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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

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Goethe die Dämonen so etwas möchten im Sinne haben,
indem auch er eine Figur sey, zu anlockend, um ihm
nicht nachzustreben, und zu groß, um ihn zu erreichen.


Heute nach Tisch las Goethe mir die zweyte Scene
des zweyten Acts von Faust, wo Mephistopheles zu
Wagner geht, der durch chemische Künste einen Menschen
zu machen im Begriff ist. Das Werk gelingt, der Ho¬
munculus erscheint in der Flasche, als leuchtendes We¬
sen, und ist sogleich thätig. Wagners Fragen über un¬
begreifliche Dinge lehnt er ab, das Raisonniren ist nicht
seine Sache; er will handeln, und da ist ihm das
Nächste unser Held Faust, der in seinem paralysirten
Zustande einer höheren Hülfe bedarf. Als ein Wesen,
dem die Gegenwart durchaus klar und durchsichtig ist,
sieht der Homunculus das Innere des schlafenden Faust,
den ein schöner Traum von der Leda beglückt, wie sie,
in anmuthiger Gegend badend, von Schwänen besucht
wird. Indem der Homunculus diesen Traum ausspricht,
erscheint vor unserer Seele das reizendste Bild. Me¬
phistopheles sieht davon nichts, und der Homunculus
verspottet ihn wegen seiner nordischen Natur.

"Überhaupt, sagte Goethe, werden Sie bemerken,

Goethe die Daͤmonen ſo etwas moͤchten im Sinne haben,
indem auch er eine Figur ſey, zu anlockend, um ihm
nicht nachzuſtreben, und zu groß, um ihn zu erreichen.


Heute nach Tiſch las Goethe mir die zweyte Scene
des zweyten Acts von Fauſt, wo Mephiſtopheles zu
Wagner geht, der durch chemiſche Kuͤnſte einen Menſchen
zu machen im Begriff iſt. Das Werk gelingt, der Ho¬
munculus erſcheint in der Flaſche, als leuchtendes We¬
ſen, und iſt ſogleich thaͤtig. Wagners Fragen uͤber un¬
begreifliche Dinge lehnt er ab, das Raiſonniren iſt nicht
ſeine Sache; er will handeln, und da iſt ihm das
Naͤchſte unſer Held Fauſt, der in ſeinem paralyſirten
Zuſtande einer hoͤheren Huͤlfe bedarf. Als ein Weſen,
dem die Gegenwart durchaus klar und durchſichtig iſt,
ſieht der Homunculus das Innere des ſchlafenden Fauſt,
den ein ſchoͤner Traum von der Leda begluͤckt, wie ſie,
in anmuthiger Gegend badend, von Schwaͤnen beſucht
wird. Indem der Homunculus dieſen Traum ausſpricht,
erſcheint vor unſerer Seele das reizendſte Bild. Me¬
phiſtopheles ſieht davon nichts, und der Homunculus
verſpottet ihn wegen ſeiner nordiſchen Natur.

„Überhaupt, ſagte Goethe, werden Sie bemerken,

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[154/0164] Goethe die Daͤmonen ſo etwas moͤchten im Sinne haben, indem auch er eine Figur ſey, zu anlockend, um ihm nicht nachzuſtreben, und zu groß, um ihn zu erreichen. Mittwoch, den 16. December 1829. Heute nach Tiſch las Goethe mir die zweyte Scene des zweyten Acts von Fauſt, wo Mephiſtopheles zu Wagner geht, der durch chemiſche Kuͤnſte einen Menſchen zu machen im Begriff iſt. Das Werk gelingt, der Ho¬ munculus erſcheint in der Flaſche, als leuchtendes We¬ ſen, und iſt ſogleich thaͤtig. Wagners Fragen uͤber un¬ begreifliche Dinge lehnt er ab, das Raiſonniren iſt nicht ſeine Sache; er will handeln, und da iſt ihm das Naͤchſte unſer Held Fauſt, der in ſeinem paralyſirten Zuſtande einer hoͤheren Huͤlfe bedarf. Als ein Weſen, dem die Gegenwart durchaus klar und durchſichtig iſt, ſieht der Homunculus das Innere des ſchlafenden Fauſt, den ein ſchoͤner Traum von der Leda begluͤckt, wie ſie, in anmuthiger Gegend badend, von Schwaͤnen beſucht wird. Indem der Homunculus dieſen Traum ausſpricht, erſcheint vor unſerer Seele das reizendſte Bild. Me¬ phiſtopheles ſieht davon nichts, und der Homunculus verſpottet ihn wegen ſeiner nordiſchen Natur. „Überhaupt, ſagte Goethe, werden Sie bemerken,

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/164>, abgerufen am 27.11.2024.