Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.Ernst! und wie hat er uns Deutsche studirt! Er ist Der Aufsatz, sagte ich, ist mit einem Feuer und Verschiedene Tischgäste traten herein, die Goethe be¬ Freylich, sagte ich, hat Carlyle den Meister studirt, Goethe zog mich an ein Fenster, um mir zu ant¬ "Liebes Kind, sagte er, ich will Ihnen etwas ver¬ II. 3
Ernſt! und wie hat er uns Deutſche ſtudirt! Er iſt Der Aufſatz, ſagte ich, iſt mit einem Feuer und Verſchiedene Tiſchgaͤſte traten herein, die Goethe be¬ Freylich, ſagte ich, hat Carlyle den Meiſter ſtudirt, Goethe zog mich an ein Fenſter, um mir zu ant¬ „Liebes Kind, ſagte er, ich will Ihnen etwas ver¬ II. 3
<TEI> <text> <body> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0043" n="33"/> Ernſt! und wie hat er uns Deutſche ſtudirt! Er iſt<lb/> in unſerer Literatur faſt beſſer zu Hauſe als wir ſelbſt;<lb/> zum wenigſten koͤnnen wir mit ihm in unſern Bemuͤ¬<lb/> hungen um das Engliſche nicht wetteifern.“</p><lb/> <p>Der Aufſatz, ſagte ich, iſt mit einem Feuer und<lb/> Nachdruck geſchrieben, daß man ihm wohl anmerkt, daß<lb/> in England noch viele Vorurtheile und Widerſpruͤche zu<lb/> bekaͤmpfen ſind. Den Wilhelm Meiſter zumal ſcheinen<lb/> uͤbelwollende Critiker und ſchlechte Überſetzer in kein<lb/> guͤnſtiges Licht gebracht zu haben. Dagegen benimmt<lb/> ſich nun Carlyle ſehr gut. Der dummen Nachrede, daß<lb/> keine wahre Edelfrau den Meiſter leſen duͤrfe, wider¬<lb/> ſpricht er ſehr heiter mit dem Beyſpiele der letzten <hi rendition="#g">Koͤ¬<lb/> nigin von Preußen</hi>, die ſich mit dem Buche ver¬<lb/> traut gemacht, und die doch mit Recht fuͤr eine der<lb/> erſten Frauen ihrer Zeit gelte.</p><lb/> <p>Verſchiedene Tiſchgaͤſte traten herein, die Goethe be¬<lb/> gruͤßte. Er wendete ſeine Aufmerkſamkeit mir wieder<lb/> zu und ich fuhr fort.</p><lb/> <p>Freylich, ſagte ich, hat Carlyle den Meiſter ſtudirt,<lb/> und ſo, durchdrungen von dem Werth des Buches wie<lb/> er iſt, moͤchte er gerne, daß es ſich allgemein verbrei¬<lb/> tete, er moͤchte gerne, daß jeder Gebildete davon glei¬<lb/> chen Gewinn und Genuß haͤtte.</p><lb/> <p>Goethe zog mich an ein Fenſter, um mir zu ant¬<lb/> worten.</p><lb/> <p>„Liebes Kind, ſagte er, ich will Ihnen etwas ver¬<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II</hi>. 3<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [33/0043]
Ernſt! und wie hat er uns Deutſche ſtudirt! Er iſt
in unſerer Literatur faſt beſſer zu Hauſe als wir ſelbſt;
zum wenigſten koͤnnen wir mit ihm in unſern Bemuͤ¬
hungen um das Engliſche nicht wetteifern.“
Der Aufſatz, ſagte ich, iſt mit einem Feuer und
Nachdruck geſchrieben, daß man ihm wohl anmerkt, daß
in England noch viele Vorurtheile und Widerſpruͤche zu
bekaͤmpfen ſind. Den Wilhelm Meiſter zumal ſcheinen
uͤbelwollende Critiker und ſchlechte Überſetzer in kein
guͤnſtiges Licht gebracht zu haben. Dagegen benimmt
ſich nun Carlyle ſehr gut. Der dummen Nachrede, daß
keine wahre Edelfrau den Meiſter leſen duͤrfe, wider¬
ſpricht er ſehr heiter mit dem Beyſpiele der letzten Koͤ¬
nigin von Preußen, die ſich mit dem Buche ver¬
traut gemacht, und die doch mit Recht fuͤr eine der
erſten Frauen ihrer Zeit gelte.
Verſchiedene Tiſchgaͤſte traten herein, die Goethe be¬
gruͤßte. Er wendete ſeine Aufmerkſamkeit mir wieder
zu und ich fuhr fort.
Freylich, ſagte ich, hat Carlyle den Meiſter ſtudirt,
und ſo, durchdrungen von dem Werth des Buches wie
er iſt, moͤchte er gerne, daß es ſich allgemein verbrei¬
tete, er moͤchte gerne, daß jeder Gebildete davon glei¬
chen Gewinn und Genuß haͤtte.
Goethe zog mich an ein Fenſter, um mir zu ant¬
worten.
„Liebes Kind, ſagte er, ich will Ihnen etwas ver¬
II. 3
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