eines Regiments-Chefs aber ist sein Regiment, und er wird ein ganz vortrefflicher Patriot seyn, wenn er sich um politische Dinge gar nicht bemüht als so weit sie ihn angehen, und wenn er dagegen seinen ganzen Sinn und seine ganze Sorge auf die ihm untergebenen Bataillons richtet, und sie so gut einzuexerciren und in so guter Zucht und Ordnung zu erhalten sucht, daß sie, wenn das Vaterland einst in Gefahr kommt, als tüch¬ tige Leute ihren Mann stehen."
"Ich hasse alle Pfuscherey wie die Sünde, besonders aber die Pfuscherey in Staatsangelegenheiten, woraus für Tausende und Millionen nichts als Unheil hervor¬ geht."
"Sie wissen, ich bekümmere mich im Ganzen wenig um das was über mich geschrieben wird, aber es kommt mir doch zu Ohren, und ich weiß recht gut, daß, so sauer ich es mir auch mein Lebelang habe werden las¬ sen, all mein Wirken in den Augen gewisser Leute für nichts geachtet wird, eben weil ich verschmäht habe, mich in politische Parteyungen zu mengen. Um diesen Leuten recht zu seyn, hätte ich müssen Mitglied eines Jacobiner-Clubs werden und Mord und Blutvergießen predigen! -- Doch kein Wort mehr über diesen schlech¬ ten Gegenstand, damit ich nicht unvernünftig werde, indem ich das Unvernünftige bekämpfe."
Gleicherweise tadelte Goethe die von Anderen so sehr gepriesene politische Richtung in Uhland. "Geben Sie
eines Regiments-Chefs aber iſt ſein Regiment, und er wird ein ganz vortrefflicher Patriot ſeyn, wenn er ſich um politiſche Dinge gar nicht bemuͤht als ſo weit ſie ihn angehen, und wenn er dagegen ſeinen ganzen Sinn und ſeine ganze Sorge auf die ihm untergebenen Bataillons richtet, und ſie ſo gut einzuexerciren und in ſo guter Zucht und Ordnung zu erhalten ſucht, daß ſie, wenn das Vaterland einſt in Gefahr kommt, als tuͤch¬ tige Leute ihren Mann ſtehen.“
„Ich haſſe alle Pfuſcherey wie die Suͤnde, beſonders aber die Pfuſcherey in Staatsangelegenheiten, woraus fuͤr Tauſende und Millionen nichts als Unheil hervor¬ geht.“
„Sie wiſſen, ich bekuͤmmere mich im Ganzen wenig um das was uͤber mich geſchrieben wird, aber es kommt mir doch zu Ohren, und ich weiß recht gut, daß, ſo ſauer ich es mir auch mein Lebelang habe werden laſ¬ ſen, all mein Wirken in den Augen gewiſſer Leute fuͤr nichts geachtet wird, eben weil ich verſchmaͤht habe, mich in politiſche Parteyungen zu mengen. Um dieſen Leuten recht zu ſeyn, haͤtte ich muͤſſen Mitglied eines Jacobiner-Clubs werden und Mord und Blutvergießen predigen! — Doch kein Wort mehr uͤber dieſen ſchlech¬ ten Gegenſtand, damit ich nicht unvernuͤnftig werde, indem ich das Unvernuͤnftige bekaͤmpfe.“
Gleicherweiſe tadelte Goethe die von Anderen ſo ſehr geprieſene politiſche Richtung in Uhland. „Geben Sie
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eines Regiments-Chefs aber iſt ſein Regiment, und
er wird ein ganz vortrefflicher Patriot ſeyn, wenn er
ſich um politiſche Dinge gar nicht bemuͤht als ſo weit
ſie ihn angehen, und wenn er dagegen ſeinen ganzen
Sinn und ſeine ganze Sorge auf die ihm untergebenen
Bataillons richtet, und ſie ſo gut einzuexerciren und in
ſo guter Zucht und Ordnung zu erhalten ſucht, daß ſie,
wenn das Vaterland einſt in Gefahr kommt, als tuͤch¬
tige Leute ihren Mann ſtehen.“
„Ich haſſe alle Pfuſcherey wie die Suͤnde, beſonders
aber die Pfuſcherey in Staatsangelegenheiten, woraus
fuͤr Tauſende und Millionen nichts als Unheil hervor¬
geht.“
„Sie wiſſen, ich bekuͤmmere mich im Ganzen wenig
um das was uͤber mich geſchrieben wird, aber es kommt
mir doch zu Ohren, und ich weiß recht gut, daß, ſo
ſauer ich es mir auch mein Lebelang habe werden laſ¬
ſen, all mein Wirken in den Augen gewiſſer Leute fuͤr
nichts geachtet wird, eben weil ich verſchmaͤht habe,
mich in politiſche Parteyungen zu mengen. Um dieſen
Leuten recht zu ſeyn, haͤtte ich muͤſſen Mitglied eines
Jacobiner-Clubs werden und Mord und Blutvergießen
predigen! — Doch kein Wort mehr uͤber dieſen ſchlech¬
ten Gegenſtand, damit ich nicht unvernuͤnftig werde,
indem ich das Unvernuͤnftige bekaͤmpfe.“
Gleicherweiſe tadelte Goethe die von Anderen ſo ſehr
geprieſene politiſche Richtung in Uhland. „Geben Sie
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/368>, abgerufen am 24.11.2024.
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