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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

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zubilden suchen, und er wird immer älter werden, um
das empfangen zu können, was ich etwa Besseres zu
geben hätte.

Zunächst aber liegt mir vor allen Dingen die völlige
Ausarbeitung jenes mehr erwähnten Manuscripts am
Herzen. Ich möchte einige Monate in stiller Zurückge¬
zogenheit, bey meiner Geliebten und deren Verwandten
in der Nähe von Göttingen, mich dieser Sache widmen,
damit ich, von einer alten Bürde mich befreyend, zu
künftigen neuen mich wieder geneigt und bereit machte.
Mein Leben ist seit einigen Jahren in Stocken gerathen
und ich möchte gern, daß es noch einmal einigen frischen
Cours bekäme. Zudem ist meine Gesundheit schwach
und wankend, ich bin meines langen Bleibens nicht
sicher, und ich möchte gern etwas Gutes zurücklassen,
das meinen Namen in dem Andenken der Menschen eine
Weile erhielte.

Nun aber vermag ich nichts ohne Sie, ohne Ihre
Zustimmung und Ihren Segen. Ihre ferneren Wünsche
in Bezug auf mich sind mir verborgen, auch weiß ich
nicht was man höchsten Orts vielleicht Gutes mit mir
im Sinne hat. So aber, wie ich es ausgesprochen,
steht es mit mir, und da ich Ihnen nun klar vorliege,
so werden Sie leicht sehen, ob wichtigere Gründe zu
meinem Glück meine nächste Zurückkunft wünschen lassen,
oder ob ich getrost vor der Hand meinen eigenen geisti¬
gen Vorsätzen folgen kann.

zubilden ſuchen, und er wird immer aͤlter werden, um
das empfangen zu koͤnnen, was ich etwa Beſſeres zu
geben haͤtte.

Zunaͤchſt aber liegt mir vor allen Dingen die voͤllige
Ausarbeitung jenes mehr erwaͤhnten Manuſcripts am
Herzen. Ich moͤchte einige Monate in ſtiller Zuruͤckge¬
zogenheit, bey meiner Geliebten und deren Verwandten
in der Naͤhe von Goͤttingen, mich dieſer Sache widmen,
damit ich, von einer alten Buͤrde mich befreyend, zu
kuͤnftigen neuen mich wieder geneigt und bereit machte.
Mein Leben iſt ſeit einigen Jahren in Stocken gerathen
und ich moͤchte gern, daß es noch einmal einigen friſchen
Cours bekaͤme. Zudem iſt meine Geſundheit ſchwach
und wankend, ich bin meines langen Bleibens nicht
ſicher, und ich moͤchte gern etwas Gutes zuruͤcklaſſen,
das meinen Namen in dem Andenken der Menſchen eine
Weile erhielte.

Nun aber vermag ich nichts ohne Sie, ohne Ihre
Zuſtimmung und Ihren Segen. Ihre ferneren Wuͤnſche
in Bezug auf mich ſind mir verborgen, auch weiß ich
nicht was man hoͤchſten Orts vielleicht Gutes mit mir
im Sinne hat. So aber, wie ich es ausgeſprochen,
ſteht es mit mir, und da ich Ihnen nun klar vorliege,
ſo werden Sie leicht ſehen, ob wichtigere Gruͤnde zu
meinem Gluͤck meine naͤchſte Zuruͤckkunft wuͤnſchen laſſen,
oder ob ich getroſt vor der Hand meinen eigenen geiſti¬
gen Vorſaͤtzen folgen kann.

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[229/0239] zubilden ſuchen, und er wird immer aͤlter werden, um das empfangen zu koͤnnen, was ich etwa Beſſeres zu geben haͤtte. Zunaͤchſt aber liegt mir vor allen Dingen die voͤllige Ausarbeitung jenes mehr erwaͤhnten Manuſcripts am Herzen. Ich moͤchte einige Monate in ſtiller Zuruͤckge¬ zogenheit, bey meiner Geliebten und deren Verwandten in der Naͤhe von Goͤttingen, mich dieſer Sache widmen, damit ich, von einer alten Buͤrde mich befreyend, zu kuͤnftigen neuen mich wieder geneigt und bereit machte. Mein Leben iſt ſeit einigen Jahren in Stocken gerathen und ich moͤchte gern, daß es noch einmal einigen friſchen Cours bekaͤme. Zudem iſt meine Geſundheit ſchwach und wankend, ich bin meines langen Bleibens nicht ſicher, und ich moͤchte gern etwas Gutes zuruͤcklaſſen, das meinen Namen in dem Andenken der Menſchen eine Weile erhielte. Nun aber vermag ich nichts ohne Sie, ohne Ihre Zuſtimmung und Ihren Segen. Ihre ferneren Wuͤnſche in Bezug auf mich ſind mir verborgen, auch weiß ich nicht was man hoͤchſten Orts vielleicht Gutes mit mir im Sinne hat. So aber, wie ich es ausgeſprochen, ſteht es mit mir, und da ich Ihnen nun klar vorliege, ſo werden Sie leicht ſehen, ob wichtigere Gruͤnde zu meinem Gluͤck meine naͤchſte Zuruͤckkunft wuͤnſchen laſſen, oder ob ich getroſt vor der Hand meinen eigenen geiſti¬ gen Vorſaͤtzen folgen kann.

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/239>, abgerufen am 25.11.2024.