fortarbeiten konnte wie es ihm nur beliebte. -- Und zwar sehen wir an Allem, was er ausführte, immer die gleiche Kraft der Production, und wir kommen in allen seinen Stücken nirgend auf eine Stelle, von der man sagen könnte, sie sey nicht in der rechten Stim¬ mung und nicht mit dem vollkommensten Vermögen geschrieben. Indem wir ihn lesen, erhalten wir von ihm den Eindruck eines geistig wie körperlich durchaus und stets gesunden kräftigen Menschen."
"Gesetzt aber, eines dramatischen Dichters körper¬ liche Constitution wäre nicht so fest und vortrefflich, und er wäre vielmehr häufigen Kränklichkeiten und Schwächlichkeiten unterworfen, so würde die zur täg¬ lichen Ausführung seiner Scenen nöthige Productivität sicher sehr häufig stocken und oft wohl Tage lang gänz¬ lich mangeln. Wollte er nun, etwa durch geistige Ge¬ tränke, die mangelnde Productivität herbeinöthigen und die unzulängliche dadurch steigern, so würde das allen¬ falls auch wohl angehen, allein man würde es allen Scenen, die er auf solche Weise gewissermaßen for¬ cirt hätte, zu ihrem großen Nachtheil anmerken."
"Mein Rath ist daher, nichts zu forciren und alle unproductiven Tage und Stunden lieber zu vertän¬ deln und zu verschlafen, als in solchen Tagen etwas machen zu wollen, woran man später keine Freude hat."
Sie sprechen, erwiederte ich, etwas aus, was ich selber sehr oft erfahren und empfunden und was
fortarbeiten konnte wie es ihm nur beliebte. — Und zwar ſehen wir an Allem, was er ausführte, immer die gleiche Kraft der Production, und wir kommen in allen ſeinen Stücken nirgend auf eine Stelle, von der man ſagen könnte, ſie ſey nicht in der rechten Stim¬ mung und nicht mit dem vollkommenſten Vermögen geſchrieben. Indem wir ihn leſen, erhalten wir von ihm den Eindruck eines geiſtig wie körperlich durchaus und ſtets geſunden kräftigen Menſchen.“
„Geſetzt aber, eines dramatiſchen Dichters körper¬ liche Conſtitution wäre nicht ſo feſt und vortrefflich, und er wäre vielmehr häufigen Kränklichkeiten und Schwächlichkeiten unterworfen, ſo würde die zur täg¬ lichen Ausführung ſeiner Scenen nöthige Productivität ſicher ſehr häufig ſtocken und oft wohl Tage lang gänz¬ lich mangeln. Wollte er nun, etwa durch geiſtige Ge¬ tränke, die mangelnde Productivität herbeinöthigen und die unzulängliche dadurch ſteigern, ſo würde das allen¬ falls auch wohl angehen, allein man würde es allen Scenen, die er auf ſolche Weiſe gewiſſermaßen for¬ cirt hätte, zu ihrem großen Nachtheil anmerken.“
„Mein Rath iſt daher, nichts zu forciren und alle unproductiven Tage und Stunden lieber zu vertän¬ deln und zu verſchlafen, als in ſolchen Tagen etwas machen zu wollen, woran man ſpäter keine Freude hat.“
Sie ſprechen, erwiederte ich, etwas aus, was ich ſelber ſehr oft erfahren und empfunden und was
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fortarbeiten konnte wie es ihm nur beliebte. — Und
zwar ſehen wir an Allem, was er ausführte, immer die
gleiche Kraft der Production, und wir kommen in
allen ſeinen Stücken nirgend auf eine Stelle, von der
man ſagen könnte, ſie ſey nicht in der rechten Stim¬
mung und nicht mit dem vollkommenſten Vermögen
geſchrieben. Indem wir ihn leſen, erhalten wir von
ihm den Eindruck eines geiſtig wie körperlich durchaus
und ſtets geſunden kräftigen Menſchen.“
„Geſetzt aber, eines dramatiſchen Dichters körper¬
liche Conſtitution wäre nicht ſo feſt und vortrefflich,
und er wäre vielmehr häufigen Kränklichkeiten und
Schwächlichkeiten unterworfen, ſo würde die zur täg¬
lichen Ausführung ſeiner Scenen nöthige Productivität
ſicher ſehr häufig ſtocken und oft wohl Tage lang gänz¬
lich mangeln. Wollte er nun, etwa durch geiſtige Ge¬
tränke, die mangelnde Productivität herbeinöthigen und
die unzulängliche dadurch ſteigern, ſo würde das allen¬
falls auch wohl angehen, allein man würde es allen
Scenen, die er auf ſolche Weiſe gewiſſermaßen for¬
cirt hätte, zu ihrem großen Nachtheil anmerken.“
„Mein Rath iſt daher, nichts zu forciren und
alle unproductiven Tage und Stunden lieber zu vertän¬
deln und zu verſchlafen, als in ſolchen Tagen etwas
machen zu wollen, woran man ſpäter keine Freude hat.“
Sie ſprechen, erwiederte ich, etwas aus, was
ich ſelber ſehr oft erfahren und empfunden und was
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/260>, abgerufen am 25.11.2024.
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