Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

zu lassen, welchen Gedanken er denn auch alsobald aus¬
geführt habe.

Hofrath Voigt erzählt, daß er im Begriff sey Cu¬
viers
Naturgeschichte, in fünf Bänden, zu übersetzen
und mit Ergänzungen und Erweiterungen herauszu¬
geben.

Nach Tische, als Voigt gegangen war, zeigt Goethe
mir das Manuscript seiner Walpurgisnacht, und ich bin
erstaunt über die Stärke, zu der es in den wenigen
Wochen herangewachsen.


Mit Goethe vor Tisch spazieren gefahren. Er spricht
günstig über mein Gedicht in Bezug auf den König
von Bayern
, indem er bemerkt, daß Lord Byron
vortheilhaft auf mich gewirkt. Mir fehle jedoch noch
dasjenige was man Convenienz heiße, worin Voltaire
so groß gewesen. Diesen wolle er mir zum Muster vor¬
schlagen.

Darauf bey Tisch reden wir viel über Wieland,
besonders über den Oberon, und Goethe ist der Mei¬
nung, daß das Fundament schwach sey, und der Plan
vor der Ausführung nicht gehörig gegründet worden.
Daß zur Herbeyschaffung der Barthaare und Backen¬

II. 13

zu laſſen, welchen Gedanken er denn auch alſobald aus¬
gefuͤhrt habe.

Hofrath Voigt erzaͤhlt, daß er im Begriff ſey Cu¬
viers
Naturgeſchichte, in fuͤnf Baͤnden, zu uͤberſetzen
und mit Ergaͤnzungen und Erweiterungen herauszu¬
geben.

Nach Tiſche, als Voigt gegangen war, zeigt Goethe
mir das Manuſcript ſeiner Walpurgisnacht, und ich bin
erſtaunt uͤber die Staͤrke, zu der es in den wenigen
Wochen herangewachſen.


Mit Goethe vor Tiſch ſpazieren gefahren. Er ſpricht
guͤnſtig uͤber mein Gedicht in Bezug auf den Koͤnig
von Bayern
, indem er bemerkt, daß Lord Byron
vortheilhaft auf mich gewirkt. Mir fehle jedoch noch
dasjenige was man Convenienz heiße, worin Voltaire
ſo groß geweſen. Dieſen wolle er mir zum Muſter vor¬
ſchlagen.

Darauf bey Tiſch reden wir viel uͤber Wieland,
beſonders uͤber den Oberon, und Goethe iſt der Mei¬
nung, daß das Fundament ſchwach ſey, und der Plan
vor der Ausfuͤhrung nicht gehoͤrig gegruͤndet worden.
Daß zur Herbeyſchaffung der Barthaare und Backen¬

II. 13
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="3">
        <div n="4">
          <p><pb facs="#f0203" n="193"/>
zu la&#x017F;&#x017F;en, welchen Gedanken er denn auch al&#x017F;obald aus¬<lb/>
gefu&#x0364;hrt habe.</p><lb/>
          <p>Hofrath Voigt erza&#x0364;hlt, daß er im Begriff &#x017F;ey <hi rendition="#g">Cu¬<lb/>
viers</hi> Naturge&#x017F;chichte, in fu&#x0364;nf Ba&#x0364;nden, zu u&#x0364;ber&#x017F;etzen<lb/>
und mit Erga&#x0364;nzungen und Erweiterungen herauszu¬<lb/>
geben.</p><lb/>
          <p>Nach Ti&#x017F;che, als Voigt gegangen war, zeigt Goethe<lb/>
mir das Manu&#x017F;cript &#x017F;einer Walpurgisnacht, und ich bin<lb/>
er&#x017F;taunt u&#x0364;ber die Sta&#x0364;rke, zu der es in den wenigen<lb/>
Wochen herangewach&#x017F;en.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
        <div n="4">
          <dateline rendition="#right">Mittwoch, den 3. Ma&#x0364;rz 1830.<lb/></dateline>
          <p>Mit Goethe vor Ti&#x017F;ch &#x017F;pazieren gefahren. Er &#x017F;pricht<lb/>
gu&#x0364;n&#x017F;tig u&#x0364;ber mein Gedicht in Bezug auf den <hi rendition="#g">Ko&#x0364;nig<lb/>
von Bayern</hi>, indem er bemerkt, daß Lord <hi rendition="#g">Byron</hi><lb/>
vortheilhaft auf mich gewirkt. Mir fehle jedoch noch<lb/>
dasjenige was man Convenienz heiße, worin <hi rendition="#g">Voltaire</hi><lb/>
&#x017F;o groß gewe&#x017F;en. Die&#x017F;en wolle er mir zum Mu&#x017F;ter vor¬<lb/>
&#x017F;chlagen.</p><lb/>
          <p>Darauf bey Ti&#x017F;ch reden wir viel u&#x0364;ber <hi rendition="#g">Wieland</hi>,<lb/>
be&#x017F;onders u&#x0364;ber den <hi rendition="#g">Oberon</hi>, und Goethe i&#x017F;t der Mei¬<lb/>
nung, daß das Fundament &#x017F;chwach &#x017F;ey, und der Plan<lb/>
vor der Ausfu&#x0364;hrung nicht geho&#x0364;rig gegru&#x0364;ndet worden.<lb/>
Daß zur Herbey&#x017F;chaffung der Barthaare und Backen¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II</hi>. 13<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0203] zu laſſen, welchen Gedanken er denn auch alſobald aus¬ gefuͤhrt habe. Hofrath Voigt erzaͤhlt, daß er im Begriff ſey Cu¬ viers Naturgeſchichte, in fuͤnf Baͤnden, zu uͤberſetzen und mit Ergaͤnzungen und Erweiterungen herauszu¬ geben. Nach Tiſche, als Voigt gegangen war, zeigt Goethe mir das Manuſcript ſeiner Walpurgisnacht, und ich bin erſtaunt uͤber die Staͤrke, zu der es in den wenigen Wochen herangewachſen. Mittwoch, den 3. Maͤrz 1830. Mit Goethe vor Tiſch ſpazieren gefahren. Er ſpricht guͤnſtig uͤber mein Gedicht in Bezug auf den Koͤnig von Bayern, indem er bemerkt, daß Lord Byron vortheilhaft auf mich gewirkt. Mir fehle jedoch noch dasjenige was man Convenienz heiße, worin Voltaire ſo groß geweſen. Dieſen wolle er mir zum Muſter vor¬ ſchlagen. Darauf bey Tiſch reden wir viel uͤber Wieland, beſonders uͤber den Oberon, und Goethe iſt der Mei¬ nung, daß das Fundament ſchwach ſey, und der Plan vor der Ausfuͤhrung nicht gehoͤrig gegruͤndet worden. Daß zur Herbeyſchaffung der Barthaare und Backen¬ II. 13

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/203
Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/203>, abgerufen am 03.12.2024.