fallen etc. "Ich habe, sagte er, dieses Gedicht als Widerspruch der Verse: Denn alles muß zu n chts zerfallen, wenn es im Seyn beharren will etc. geschrieben, welche dumm sind, und welche meine Ber¬ liner Freunde, bey Gelegenheit der naturforschenden Ver¬ sammlung, zu meinem Ärger in goldenen Buchstaben ausgestellt haben."
Über den großen Mathematiker Lagrange, an wel¬ chem Goethe vorzüglich den trefflichen Character hervor¬ hebt. "Er war ein guter Mensch, sagte er, und eben deßwegen groß. Denn wenn ein guter Mensch mit Talent begabt ist, so wird er immer zum Heil der Welt sittlich wirken, sey es als Künstler, Naturforscher, Dich¬ ter, oder was alles sonst."
"Es ist mir lieb, fuhr Goethe fort, daß Sie Coudray gestern näher kennen gelernt haben. Er spricht sich in Gesellschaft selten aus, aber so unter uns haben Sie gesehen, welch ein trefflicher Geist und Cha¬ racter in dem Manne wohnt. Er hat anfänglich vielen Widerspruch erlitten, aber jetzt hat er sich durchgekämpft und genießt vollkommene Gunst und Vertrauen des Ho¬ fes. Coudray ist einer der geschicktesten Architekten un¬ serer Zeit. Er hat sich zu mir gehalten und ich mich zu ihm, und es ist uns beyden von Nutzen gewesen. Hätte ich den vor funfzig Jahren gehabt!" --
Über Goethe's eigene architektonische Kenntnisse. Ich bemerke, er müsse viel in Italien gewonnen haben. "Es
fallen ꝛc. „Ich habe, ſagte er, dieſes Gedicht als Widerſpruch der Verſe: Denn alles muß zu n chts zerfallen, wenn es im Seyn beharren will ꝛc. geſchrieben, welche dumm ſind, und welche meine Ber¬ liner Freunde, bey Gelegenheit der naturforſchenden Ver¬ ſammlung, zu meinem Ärger in goldenen Buchſtaben ausgeſtellt haben.“
Über den großen Mathematiker Lagrange, an wel¬ chem Goethe vorzuͤglich den trefflichen Character hervor¬ hebt. „Er war ein guter Menſch, ſagte er, und eben deßwegen groß. Denn wenn ein guter Menſch mit Talent begabt iſt, ſo wird er immer zum Heil der Welt ſittlich wirken, ſey es als Kuͤnſtler, Naturforſcher, Dich¬ ter, oder was alles ſonſt.“
„Es iſt mir lieb, fuhr Goethe fort, daß Sie Coudray geſtern naͤher kennen gelernt haben. Er ſpricht ſich in Geſellſchaft ſelten aus, aber ſo unter uns haben Sie geſehen, welch ein trefflicher Geiſt und Cha¬ racter in dem Manne wohnt. Er hat anfaͤnglich vielen Widerſpruch erlitten, aber jetzt hat er ſich durchgekaͤmpft und genießt vollkommene Gunſt und Vertrauen des Ho¬ fes. Coudray iſt einer der geſchickteſten Architekten un¬ ſerer Zeit. Er hat ſich zu mir gehalten und ich mich zu ihm, und es iſt uns beyden von Nutzen geweſen. Haͤtte ich den vor funfzig Jahren gehabt!“ —
Über Goethe's eigene architektoniſche Kenntniſſe. Ich bemerke, er muͤſſe viel in Italien gewonnen haben. „Es
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fallen ꝛc. „Ich habe, ſagte er, dieſes Gedicht als
Widerſpruch der Verſe: Denn alles muß zu n chts
zerfallen, wenn es im Seyn beharren will ꝛc.
geſchrieben, welche dumm ſind, und welche meine Ber¬
liner Freunde, bey Gelegenheit der naturforſchenden Ver¬
ſammlung, zu meinem Ärger in goldenen Buchſtaben
ausgeſtellt haben.“
Über den großen Mathematiker Lagrange, an wel¬
chem Goethe vorzuͤglich den trefflichen Character hervor¬
hebt. „Er war ein guter Menſch, ſagte er, und eben
deßwegen groß. Denn wenn ein guter Menſch mit
Talent begabt iſt, ſo wird er immer zum Heil der Welt
ſittlich wirken, ſey es als Kuͤnſtler, Naturforſcher, Dich¬
ter, oder was alles ſonſt.“
„Es iſt mir lieb, fuhr Goethe fort, daß Sie
Coudray geſtern naͤher kennen gelernt haben. Er
ſpricht ſich in Geſellſchaft ſelten aus, aber ſo unter uns
haben Sie geſehen, welch ein trefflicher Geiſt und Cha¬
racter in dem Manne wohnt. Er hat anfaͤnglich vielen
Widerſpruch erlitten, aber jetzt hat er ſich durchgekaͤmpft
und genießt vollkommene Gunſt und Vertrauen des Ho¬
fes. Coudray iſt einer der geſchickteſten Architekten un¬
ſerer Zeit. Er hat ſich zu mir gehalten und ich mich
zu ihm, und es iſt uns beyden von Nutzen geweſen.
Haͤtte ich den vor funfzig Jahren gehabt!“ —
Über Goethe's eigene architektoniſche Kenntniſſe. Ich
bemerke, er muͤſſe viel in Italien gewonnen haben. „Es
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/73>, abgerufen am 24.11.2024.
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