neuen Besitz des Königs, die Villa di Malta. "Sehen Sie, sagte Goethe, was das für eine Lage ist! -- Das ganze Rom streckt sich ausgebreitet vor Ihnen hin, der Hügel ist so hoch, daß Sie gegen Mittag und Morgen über die Stadt hinaussehen. Ich bin in dieser Villa gewesen und habe oft den Anblick aus diesen Fenstern genossen. Hier, wo die Stadt jenseit der Tiber gegen Nordost spitz ausläuft, liegt Sanct Peter, und hier der Vatikan in der Nähe. Sie sehen, der König hat aus den Fenstern seiner Villa den Fluß herüber eine freye Ansicht dieser Gebäude. Der lange Weg hier, von Nor¬ den herein zur Stadt, kommt aus Deutschland; das ist die Porta del Populo; in einer dieser ersten Straßen zum Thor herein wohnte ich, in einem Eckhause. Man zeigt jetzt ein anderes Gebäude in Rom, wo ich gewohnt haben soll, es ist aber nicht das rechte. Aber es thut nichts; solche Dinge sind im Grunde gleichgültig, und man muß der Tradition ihren Lauf lassen."
Wir gingen wieder in unser Zimmer zurück. -- Der Canzler, sagte ich, wird sich über den Brief des Königs freuen. "Er soll ihn sehen," sagte Goethe.
"Wenn ich in den Nachrichten von Paris die Reden und Debatten in den Kammern lese, fuhr Goethe fort, muß ich immer an den Canzler denken, und zwar daß er dort recht in seinem Element und an seinem Platz seyn würde. Denn es gehört zu einer solchen Stelle nicht allein, daß man gescheidt sey, sondern daß man
neuen Beſitz des Koͤnigs, die Villa di Malta. „Sehen Sie, ſagte Goethe, was das fuͤr eine Lage iſt! — Das ganze Rom ſtreckt ſich ausgebreitet vor Ihnen hin, der Huͤgel iſt ſo hoch, daß Sie gegen Mittag und Morgen uͤber die Stadt hinausſehen. Ich bin in dieſer Villa geweſen und habe oft den Anblick aus dieſen Fenſtern genoſſen. Hier, wo die Stadt jenſeit der Tiber gegen Nordoſt ſpitz auslaͤuft, liegt Sanct Peter, und hier der Vatikan in der Naͤhe. Sie ſehen, der Koͤnig hat aus den Fenſtern ſeiner Villa den Fluß heruͤber eine freye Anſicht dieſer Gebaͤude. Der lange Weg hier, von Nor¬ den herein zur Stadt, kommt aus Deutſchland; das iſt die Porta del Populo; in einer dieſer erſten Straßen zum Thor herein wohnte ich, in einem Eckhauſe. Man zeigt jetzt ein anderes Gebaͤude in Rom, wo ich gewohnt haben ſoll, es iſt aber nicht das rechte. Aber es thut nichts; ſolche Dinge ſind im Grunde gleichguͤltig, und man muß der Tradition ihren Lauf laſſen.“
Wir gingen wieder in unſer Zimmer zuruͤck. — Der Canzler, ſagte ich, wird ſich uͤber den Brief des Koͤnigs freuen. „Er ſoll ihn ſehen,“ ſagte Goethe.
„Wenn ich in den Nachrichten von Paris die Reden und Debatten in den Kammern leſe, fuhr Goethe fort, muß ich immer an den Canzler denken, und zwar daß er dort recht in ſeinem Element und an ſeinem Platz ſeyn wuͤrde. Denn es gehoͤrt zu einer ſolchen Stelle nicht allein, daß man geſcheidt ſey, ſondern daß man
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neuen Beſitz des Koͤnigs, die Villa di Malta. „Sehen
Sie, ſagte Goethe, was das fuͤr eine Lage iſt! — Das
ganze Rom ſtreckt ſich ausgebreitet vor Ihnen hin, der
Huͤgel iſt ſo hoch, daß Sie gegen Mittag und Morgen
uͤber die Stadt hinausſehen. Ich bin in dieſer Villa
geweſen und habe oft den Anblick aus dieſen Fenſtern
genoſſen. Hier, wo die Stadt jenſeit der Tiber gegen
Nordoſt ſpitz auslaͤuft, liegt Sanct Peter, und hier der
Vatikan in der Naͤhe. Sie ſehen, der Koͤnig hat aus
den Fenſtern ſeiner Villa den Fluß heruͤber eine freye
Anſicht dieſer Gebaͤude. Der lange Weg hier, von Nor¬
den herein zur Stadt, kommt aus Deutſchland; das iſt
die Porta del Populo; in einer dieſer erſten Straßen
zum Thor herein wohnte ich, in einem Eckhauſe. Man
zeigt jetzt ein anderes Gebaͤude in Rom, wo ich gewohnt
haben ſoll, es iſt aber nicht das rechte. Aber es thut
nichts; ſolche Dinge ſind im Grunde gleichguͤltig, und
man muß der Tradition ihren Lauf laſſen.“
Wir gingen wieder in unſer Zimmer zuruͤck. — Der
Canzler, ſagte ich, wird ſich uͤber den Brief des Koͤnigs
freuen. „Er ſoll ihn ſehen,“ ſagte Goethe.
„Wenn ich in den Nachrichten von Paris die Reden
und Debatten in den Kammern leſe, fuhr Goethe fort,
muß ich immer an den Canzler denken, und zwar daß
er dort recht in ſeinem Element und an ſeinem Platz
ſeyn wuͤrde. Denn es gehoͤrt zu einer ſolchen Stelle
nicht allein, daß man geſcheidt ſey, ſondern daß man
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/131>, abgerufen am 22.11.2024.
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