mich, zu denken, daß sie mir begegnen könnte, und mein Erstaunen war daher nicht gering, als sie mir, sowie ich um die Ecke biegen wollte, wirklich an der¬ selbigen Stelle so entgegen trat, wie ich es vor etwa zehn Minuten im Geiste gesehen hatte.
"Das ist gleichfalls sehr merkwürdig und mehr als Zufall, erwiederte Goethe. Wie gesagt, wir tappen Alle in Geheimnissen und Wundern. Auch kann eine Seele auf die andere durch bloße stille Gegenwart ent¬ schieden einwirken, wovon ich mehrere Beispiele erzäh¬ len könnte. Es ist mir sehr oft passirt, daß wenn ich mit einem guten Bekannten ging und lebhaft an etwas dachte, dieser über das, was ich im Sinne hatte, so¬ gleich an zu reden fing. So habe ich einen Mann gekannt, der, ohne ein Wort zu sagen, durch bloße Geistesgewalt eine in heitern Gesprächen begriffene Ge¬ sellschaft plötzlich stille zu machen im Stande war. Ja er konnte auch eine Verstimmung hineinbringen, so daß es Allen unheimlich wurde."
"Wir haben Alle etwas von elektrischen und mag¬ netischen Kräften in uns, und üben, wie der Magnet selber, eine anziehende und abstoßende Gewalt aus, je nachdem wir mit etwas Gleichem oder Ungleichem in Berührung kommen. Es ist möglich, ja sogar wahr¬ scheinlich, daß wenn ein junges Mädchen in einem dunkeln Zimmer sich, ohne es zu wissen, mit einem Manne befände, der die Absicht hätte, sie zu ermor¬
mich, zu denken, daß ſie mir begegnen könnte, und mein Erſtaunen war daher nicht gering, als ſie mir, ſowie ich um die Ecke biegen wollte, wirklich an der¬ ſelbigen Stelle ſo entgegen trat, wie ich es vor etwa zehn Minuten im Geiſte geſehen hatte.
„Das iſt gleichfalls ſehr merkwürdig und mehr als Zufall, erwiederte Goethe. Wie geſagt, wir tappen Alle in Geheimniſſen und Wundern. Auch kann eine Seele auf die andere durch bloße ſtille Gegenwart ent¬ ſchieden einwirken, wovon ich mehrere Beiſpiele erzäh¬ len könnte. Es iſt mir ſehr oft paſſirt, daß wenn ich mit einem guten Bekannten ging und lebhaft an etwas dachte, dieſer über das, was ich im Sinne hatte, ſo¬ gleich an zu reden fing. So habe ich einen Mann gekannt, der, ohne ein Wort zu ſagen, durch bloße Geiſtesgewalt eine in heitern Geſprächen begriffene Ge¬ ſellſchaft plötzlich ſtille zu machen im Stande war. Ja er konnte auch eine Verſtimmung hineinbringen, ſo daß es Allen unheimlich wurde.“
„Wir haben Alle etwas von elektriſchen und mag¬ netiſchen Kräften in uns, und üben, wie der Magnet ſelber, eine anziehende und abſtoßende Gewalt aus, je nachdem wir mit etwas Gleichem oder Ungleichem in Berührung kommen. Es iſt möglich, ja ſogar wahr¬ ſcheinlich, daß wenn ein junges Mädchen in einem dunkeln Zimmer ſich, ohne es zu wiſſen, mit einem Manne befände, der die Abſicht hätte, ſie zu ermor¬
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mich, zu denken, daß ſie mir begegnen könnte, und
mein Erſtaunen war daher nicht gering, als ſie mir,
ſowie ich um die Ecke biegen wollte, wirklich an der¬
ſelbigen Stelle ſo entgegen trat, wie ich es vor etwa
zehn Minuten im Geiſte geſehen hatte.
„Das iſt gleichfalls ſehr merkwürdig und mehr als
Zufall, erwiederte Goethe. Wie geſagt, wir tappen
Alle in Geheimniſſen und Wundern. Auch kann eine
Seele auf die andere durch bloße ſtille Gegenwart ent¬
ſchieden einwirken, wovon ich mehrere Beiſpiele erzäh¬
len könnte. Es iſt mir ſehr oft paſſirt, daß wenn ich
mit einem guten Bekannten ging und lebhaft an etwas
dachte, dieſer über das, was ich im Sinne hatte, ſo¬
gleich an zu reden fing. So habe ich einen Mann
gekannt, der, ohne ein Wort zu ſagen, durch bloße
Geiſtesgewalt eine in heitern Geſprächen begriffene Ge¬
ſellſchaft plötzlich ſtille zu machen im Stande war.
Ja er konnte auch eine Verſtimmung hineinbringen, ſo
daß es Allen unheimlich wurde.“
„Wir haben Alle etwas von elektriſchen und mag¬
netiſchen Kräften in uns, und üben, wie der Magnet
ſelber, eine anziehende und abſtoßende Gewalt aus, je
nachdem wir mit etwas Gleichem oder Ungleichem in
Berührung kommen. Es iſt möglich, ja ſogar wahr¬
ſcheinlich, daß wenn ein junges Mädchen in einem
dunkeln Zimmer ſich, ohne es zu wiſſen, mit einem
Manne befände, der die Abſicht hätte, ſie zu ermor¬
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/222>, abgerufen am 28.11.2024.
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