der Mühe werth, ihnen zu Liebe es noch einige funfzig Jahre auszuhalten."
Donnerstag, den 1. März 1827.
Bei Goethe zu Tisch. -- Er erzählte mir, daß er eine Sendung vom Grafen Sternberg und Zauper er¬ halten, die ihm Freude mache. Sodann verhandelten wir viel über die Farbenlehre, über die subjectiven pris¬ matischen Versuche und über die Gesetze, nach denen der Regenbogen sich bildet. Er freute sich über meine fortwährend sich vergrößernde Theilnahme an diesen schwierigen Gegenständen.
Mittwoch, den 21. März 1827.
Goethe zeigte mir ein Büchelchen von Hinrichs über das Wesen der antiken Tragödie. "Ich habe es mit großem Interesse gelesen, sagte er. -- Hinrichs hat besonders den Oedip und die Antigone von Sophokles als Grundlage genommen, um daran seine Ansichten zu entwickeln. Es ist sehr merkwürdig und ich will es Ihnen mitgeben, damit Sie es auch lesen und wir darüber sprechen können. Ich bin nun keineswegs seiner Meinung; aber es ist im hohen Grade lehrreich, zu sehen, wie ein so durch und durch philosophisch ge¬ bildeter Mensch von dem eigenthümlichen Standpunkt seiner Schule aus ein dichterisches Kunstwerk ansieht. Ich will heute nichts weiter sagen, um Ihnen nicht
der Mühe werth, ihnen zu Liebe es noch einige funfzig Jahre auszuhalten.“
Donnerstag, den 1. März 1827.
Bei Goethe zu Tiſch. — Er erzählte mir, daß er eine Sendung vom Grafen Sternberg und Zauper er¬ halten, die ihm Freude mache. Sodann verhandelten wir viel über die Farbenlehre, über die ſubjectiven pris¬ matiſchen Verſuche und über die Geſetze, nach denen der Regenbogen ſich bildet. Er freute ſich über meine fortwährend ſich vergrößernde Theilnahme an dieſen ſchwierigen Gegenſtänden.
Mittwoch, den 21. März 1827.
Goethe zeigte mir ein Büchelchen von Hinrichs über das Weſen der antiken Tragödie. „Ich habe es mit großem Intereſſe geleſen, ſagte er. — Hinrichs hat beſonders den Oedip und die Antigone von Sophokles als Grundlage genommen, um daran ſeine Anſichten zu entwickeln. Es iſt ſehr merkwürdig und ich will es Ihnen mitgeben, damit Sie es auch leſen und wir darüber ſprechen können. Ich bin nun keineswegs ſeiner Meinung; aber es iſt im hohen Grade lehrreich, zu ſehen, wie ein ſo durch und durch philoſophiſch ge¬ bildeter Menſch von dem eigenthümlichen Standpunkt ſeiner Schule aus ein dichteriſches Kunſtwerk anſieht. Ich will heute nichts weiter ſagen, um Ihnen nicht
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der Mühe werth, ihnen zu Liebe es noch einige funfzig
Jahre auszuhalten.“
Donnerstag, den 1. März 1827.
Bei Goethe zu Tiſch. — Er erzählte mir, daß er
eine Sendung vom Grafen Sternberg und Zauper er¬
halten, die ihm Freude mache. Sodann verhandelten
wir viel über die Farbenlehre, über die ſubjectiven pris¬
matiſchen Verſuche und über die Geſetze, nach denen der
Regenbogen ſich bildet. Er freute ſich über meine
fortwährend ſich vergrößernde Theilnahme an dieſen
ſchwierigen Gegenſtänden.
Mittwoch, den 21. März 1827.
Goethe zeigte mir ein Büchelchen von Hinrichs über
das Weſen der antiken Tragödie. „Ich habe es mit
großem Intereſſe geleſen, ſagte er. — Hinrichs hat
beſonders den Oedip und die Antigone von Sophokles
als Grundlage genommen, um daran ſeine Anſichten zu
entwickeln. Es iſt ſehr merkwürdig und ich will es
Ihnen mitgeben, damit Sie es auch leſen und wir
darüber ſprechen können. Ich bin nun keineswegs
ſeiner Meinung; aber es iſt im hohen Grade lehrreich,
zu ſehen, wie ein ſo durch und durch philoſophiſch ge¬
bildeter Menſch von dem eigenthümlichen Standpunkt
ſeiner Schule aus ein dichteriſches Kunſtwerk anſieht.
Ich will heute nichts weiter ſagen, um Ihnen nicht
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/143>, abgerufen am 24.11.2024.
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