französischen Häfen an der Küste des atlantischen Meeres hinunter, um den Zustand der Schiffe zu sehen und sich zu überzeugen, ob eine Expedition nach England möglich oder nicht. Er fand aber, daß es nicht gera¬ then sey, und entschloß sich daher zu dem Zuge nach Egypten."
Ich muß bewundern, sagte ich, wie Napoleon, bey solcher Jugend, mit den großen Angelegenheiten der Welt so leicht und sicher zu spielen wußte, als wäre eine vieljährige Praxis und Erfahrung vorangegangen.
"Liebes Kind, sagte Goethe, das ist das Angeborene des großen Talents. Napoleon behandelte die Welt wie Hummel seinen Flügel; Beydes erscheint uns wunderbar, wir begreifen das Eine so wenig wie das Andere, und doch ist es so und geschieht vor unsern Augen. Napoleon war darin besonders groß, daß er zu jeder Stunde derselbige war. Vor einer Schlacht, während einer Schlacht, nach einem Siege, nach einer Niederlage, er stand [i][m]mer auf festen Füßen, und war immer klar und entschieden was zu thun sey. Er war immer in seinem Element und jedem Augenblick und jedem Zustande gewachsen, so wie es Hummeln gleich¬ viel ist, ob er ein Adagio oder ein Allegro, ob er im Baß oder im Discant spielt. Das ist die Facilität, die sich überall findet, wo ein wirkliches Talent vorhanden ist, in Künsten des Friedens wie des Krieges, am Cla¬ vier wie hinter den Kanonen."
II. 8
franzoͤſiſchen Haͤfen an der Kuͤſte des atlantiſchen Meeres hinunter, um den Zuſtand der Schiffe zu ſehen und ſich zu uͤberzeugen, ob eine Expedition nach England moͤglich oder nicht. Er fand aber, daß es nicht gera¬ then ſey, und entſchloß ſich daher zu dem Zuge nach Egypten.“
Ich muß bewundern, ſagte ich, wie Napoleon, bey ſolcher Jugend, mit den großen Angelegenheiten der Welt ſo leicht und ſicher zu ſpielen wußte, als waͤre eine vieljaͤhrige Praxis und Erfahrung vorangegangen.
„Liebes Kind, ſagte Goethe, das iſt das Angeborene des großen Talents. Napoleon behandelte die Welt wie Hummel ſeinen Fluͤgel; Beydes erſcheint uns wunderbar, wir begreifen das Eine ſo wenig wie das Andere, und doch iſt es ſo und geſchieht vor unſern Augen. Napoleon war darin beſonders groß, daß er zu jeder Stunde derſelbige war. Vor einer Schlacht, waͤhrend einer Schlacht, nach einem Siege, nach einer Niederlage, er ſtand [i][m]mer auf feſten Fuͤßen, und war immer klar und entſchieden was zu thun ſey. Er war immer in ſeinem Element und jedem Augenblick und jedem Zuſtande gewachſen, ſo wie es Hummeln gleich¬ viel iſt, ob er ein Adagio oder ein Allegro, ob er im Baß oder im Discant ſpielt. Das iſt die Facilitaͤt, die ſich uͤberall findet, wo ein wirkliches Talent vorhanden iſt, in Kuͤnſten des Friedens wie des Krieges, am Cla¬ vier wie hinter den Kanonen.“
II. 8
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franzoͤſiſchen Haͤfen an der Kuͤſte des atlantiſchen Meeres
hinunter, um den Zuſtand der Schiffe zu ſehen und
ſich zu uͤberzeugen, ob eine Expedition nach England
moͤglich oder nicht. Er fand aber, daß es nicht gera¬
then ſey, und entſchloß ſich daher zu dem Zuge nach
Egypten.“
Ich muß bewundern, ſagte ich, wie Napoleon, bey
ſolcher Jugend, mit den großen Angelegenheiten der
Welt ſo leicht und ſicher zu ſpielen wußte, als waͤre
eine vieljaͤhrige Praxis und Erfahrung vorangegangen.
„Liebes Kind, ſagte Goethe, das iſt das Angeborene
des großen Talents. Napoleon behandelte die Welt
wie Hummel ſeinen Fluͤgel; Beydes erſcheint uns
wunderbar, wir begreifen das Eine ſo wenig wie das
Andere, und doch iſt es ſo und geſchieht vor unſern
Augen. Napoleon war darin beſonders groß, daß er
zu jeder Stunde derſelbige war. Vor einer Schlacht,
waͤhrend einer Schlacht, nach einem Siege, nach einer
Niederlage, er ſtand immer auf feſten Fuͤßen, und war
immer klar und entſchieden was zu thun ſey. Er war
immer in ſeinem Element und jedem Augenblick und
jedem Zuſtande gewachſen, ſo wie es Hummeln gleich¬
viel iſt, ob er ein Adagio oder ein Allegro, ob er im
Baß oder im Discant ſpielt. Das iſt die Facilitaͤt, die
ſich uͤberall findet, wo ein wirkliches Talent vorhanden
iſt, in Kuͤnſten des Friedens wie des Krieges, am Cla¬
vier wie hinter den Kanonen.“
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/123>, abgerufen am 24.11.2024.
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