
zu verharren." Ueber diese Erklärung war ich sehr
froh, und indem auch ich in allen meinen Empfindun¬
gen, Gedanken und Erinnerungen mich völlig wie sonst
fühlte, kam mir im Traum der Eindruck einer vollkom¬
menen Unabhängigkeit unserer Seele und der Möglich¬
keit einer künftigen Existenz in einem andern Leibe.


"Ihr Traum ist sehr artig, sagte Goethe, als ich
ihm heute nach Tisch die Hauptzüge davon mittheilte.
Man sieht, fuhr er fort, daß die Musen Sie auch im
Schlaf besuchen, und zwar mit besonderer Gunst; denn
Sie werden gestehen, daß es Ihnen im wachen Zustande

Wirklich, dachte ich, ſieht er auch ſo recht ſtattlich aus,
und es könnte ihm im Grunde einerlei ſeyn; mir aber
iſt es nicht einerlei, denn ich bin nicht ſicher, ob ich in
jenem Leibe nicht wieder zuſammengehe und nicht wie¬
der ſo klein werde, wie zuvor. — Um über dieſe An¬
gelegenheit ins Gewiſſe zu kommen, nahm ich meinen
Freund auf die Seite und fragte ihn: wie er ſich in
meinen Gliedern fühle? Vollkommen gut! ſagte er,
ich habe dieſelbe Empfindung meines Weſens und mei¬
ner Kraft, wie ſonſt; ich weiß nicht, was du gegen
deine Glieder haſt! ſie ſind mir völlig recht, und du
ſiehſt, man muß nur etwas aus ſich machen. Bleibe
in meinem Körper, ſo lange du Luſt haſt, denn ich bin
vollkommen zufrieden, für alle Zukunft in dem deinigen
zu verharren.“ Ueber dieſe Erklärung war ich ſehr
froh, und indem auch ich in allen meinen Empfindun¬
gen, Gedanken und Erinnerungen mich völlig wie ſonſt
fühlte, kam mir im Traum der Eindruck einer vollkom¬
menen Unabhängigkeit unſerer Seele und der Möglich¬
keit einer künftigen Exiſtenz in einem andern Leibe.


„Ihr Traum iſt ſehr artig, ſagte Goethe, als ich
ihm heute nach Tiſch die Hauptzüge davon mittheilte.
Man ſieht, fuhr er fort, daß die Muſen Sie auch im
Schlaf beſuchen, und zwar mit beſonderer Gunſt; denn
Sie werden geſtehen, daß es Ihnen im wachen Zuſtande

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[245/0267] Wirklich, dachte ich, ſieht er auch ſo recht ſtattlich aus, und es könnte ihm im Grunde einerlei ſeyn; mir aber iſt es nicht einerlei, denn ich bin nicht ſicher, ob ich in jenem Leibe nicht wieder zuſammengehe und nicht wie¬ der ſo klein werde, wie zuvor. — Um über dieſe An¬ gelegenheit ins Gewiſſe zu kommen, nahm ich meinen Freund auf die Seite und fragte ihn: wie er ſich in meinen Gliedern fühle? Vollkommen gut! ſagte er, ich habe dieſelbe Empfindung meines Weſens und mei¬ ner Kraft, wie ſonſt; ich weiß nicht, was du gegen deine Glieder haſt! ſie ſind mir völlig recht, und du ſiehſt, man muß nur etwas aus ſich machen. Bleibe in meinem Körper, ſo lange du Luſt haſt, denn ich bin vollkommen zufrieden, für alle Zukunft in dem deinigen zu verharren.“ Ueber dieſe Erklärung war ich ſehr froh, und indem auch ich in allen meinen Empfindun¬ gen, Gedanken und Erinnerungen mich völlig wie ſonſt fühlte, kam mir im Traum der Eindruck einer vollkom¬ menen Unabhängigkeit unſerer Seele und der Möglich¬ keit einer künftigen Exiſtenz in einem andern Leibe. „Ihr Traum iſt ſehr artig, ſagte Goethe, als ich ihm heute nach Tiſch die Hauptzüge davon mittheilte. Man ſieht, fuhr er fort, daß die Muſen Sie auch im Schlaf beſuchen, und zwar mit beſonderer Gunſt; denn Sie werden geſtehen, daß es Ihnen im wachen Zuſtande

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/267>, abgerufen am 22.11.2024.