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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

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haben, und mit dem einen Auge auf die Bühne und
mit dem andern ins Parterre sehen; grade aus aber auf
den Capellmeister.

Die Stimmen der Sänger und Sängerinnen betref¬
fend, so entzückte mich dieser reine Klang und die Stärke
der Töne, dieses leichte Ansprechen und freye Heraus¬
gehen ohne die geringste Anstrengung. Ich dachte an
Zelter und wünschte ihn an meiner Seite zu seyn. Vor
allen beglückte mich die Stimme der Signora Corradi-
Pantanelli
, welche den Pagen sang. Ich sprach
über diese treffliche Sängerin gegen Andere, und hörte,
sie sey auf nächsten Winter für die Scala engagirt.
Die Prima-Donna, als Contessa Adele, war eine junge
Anfängerin, Signora Albertini; in ihrer Stimme
liegt etwas sehr Zartes, Hellreines, wie das Licht der
Sonne. Jeden aus Deutschland Kommenden muß sie
in hohem Grade erfreuen. Sodann ein junger Bassist
ragte hervor. Seine Stimme hat den gewaltigsten Ton,
ist jedoch noch ein wenig unbeholfen, so wie auch sein
Spiel, obgleich frey, auf die Jugend seiner Kunst schlie¬
ßen ließ.

Die Chöre gingen vortrefflich und mit dem Orchester
auf das Präciseste.

Die Körperbewegung der spielenden Personen anlan¬
gend, so war mir eine gewisse Mäßigkeit und Ruhe
merkwürdig, indem ich Äußerungen des lebhaften italie¬
nischen Characters erwartet hatte.

haben, und mit dem einen Auge auf die Buͤhne und
mit dem andern ins Parterre ſehen; grade aus aber auf
den Capellmeiſter.

Die Stimmen der Saͤnger und Saͤngerinnen betref¬
fend, ſo entzuͤckte mich dieſer reine Klang und die Staͤrke
der Toͤne, dieſes leichte Anſprechen und freye Heraus¬
gehen ohne die geringſte Anſtrengung. Ich dachte an
Zelter und wuͤnſchte ihn an meiner Seite zu ſeyn. Vor
allen begluͤckte mich die Stimme der Signora Corradi-
Pantanelli
, welche den Pagen ſang. Ich ſprach
uͤber dieſe treffliche Saͤngerin gegen Andere, und hoͤrte,
ſie ſey auf naͤchſten Winter fuͤr die Scala engagirt.
Die Prima-Donna, als Conteſſa Adele, war eine junge
Anfaͤngerin, Signora Albertini; in ihrer Stimme
liegt etwas ſehr Zartes, Hellreines, wie das Licht der
Sonne. Jeden aus Deutſchland Kommenden muß ſie
in hohem Grade erfreuen. Sodann ein junger Baſſiſt
ragte hervor. Seine Stimme hat den gewaltigſten Ton,
iſt jedoch noch ein wenig unbeholfen, ſo wie auch ſein
Spiel, obgleich frey, auf die Jugend ſeiner Kunſt ſchlie¬
ßen ließ.

Die Choͤre gingen vortrefflich und mit dem Orcheſter
auf das Praͤciſeſte.

Die Koͤrperbewegung der ſpielenden Perſonen anlan¬
gend, ſo war mir eine gewiſſe Maͤßigkeit und Ruhe
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niſchen Characters erwartet hatte.

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[213/0223] haben, und mit dem einen Auge auf die Buͤhne und mit dem andern ins Parterre ſehen; grade aus aber auf den Capellmeiſter. Die Stimmen der Saͤnger und Saͤngerinnen betref¬ fend, ſo entzuͤckte mich dieſer reine Klang und die Staͤrke der Toͤne, dieſes leichte Anſprechen und freye Heraus¬ gehen ohne die geringſte Anſtrengung. Ich dachte an Zelter und wuͤnſchte ihn an meiner Seite zu ſeyn. Vor allen begluͤckte mich die Stimme der Signora Corradi- Pantanelli, welche den Pagen ſang. Ich ſprach uͤber dieſe treffliche Saͤngerin gegen Andere, und hoͤrte, ſie ſey auf naͤchſten Winter fuͤr die Scala engagirt. Die Prima-Donna, als Conteſſa Adele, war eine junge Anfaͤngerin, Signora Albertini; in ihrer Stimme liegt etwas ſehr Zartes, Hellreines, wie das Licht der Sonne. Jeden aus Deutſchland Kommenden muß ſie in hohem Grade erfreuen. Sodann ein junger Baſſiſt ragte hervor. Seine Stimme hat den gewaltigſten Ton, iſt jedoch noch ein wenig unbeholfen, ſo wie auch ſein Spiel, obgleich frey, auf die Jugend ſeiner Kunſt ſchlie¬ ßen ließ. Die Choͤre gingen vortrefflich und mit dem Orcheſter auf das Praͤciſeſte. Die Koͤrperbewegung der ſpielenden Perſonen anlan¬ gend, ſo war mir eine gewiſſe Maͤßigkeit und Ruhe merkwuͤrdig, indem ich Äußerungen des lebhaften italie¬ niſchen Characters erwartet hatte.

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/223>, abgerufen am 24.11.2024.