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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

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Keime und Anlagen unserer Natur, die nicht unsere
tägliche Richtung und nicht so mächtig sind, wollen
eine besondere Pflege, damit sie gleichfalls zu Stärken
werden."

"So können einem jungen Sänger, wie ich schon oft
gesagt, gewisse Töne angeboren seyn, die ganz vortreff¬
lich sind und die nichts weiter zu wünschen übrig
lassen. Andere Töne seiner Stimme aber können we¬
niger stark, rein und voll befunden werden. Aber
eben diese muß er durch besondere Uebung dahin zu
bringen suchen, daß sie den anderen gleich werden."

"Ich bin gewiß, daß Prellern einst das Ernste,
Großartige, vielleicht auch das Wilde, ganz vortrefflich
gelingen wird. Ob er aber im Heiteren, Anmuthigen
und Lieblichen gleich glücklich seyn werde, ist eine
andere Frage, und deßhalb habe ich ihm den Claude
Lorrain ganz besonders ans Herz gelegt, damit er sich
durch Studium dasjenige aneigne, was vielleicht nicht
in der eigentlichen Richtung seines Naturells liegt."

"Sodann war noch Eins, worauf ich ihn aufmerk¬
sam gemacht. Ich habe bisher viele Studien nach
der Natur von ihm gesehen. Sie waren vortrefflich
und mit Energie und Leben aufgefaßt; aber es waren
Alles nur Einzelnheiten, womit später bei eigenen
Erfindungen wenig zu machen ist. Ich habe ihm nun
gerathen, künftig in der Natur nie einen einzelnen

III. 8

Keime und Anlagen unſerer Natur, die nicht unſere
tägliche Richtung und nicht ſo mächtig ſind, wollen
eine beſondere Pflege, damit ſie gleichfalls zu Stärken
werden.“

„So können einem jungen Sänger, wie ich ſchon oft
geſagt, gewiſſe Töne angeboren ſeyn, die ganz vortreff¬
lich ſind und die nichts weiter zu wünſchen übrig
laſſen. Andere Töne ſeiner Stimme aber können we¬
niger ſtark, rein und voll befunden werden. Aber
eben dieſe muß er durch beſondere Uebung dahin zu
bringen ſuchen, daß ſie den anderen gleich werden.“

„Ich bin gewiß, daß Prellern einſt das Ernſte,
Großartige, vielleicht auch das Wilde, ganz vortrefflich
gelingen wird. Ob er aber im Heiteren, Anmuthigen
und Lieblichen gleich glücklich ſeyn werde, iſt eine
andere Frage, und deßhalb habe ich ihm den Claude
Lorrain ganz beſonders ans Herz gelegt, damit er ſich
durch Studium dasjenige aneigne, was vielleicht nicht
in der eigentlichen Richtung ſeines Naturells liegt.“

„Sodann war noch Eins, worauf ich ihn aufmerk¬
ſam gemacht. Ich habe bisher viele Studien nach
der Natur von ihm geſehen. Sie waren vortrefflich
und mit Energie und Leben aufgefaßt; aber es waren
Alles nur Einzelnheiten, womit ſpäter bei eigenen
Erfindungen wenig zu machen iſt. Ich habe ihm nun
gerathen, künftig in der Natur nie einen einzelnen

III. 8
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[113/0135] Keime und Anlagen unſerer Natur, die nicht unſere tägliche Richtung und nicht ſo mächtig ſind, wollen eine beſondere Pflege, damit ſie gleichfalls zu Stärken werden.“ „So können einem jungen Sänger, wie ich ſchon oft geſagt, gewiſſe Töne angeboren ſeyn, die ganz vortreff¬ lich ſind und die nichts weiter zu wünſchen übrig laſſen. Andere Töne ſeiner Stimme aber können we¬ niger ſtark, rein und voll befunden werden. Aber eben dieſe muß er durch beſondere Uebung dahin zu bringen ſuchen, daß ſie den anderen gleich werden.“ „Ich bin gewiß, daß Prellern einſt das Ernſte, Großartige, vielleicht auch das Wilde, ganz vortrefflich gelingen wird. Ob er aber im Heiteren, Anmuthigen und Lieblichen gleich glücklich ſeyn werde, iſt eine andere Frage, und deßhalb habe ich ihm den Claude Lorrain ganz beſonders ans Herz gelegt, damit er ſich durch Studium dasjenige aneigne, was vielleicht nicht in der eigentlichen Richtung ſeines Naturells liegt.“ „Sodann war noch Eins, worauf ich ihn aufmerk¬ ſam gemacht. Ich habe bisher viele Studien nach der Natur von ihm geſehen. Sie waren vortrefflich und mit Energie und Leben aufgefaßt; aber es waren Alles nur Einzelnheiten, womit ſpäter bei eigenen Erfindungen wenig zu machen iſt. Ich habe ihm nun gerathen, künftig in der Natur nie einen einzelnen III. 8

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/135>, abgerufen am 27.11.2024.